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Heribert Kohl - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG<br />

gungen gewerkschaftlichen Handelns politisch<br />

Verantwortlichen wenden. Für eine uneingeschränkte<br />

und effizientere Wahrnehmung des<br />

Rechts <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit bedürfen dabei folgende<br />

Aspekte beson<strong>der</strong>s dringlich einer Verän<strong>der</strong>ung:<br />

(1) Verbesserte Zugangschancen zu den Gewerkschaften<br />

schaffen!<br />

Von den Gewerkschaften verlangt dies zunächst<br />

eine Än<strong>der</strong>ung all <strong>der</strong>jenigen Satzungsbestimmungen,<br />

die einen Beitritt nur über<br />

eine bestehende betriebliche Grundorganisation<br />

ermöglichen. Dies insbeson<strong>der</strong>e dann,<br />

wenn <strong>der</strong> Gesetzgeber o<strong>der</strong> auch die jeweilige<br />

Satzung eine hohe Mindestzahl für die Bildung<br />

einer solchen Grundorganisation festgelegt<br />

hat, die in <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> KMU unerreichbar<br />

ist.<br />

Der zweite wichtige Aspekt eines Beitrittshemmnisses<br />

ist <strong>der</strong> hier nach wie vor übliche<br />

Beitragsabzug vom Lohn unmittelbar durch<br />

den jeweiligen Arbeitgeber. Dies wirkt abschreckend<br />

in allen Fällen eines den Gewerkschaften<br />

nicht unbedingt gewogenen Betriebsklimas<br />

und -inhabers. Es schafft mehr Möglichkeiten<br />

einer Repression und unliebsamen<br />

Kontrolle, als es die Vorteile einer komfortablen<br />

und vormals einfachen Finanzierungsmethode<br />

ausmachen können. Notwendige Folge<br />

ist eine Umstellung auf mo<strong>der</strong>nere, elektronische<br />

Methoden des Beitragseinzugs (durch<br />

Abbuchungsermächtigung, o<strong>der</strong> ggf. klassisch<br />

durch betriebliche Kassierung), gekoppelt mit<br />

<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung bestehen<strong>der</strong> gesetzlicher Bestimmungen.<br />

Unabhängig davon steht es den<br />

Gewerkschaften frei, diese Praxis selbst an<strong>der</strong>s<br />

zu regeln (s. z.B. Hantke 2008).<br />

Für die Regierung und ihre zuständigen Ministerien<br />

ergibt sich daraus die Notwendigkeit<br />

einer Novellierung des einschlägigen Arbeitsrechts:<br />

Die Schwellen <strong>der</strong> Mindestmitglie<strong>der</strong><br />

einer gewerkschaftlichen Basisorganisation im<br />

Betrieb sind so abzusenken, dass eine Interessenvertretung<br />

auch in Kleinbetrieben möglich<br />

wird. Auch ist <strong>der</strong> rechtliche Ausschluss bestimmter<br />

größerer Personengruppen von einer<br />

Gewerkschaftsmitgliedschaft, wie in dieser<br />

Stu die in ihrer z.T. erheblichen Dimension<br />

herausgestellt, nicht länger mit den Prinzipien<br />

<strong>der</strong> Koalitionsfreiheit vereinbar.<br />

Desgleichen sind die vorhandenen rechtlichen<br />

Restriktionen <strong>der</strong> Durchführung von Tarifverhandlungen<br />

für alle Arbeitnehmer ebenso wie<br />

auch <strong>der</strong> Inanspruchnahme von Mitteln des<br />

Arbeitskampfes gemäß internationalen Standards<br />

dringend zu revidieren.<br />

(2) Neue Methoden <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>werbung wagen<br />

und erproben!<br />

Hinzukommen müssen zu einer effektiveren Mitglie<strong>der</strong>rekrutierung<br />

neue Wege <strong>der</strong> Ansprache<br />

bestimmter Zielgruppen jenseits traditioneller<br />

Milieus, wie vor allem <strong>der</strong> Menschen in Kleinbetrieben,<br />

<strong>der</strong> Angestellten, Jugendlichen und<br />

Frau en (zu neuen Methoden von Kampagnen s.<br />

Mernyi 2005). Zur Demonstration, wie das aktuelle<br />

Tief <strong>der</strong> Mitgliedsverluste überwunden und<br />

die Motivation zum Gewerkschaftsbeitritt gesteigert<br />

werden kann, hier zwei praktische Beispiele<br />

neuer Formen gewerkschaftlicher Werbung:<br />

• Das erste Beispiel betrifft eine Erfahrung des<br />

litauischen Gewerkschaftsbundes LPSK, <strong>der</strong><br />

vor einigen Jahren eine Image-Kampagne flächendeckend<br />

im ganzen Land durch öffentliche<br />

Auftritte in größeren Städten gemeinsam mit<br />

Bürgermeistern und Unternehmensvertretern<br />

startete. Durch Vermittlung <strong>der</strong> eigenen Zielsetzungen<br />

und gewerkschaftlichen Erfolge konnte<br />

damit erfolgreich das bisher vorwiegende Negativ-Image<br />

<strong>der</strong> Organisation überwunden werden,<br />

das den Gewerkschaf ten aus <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Ära anhaftete, und zum aktiven Mitmachen motiviert<br />

werden. Der Mitglie<strong>der</strong>stand hat sich<br />

seither deutlich gebessert.<br />

• Das zweite Beispiel ist ein innovativer Versuch<br />

des Irischen Gewerkschaftsdachverbands ICTU<br />

(Irish Congress of Trade Unions) gemeinsam<br />

mit fünf seiner Branchenverbände über ein<br />

„union outreach service“, eine Außenservice-<br />

Agentur, die traditionelle Gewerkschaftswerbung<br />

durch beson<strong>der</strong>e Aktionen in gewerkschaftsfreien<br />

Unternehmen zu ergänzen und<br />

diejenigen Arbeitnehmer zu betreuen, in <strong>der</strong>en<br />

Betrieben keine gewerkschaftliche Präsenz besteht.<br />

Adressaten sind hier ausgewählte Zielgruppen,<br />

darunter auch Migranten, unter Nut-<br />

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