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Bergsteiger Lichtblicke (Vorschau)

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[ Nr. 2 Piaztechnik ] [ Nr. 3 Prusikknoten ]<br />

Er war das, was man landläufig als<br />

»wilden Hund« bezeichnet, und<br />

nicht umsonst nannten ihn seine<br />

Landsleute bereits zu Lebzeiten »Il diavolo<br />

delle Dolomiti« (Teufel der Dolomiten).<br />

Viele Anekdoten ranken sich um Tita Piaz,<br />

die allesamt eine impulsive, manchmal<br />

jähzornige und emotionale, aber stets<br />

menschenfreundliche Persönlichkeit charakterisieren.<br />

Piaz zählte zu den besten<br />

Kletterern seiner Zeit: Zwischen Dolomiten<br />

und Kaisergebirge gelangen ihm mehr als<br />

50 Neutouren, die damals zu den ganz großen<br />

Felsfahrten zählten. Großes Aufsehen<br />

erregte seine Erstbegehung des Nordostrisses<br />

an der Punta Emma (Rosengarten), bei<br />

der er bereits im Jahr 1900 den V. Schwierigkeitsgrad<br />

im Alleingang bewältigte! Sein<br />

»glorreichster Aufstieg« – so schrieb er in<br />

seinem Buch »Dolomiten meine Freiheit«<br />

– war die Westwand am Totenkirchl im<br />

Kaisergebirge im Jahr 1908. Die gewaltige<br />

Wand galt damals als das größte Problem<br />

in den Ostalpen – Piaz kam, sah und siegte:<br />

Die Schlüsselstelle, die »Piaz-Wand« (V),<br />

bewältigte er in jener Gegendrucktechnik,<br />

die später seinen Namen erhielt. Piaz war<br />

Die Piaztechnik, wie sie in der<br />

»Lutzverschneidung« (VI+,<br />

Südpfalz) zum Einsatz kommt<br />

Giovanni Battista »Tita« Piaz,<br />

geb. 13. Oktober 1879 in Pera/Fassatal,<br />

gest. 5. August 1948 ebendort<br />

aber auch ein politischer Mensch: Nach<br />

der Machtergreifung durch die Faschisten<br />

schloss er sich der Opposition an, wurde<br />

mehrmals verhaftet und schließlich zum<br />

Tod verurteilt. Nach dem Zusammenbruch<br />

des Regimes kämpfte er als Bürgermeister<br />

seines Heimatortes Pera gegen die Armut<br />

im Fassatal. Ironie des Schicksals: Als einer<br />

der besten Kletterer seiner Zeit starb<br />

er schließlich an den Folgen eines banalen<br />

Fahrradsturzes.<br />

–ak–<br />

Totenkirchl-Westwand<br />

(Kaisergebirge)<br />

»Piazführe«<br />

Erste Begehung: T. Piaz, J. Klammer,<br />

R. Schietzold, F. Schroffenegger, 1908<br />

Schwierigkeit: V (einige Stellen),<br />

meist IV und III<br />

Wandhöhe: 450 m<br />

Charakter: Die erste Route durch<br />

die gewaltige Westwand, die den Weg<br />

des geringsten Widerstandes sucht;<br />

einige originelle Passagen, vor allem<br />

die legendäre »Piaz-Wand«, die in<br />

Gegendruck-(Piaz-)Technik überwunden<br />

wird.<br />

Führer: Markus Stadler »Kletterführer<br />

Wilder Kaiser«, Panico Alpinverlag,<br />

Köngen 2012<br />

Dr. Karl Prusik war das, was man<br />

sich vor gut 80 Jahren unter einem<br />

Helden vorstellte. Er kämpfte im I.<br />

Weltkrieg drei Jahre lang als Offizier an<br />

der Gebirgsfront. Als der Krieg aus war, eroberte<br />

er die Gipfel über Routen, die vor<br />

ihm noch keiner gewählt hatte: die Planspitze<br />

im Gesäuse über die Nordwestwand,<br />

die Kleine Bischofsmütze im Gosaukamm<br />

über die Südwestkante und die Kleine Zinne<br />

über den Spiralweg. Sogar durch die<br />

Taschach-Eiswand fand er mit den damaligen<br />

Mitteln einen Weg. Seine Erfahrungen<br />

und auch seinen Kampfgeist gab Prusik als<br />

Kletterausbilder beim Alpenverein an die<br />

Jugend weiter – manche unterstellten<br />

ihm deshalb eine Nähe zur nationalsozialistisch<br />

gefärbten Ideologie des »Kampfalpinismus«.<br />

Vielleicht ging es ihm – dem<br />

späteren Präsidenten des Österreichischen<br />

Alpenklubs – auch einfach nur um die<br />

bergsteigerische Elite.<br />

Zu weltweiter Berühmtheit hat es Prusik<br />

dank eines Knotens gebracht, den der <strong>Bergsteiger</strong><br />

und Musiklehrer 1931 erfand. Der<br />

Prusikknoten fixiert sich bei Belastung; bei<br />

Entlastung lässt er sich verschieben. Die<br />

meisten <strong>Bergsteiger</strong> bringen den Prusik-<br />

Knoten mit Rettungssituationen wie der<br />

Spaltenbergung in Verbindung. Dass man<br />

damit aber auch – ganz im Sinne Prusiks<br />

– neue Wege gehen kann, bewiesen zwei<br />

Kletterer 1948 im Bundesstaat Washington.<br />

Sie benannten den Berg nach der Technik,<br />

die ihnen den letzten Gipfelaufschwung<br />

ermöglicht hatte: Prusik Peak. –dst–<br />

Karl Prusik, geb. 19. Mai 1896 in Wien,<br />

gest. 8. Mai 1961 in Perchtoldsdorf bei Wien<br />

76 <strong>Bergsteiger</strong> 12 ⁄13

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