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Progressive Rock auf dem Höhepunkt<br />
Ihr Debüt IN THE COURT OF THE CRIMSON<br />
KING war ein Meisterwerk – und damit auch ein<br />
Mühlstein am eigenen Hals. Die Frage war: Wie sollte<br />
es weitergehen? Die folgenden Produktionen bewiesen,<br />
dass Robert Fripp und seine Mitstreiter sich bemühten,<br />
die Erwartungen nicht zu groß werden zu<br />
lassen. Und Atlantic Records (der Island-Vertrieb in<br />
den USA) hatte sich sogar geweigert, die Liveplatte<br />
EARTHBOUND zu veröffentlichen – angeblich reichte<br />
die Tonqualität nicht aus. Also wechselte Fripp das<br />
Personal: Für Schlagzeuger Ian Wallace kam Bill Bruford, Bassist Boz Burrell<br />
wurde durch den (auch singenden) John Wet<strong>to</strong>n ersetzt, Saxofonist<br />
Mel Collins durch den Geiger David Cross. Der Perkussionist Jamie Muir<br />
ergänzte die veränderte Besetzung, die im Winter 1972 die Arbeit am<br />
neuen Album begann – mit deutlich bodenständigeren Texten, die statt<br />
Pete Sinfield jetzt Richard Palmer-James lieferte.<br />
Was dann im April 1973 in die Läden kam, war erneut ein Triumph: musikalisch<br />
und textlich überragend, dazu extrem in sich geschlossen. Da überraschte ein<br />
Bruford-Statement, dass die Band anfangs gar nicht gewusst habe, welche Musik<br />
sie eigentlich spielen sollte. Bereits der Auftakt, das über 13 Minuten lange<br />
Titelstück, demonstriert die Vielfalt des umgebauten Teams: Die individuellen<br />
1973: Rotes Album/Blaues Album<br />
Nach bis dahin wenig repräsentativen 1-LP-Compilations wie A COLLECTION<br />
OF BEATLES OLDIES und THE BEATLES' GREATEST schlug im Frühjahr 1973<br />
mit 1962–1966 und 1967–1970 die Stunde für<br />
zwei Mega-Kopplungen, die das imposante<br />
Werk der Beatles endlich angemessen bündelten.<br />
Manager Allen Klein hatte dabei – wen<br />
wundert's? – vorsätzlich alle frühen, populären<br />
Cover-Versionen (z.B. "Roll Over Beethoven",<br />
"Twist And Shout", "Slow Down") ignoriert, um<br />
die größtmögliche Kohlemenge mittels verwendeter<br />
Eigenkompositionen zu fördern. Zwei<br />
Schwarzweiß-Fo<strong>to</strong>s (Angus McBean) der Band<br />
von 1963 bzw. 1969 im Londoner EMI-Gebäude<br />
zierten die Cover, die roten und blauen Umrandungen gaben den beiden Doppel-<br />
LPs ihre bis heute gängigen Namen; gut möglich, dass damit die Trikotfarben<br />
der beiden konkurrierenden Fußballclubs vom Mersey River – FC Liverpool und<br />
HISTORY<br />
KING CRIMSON • LARK'S TONGUES IN ASPIC • (6/46:41; 1973)<br />
Gesuchtes nach (Bank-)Noten<br />
Various Artists: British Blue-Eyed Soul (Fontana 885 440 TY); 1968<br />
<strong>GoodTimes</strong> 2/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong> ■ Seite 111<br />
ROCK-CLASSICS<br />
Fähigkeiten der Musiker, ihr exquisites Zusammenspiel und die rhythmischen<br />
Variationen unterstreichen die Klasse – und dabei erinnert nur noch wenig an<br />
das grandiose Debüt. "Book Of Saturday", "Exiles" und "Easy Money" (einer der<br />
Höhepunkte) belegen, welch gute Wahl Fripp mit John Wet<strong>to</strong>n gemacht hatte,<br />
er ließ Greg Lake und seine kurzfristigen Nachfolger vergessen. Vor allem aber<br />
zeichnet die ungeheure Dynamik dieser Songs das Album aus.<br />
"Easy Money" eröffnet Seite 2, anschließend demonstriert<br />
"The Talking Drum" die besonderen Fähigkeiten der Rhythmussektion.<br />
Dann macht sich Robert Fripp an die Reprise des<br />
Titelstücks und lässt erkennen, welch überragender Gitarrist er<br />
sein konnte. Trotz des nicht gerade umwerfenden kommerziellen<br />
Erfolgs (Chartplatz 20 in England, Rang 61 in den USA)<br />
präsentierte diese LP den Sound und Stil, der bis zu RED (1974)<br />
stilbildend für die Prog-Rocklegende wurde.<br />
LARK'S TONGUES IN ASPIC war eine Wiedergeburt für Robert Fripp & Co. – und<br />
die Schablone für kommende Arbeiten, ehe sich Robert Fripp auf seine Solo-<br />
Unternehmungen konzentrierte. Auch die spätere Reunion bezog sich auf diese<br />
Vorlage, ein weiterer Beleg für die LARK'S-Qualität: ein Album, das bis heute zu<br />
Recht als eines der wesentlichen Werke der progressiven Rockmusik der 70er Jahre<br />
angesehen wird.<br />
mr<br />
DATENBANK<br />
Lokalrivale FC Ever<strong>to</strong>n – verewigt werden sollten. Am 2. (USA) bzw. 19. April 1973<br />
(UK) kamen die Alben mit insgesamt 54 Tracks in den Handel, die amerikanische<br />
Vinylausgabe enthielt einige veränderte Versionen. Erst rund zehn Jahre nach<br />
Einführung der CD erschienen die Alben auch in diesem Format – verglichen mit<br />
„Best Of"-Ausgaben anderer Bands zu unappetitlichen Mondpreisen, noch heute<br />
sind die Doppeldecker im Verhältnis überteuert.<br />
Das „Rote Album" (63 Min.) hätte bequem<br />
auf eine preiswerte Einzel-CD gepasst, dies sei<br />
jedoch aus Gründen der Einheitlichkeit (lach!)<br />
unterblieben. Von den Originalausgaben kam<br />
lediglich das „Blaue Album" auf Chart-Platz 1 in<br />
den USA (Rot: #4). UK: #2 und #3; D: #2 und<br />
#2. Da definitiv keine realistisch-verbindlichen<br />
Zahlen vorliegen, gehen Schätzungen von weltweiten<br />
Verkäufen zwischen 15 und 20 Millionen<br />
Einheiten aus.<br />
bm<br />
RAR & TEUER<br />
Ehemalige Compilations nach über 45 Jahren auf CD? Nahezu aussichtslos,<br />
auch im Fall dieser exzellent gelungenen Vinylkopplung, die bereits<br />
1967 auf Island (ILP 944) in England erschienen war. UK-<br />
Bleichgesichter versuchen sich an Dunklerem – so in etwa<br />
der LP-Titel –, und das mit einem wahrhaften Staraufgebot.<br />
Doch nicht nur das lohnt die Ausschau nach dem raren<br />
Teil: "Sittin' And Thinkin'" (Spencer Davis Group) und "Let<br />
Me Down Easy" (kurios: Steve Winwood zugeordnet) zum<br />
Beispiel sind hier in „true stereo"-Versionen untergebracht;<br />
auch Alex Harveys seltene Single-B-Seite "Go Away Baby"<br />
(1965) kommt im Zweikanalsound, ebenso wie die Elkie-<br />
Brooks-Rarität "God Bless The Child" und Hammond-Profi<br />
Wynder K. Frogs schmissiges Instrumental "Green Door".<br />
Dazu wuchten die V.I.P.'s ihre Brecher "I Wanna Be Free"<br />
und "Smokestack Lightning" (stereo, 6:40) raus; für die<br />
ohne Pause einteilig überspielt, 6:20) und "Stevie's Blues" (erneut ihm und<br />
nicht der Spencer Davis Group gutgeschrieben). Hier gibt es nur schlappe<br />
zehn Titel als Beleg dafür, dass weniger tatsächlich auch mal<br />
mehr sein kann – dermaßen geballt und ohne Füllspachtel<br />
kommt Qualität rüber, vor allem gesanglich. Die deutsche<br />
Fontana-Ausgabe von BRITISH BLUE-EYED SOUL stand<br />
im Erscheinungsjahr als Billig-LP in den Läden und wurde<br />
dennoch kaum verkauft. Gut erhaltene Exemplare mit dem<br />
Doppeldeckerbus-Cover sind längst selten geworden, für<br />
eines im geleckten Bestzustand kann darum auch mal ein<br />
Hunderter fällig werden (Regel: 50–80 Euro). Kleiner Hinweis:<br />
Falls Universal Records in diesem Leben doch noch eine<br />
SDG-Gesamtausgabe der Winwood-Jahre zustande bringen<br />
sollte – hier gäbe es im eigenen Haus mit den echten<br />
Stereo tracks billig Bonus-Titel abzugreifen, die bislang stets<br />
gelungene Bremspedal-Eröffnung sorgen Chris Farlowe ("S<strong>to</strong>rmy Monday"; übersehen worden sind ...<br />
bm