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GoodTimes - Music from the 60s to the 80s Queen (Vorschau)

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JUSTIN HAYWARD<br />

Von Michael Fuchs-Gamböck<br />

Auch Kitsch ist Kunst<br />

Wie auch immer man zu Justin Haywards Stimme stehen mag, kalt lässt<br />

sie niemanden, unvergleichlich ist sie in jedem Fall. Jetzt veröffentlicht<br />

der Multi-Instrumentalist und Moody-Blues-Star sein erstes Solo-<br />

Album seit 17 Jahren, SPIRITS OF THE WESTERN SKY. Der 66-jährige Engländer<br />

präsentiert eine gefühlige CD, textlich introspektiv, die durchaus auch als Bandprojekt<br />

durchgehen könnte. Und wieder wird es bei dieser Scheibe nur ja" oder "<br />

nein" geben. Wem eine Portion herrlichen Kitsches das Herz öffnen soll, der ist<br />

"<br />

mit SPIRITS OF THE WESTERN SKY prächtig bedient. Ich bin in perfektem Einklang<br />

"<br />

mit der Harmonie der Welt", beteuert Hayward gleich zu Beginn des exklusiv mit<br />

<strong>GoodTimes</strong> geführten Interviews, daher kann ich gar<br />

"<br />

nichts anderes, als harmonische Lieder komponieren."<br />

© Pressefo<strong>to</strong>s<br />

Sie haben uns 17 Jahre auf eine neue Soloplatte<br />

warten lassen.<br />

(Lacht) Ich war kein Faulpelz, auch wenn ich als<br />

Mittsechziger durchaus das Recht hätte, in Rente zu<br />

gehen. Doch ich sehe meinen Job als unglaubliches<br />

Privileg, deshalb werde ich ihn ausüben, so lange<br />

meine grauen Zellen mitmachen oder bis ich ins<br />

Grab falle. Ich hatte eine Menge<br />

zu tun mit ein paar Moody-<br />

Blues-Alben, außerdem habe<br />

ich diverse DVDs der Band<br />

kompiliert. Und Jahr für Jahr<br />

bin ich für ungefähr fünf oder<br />

sechs Monate auf Tournee. Die<br />

Lieder für die Soloscheibe kamen<br />

in den letzten Jahren eher<br />

gemächlich zusammen. Irgendwann<br />

hatte ich genügend<br />

Ideen gesammelt, die mich befriedigten,<br />

die habe ich weiter<br />

ausgearbeitet – und jetzt gibt<br />

es eben dieses Album. Ich bin<br />

äußerst zufrieden damit!<br />

Aufgenommen wurde in<br />

Italien und Nashville. Wie kam es dazu?<br />

Ich lebe mit meiner Familie einen Teil meiner Zeit<br />

in Italien, und das schon seit einigen Jahren. Mir<br />

behagt das Klima<br />

dort, der Umgang<br />

der Menschen untereinander,<br />

das<br />

Lebensgefühl ganz<br />

allgemein, auch<br />

die Kultur. Da war<br />

es naheliegend, in<br />

Genua wenigstens<br />

einige der neuen<br />

Songs zu produzieren.<br />

Außerdem gab<br />

es in dem Studio, wo<br />

ich aufnahm, diese<br />

herrlichen alten Mikrofone,<br />

mit denen<br />

ich schon während<br />

der Moody-Blues-<br />

Ära in den 1960ern<br />

und 1970ern zu tun<br />

hatte und die einen<br />

unglaublich warmen<br />

Klang besitzen. Die wollte ich unbedingt für<br />

SPIRITS OF THE WESTERN SKY haben! In Nashville<br />

arbeitete ich, weil ich seit einiger Zeit großer Bluegrass-Fan<br />

bin. Zumindest drei der aktuellen Stücke<br />

hört man diese Leidenschaft an.<br />

Was gefällt Ihnen so an Bluegrass?<br />

Es ist sehr ehrliche Musik. Und es ist Musik von Menschen,<br />

die extrem talentiert<br />

sind und in ihrem<br />

Kosmos aus Klängen<br />

aufgehen. Die Tatsache,<br />

dass es bei Bluegrass<br />

im Normalfall kein<br />

Schlagzeug gibt, keine<br />

elektrische Gitarre oder<br />

E-Bass, beweist: Man<br />

muss seine akustischen<br />

Instrumente perfekt beherrschen,<br />

wenn es in<br />

der Öffentlichkeit keine<br />

Blamage geben soll. Du<br />

hast keine Lautstärke,<br />

hinter der du dich verstecken<br />

kannst. So et-<br />

Moody Blues 1978 mit Justin Hayward (1.v.l.)<br />

was imponiert mir. Bluegrass erinnert mich an die<br />

wilden, leidenschaftlichen Anfangstage meiner eigenen<br />

Musikerkarriere.<br />

SPIRITS OF THE WES-<br />

TERN SKY enthält<br />

kritische Kommentare<br />

zum Geschehen<br />

in der Welt,<br />

doch mehrheitlich<br />

sind die Texte sehr persönlich ...<br />

Vermutlich eine Frage der Altersmilde – und eine<br />

Frage der Umstände, wie meine Texte entstehen: Ich<br />

sitze meist in einem kleinen Zimmer, grüble und meditiere<br />

vor mich hin, mache mir die eine oder andere<br />

Notiz. Und plötzlich ist da ein Elaborat, mit dem<br />

ich gut leben kann, das etwas mit meiner Sicht der<br />

Welt zu tun hat. Wobei ich immer weniger Interesse<br />

habe, mich um politische Fragen zu kümmern, wie<br />

ich das früher tat. Ich fürchte, Politik ist schlecht<br />

fürs Karma.<br />

Gehen Sie an ein Moody-Blues-Album anders<br />

heran?<br />

Das ist einfach zu beantworten: Wenn du mit einer<br />

Band arbeitest, hat jeder Mitwirkende das gleiche<br />

Recht, sich einzubringen. Das nennt man Demokratie.<br />

Wenn ich als Solist unterwegs bin, liegt die gesamte<br />

Verantwortung für den Inhalt bei mir. Wobei<br />

ich nicht weiß, ob sich eine Justin-Hayward-Platte<br />

stark von einer<br />

der Moody Blues<br />

unterscheidet ...<br />

Sie fühlen sich<br />

der Band also<br />

weiter stark<br />

verbunden?<br />

Unbedingt! Die<br />

Moody Blues<br />

sind neben meiner<br />

Familie der<br />

Dreh- und Angelpunkt<br />

meines<br />

Lebens. Es lief<br />

Justin<br />

Hayward<br />

1974<br />

nicht immer<br />

rund zwischen<br />

uns, gelegentlich war es notwendig, dass man sich<br />

aus den Augen verliert. Aber wir haben mit dieser<br />

Band stets die Musik gemacht, die uns emotional<br />

nahesteht. Wir haben uns nie verbogen beim Komponieren.<br />

Manch einer mag unseren Sound für<br />

Kitsch halten. Dem kann ich nur antworten: Vielleicht<br />

ist es Kitsch. Aber auch der kann extrem aufrichtige<br />

Kunst sein.<br />

© Fo<strong>to</strong>: Pressefo<strong>to</strong> © Jim Summaria<br />

Seite 96 ■ <strong>GoodTimes</strong> 2/2013 ■ <strong>Music</strong> <strong>from</strong> <strong>the</strong> <strong>60s</strong> <strong>to</strong> <strong>the</strong> <strong>80s</strong>

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