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Ausgabe 1011.pdf - Theater-Zytig

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Stückwahl ı Backstage<br />

<strong>Theater</strong>guppe Richterswil<br />

Ab auf die Insel<br />

bild:zvg<br />

Nun gut, diese Insel war dann ja schon<br />

die halbe Miete. Geschätzte 150 mal<br />

200 Meter, umgeben vom Wasser des<br />

Zürichsees. Das Publikum wurde mit<br />

zwölfplätzigen Motor-Gummiboten,<br />

gekleidet in modische, orange Schwimmwesten,<br />

übergesetzt. Auf der Insel eine<br />

kleine Tribüne, davor ein Platz, umgeben<br />

von altem Baumbestand, der bespielt<br />

wurde: eine traumhafte Naturkulisse.<br />

Aus Sagen, Geschichten und Gegenwart<br />

wurde eine Story entwickelt, die nicht<br />

weniger als vier Ebenen beinhaltete.<br />

Von der Gegenwart ging’s ins Elfenreich,<br />

weiter in tiefe Vergangenheit und dort<br />

gabs dann auch noch eine <strong>Theater</strong>-im-<br />

<strong>Theater</strong>-Szene unter schrägen Masken.<br />

Der Text war luftig, witzig und so gebaut,<br />

dass auch Sagenunkundige dem Geschehen<br />

mühelos folgen konnten. Ein lustvoll<br />

aufspielendes Ensemble half natürlich<br />

auch dabei. Da sah man dann einen<br />

überzeugenden Mönch aus Einsiedeln,<br />

der an seinem Glauben zweifelte und für<br />

allerlei Schabernack zu haben war, in den<br />

Gegenwartsszenen zu sehen als eher konfuser<br />

Wissenschaftler; gekonnt die grüne<br />

Politikerin, die dann lustvoll in die Rolle<br />

der Dirne schlüpfte; aus einem verliebten<br />

Elfen wurde in den Sagenpassagen ein<br />

schöner, rücksichtsloser «Gschäftlimacher»;<br />

die Elfenmutter verwandelte sich<br />

sauber in die noble Tante; der Gemeindepräsident<br />

aus der Gegenwart mutierte<br />

zu einem tollen, blasierten Neffen. Weiter<br />

sah man einen kräftigen, saftigen Wirt,<br />

sein keifendes Weib, einen Fischer, der<br />

beim Spiel bis auf die Unterhosen abgezockt<br />

wurde und und und… Alle Figuren<br />

aufzuzählen wäre schwierig, auch wenn<br />

man glaubte, die Übersicht zu haben.<br />

Insgesamt sah man ein recht kompaktes<br />

Ensemble. Unsicherheiten bei mindestens<br />

einem Neuling waren festzustellen,<br />

fielen aber kaum ins Gewicht. Die Techniker<br />

waren gefordert (kein Strom auf<br />

der Insel) und sie schafften es trotzdem,<br />

das Geschehen auszuleuchten (die acht<br />

kleinen Lampen erzeugten verblüffend<br />

viel Licht) ohne dass ein Benzingenerator<br />

die Ruhe auf dem See störte und wussten<br />

auch mit Feuereffekten zu überraschen.<br />

Die Regie verstand es, die Geschichte<br />

humorvoll und so zu inszenieren, dass<br />

es kurzweilig blieb und ein herrlicher<br />

Spass war; genau richtig für einen lauen<br />

Sommerabend. Und zum Schluss liessen<br />

die Richterswiler noch eine Hundertmeterfontäne<br />

aus dem See spritzen und<br />

pinselten an den Himmel über dem Stadtzürcher<br />

Seebecken ein berauschendes<br />

Abendrot. Gut, darauf hatten sie natürlich<br />

keinen Einfluss, aber es passte eben alles<br />

an diesem Abend. Das Insel-Wagnis hat<br />

sich mehr als gelohnt.<br />

Gerhard Lengen<br />

Die Infos zum Stück<br />

De Wirt vo Schönewirt<br />

Freilichtaufführung<br />

Ein Auftragswerk der <strong>Theater</strong>gruppe Richterswil<br />

Autor und Regie: Hannes Glarner<br />

Darsteller: 8 D / 8 H<br />

Spieldauer: 90 Min.<br />

Kontakt: www.tgr.ch<br />

Kurzbeschrieb: <strong>Theater</strong> im <strong>Theater</strong>. Lokalpolitiker<br />

streiten sich ebenso heftig um<br />

die Insel wie ihre eigentlichen Bewohner,<br />

die Elfen. Diese setzen machtvoll eine<br />

Wirtegeschichte aus der Landvogtzeit in<br />

Szene. Auf allen Ebenen geht es um die<br />

alte Verwechslung von Haben und Sein,<br />

von Habgier und Liebe.<br />

<strong>Theater</strong>-<strong>Zytig</strong> 1011 17

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