Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
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sehr sie aber auch die negativen Seiten der trägen Behördlichkeit eines Museums<br />
im Konkurrenzkampf abhängen und damit die gesamte kulturpolitische<br />
Atmosphäre empfindlich treffen kann. Das Miteinander von privatem (kaufmännischem)<br />
Leidenschaftsdenken und staatlicher Kontinuität in Sachen Kunstförderung<br />
ist dringend gefragt und notwendig. Ich will ein, zwei historische<br />
Beispiele nennen, wie ein solches gegenseitiges Sich-Unterstützen in der Vergangenheit<br />
ausgesehen hat – jetzt wieder rein auf den Sammler, die Sammlerin<br />
bezogen –, und auch heute sind Sammler und Museumsleute unbedingt<br />
und für die Museen existenziell aufeinander angewiesen. Meine Beispiele<br />
bringen uns aber eher zum Schmunzeln, weil sie etwas zeigen, was heute<br />
kaum mehr denkbar ist – denkbar ist natürlich noch die Verfügung, mit<br />
der Johann Heinrich Wilhelm Wagener in seinem Testament 1861 durch die<br />
Schenkung seiner Sammlung von 262 Gemälden die Gründung und auch den<br />
Namen der Nationalgalerie in Berlin verursachte.<br />
Aber ich will zwei Briefe an Wilhelm von Bode zitieren – an den Museumsmann,<br />
der es meisterhaft verstand, wohlhabende und wirtschaftlich erfolgreiche<br />
Bürger zu Sammlern zu machen –, die einen heute erschaudern<br />
lassen ob der Wertschätzung <strong>des</strong> Fachmannes, <strong>des</strong> Museumsdirektors. Ich<br />
zitiere nach Thomas W. Gaethgens zwei Briefe <strong>des</strong> grossen Sammlers James<br />
Simon; mögen Sie sich durchaus darüber amüsieren, es ist beeindruckend<br />
als Appell für ein gutes Miteinander. Ich zitiere: «Geehrter Herr Direktor! …<br />
Ihr freundliches letztes Schreiben kam mir gestern zu Hand, nun bin ich in<br />
Erwiderung … bereit, das von Ihnen (genannte) Bild von Vermeer zugunsten<br />
<strong>des</strong> Museums zu erwerben. Haben Sie gef. die Freundlichkeit, mir den genauen<br />
Betrag anzugeben … Ich möchte nur daran die Bitte knüpfen, dass mein<br />
Name bei dieser Angelegenheit nicht figuriert, sondern dafür NN gesagt wird<br />
… Mit bestem Gruß, Ihr ergebenster James Simon.» Und der nächste Brief:<br />
«Sehr geehrter Herr Direktor! Herr W. offeriert mir ein männliches Portrait<br />
von A. v. [Anthonis van] Dyck. Ich erlaube mit Ihrer gütigen Zusage … Ihren<br />
Rath einzuholen u. um Ihren Ruf zu bitten betreffs der folgenden Punkte:<br />
1. ob das Bild unzweifelhaft ein Dyck ist; 2. ob es gut erhalten, überhaupt<br />
guter Qualität ist; 3. ob der Preis von 12 000 M. angemessen, gfs. ob Wahr-<br />
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