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Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg

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um die Wahrnehmung jeder künstlerischen Äusserung kämpfte. Auch Rémy<br />

war ein grosser Theoretiker, ich vergesse nicht den Besuch mit ihm am Isenheimer<br />

Altar, ich vergesse nicht die vielen Gespräche über Architektur (Rémy<br />

Zaugg hatte sich früh schon ein Atelier von Herzog & de Meuron bauen lassen),<br />

ich vergesse nicht seine seltsame Liebe zu Eiben, die er zu Hunderten<br />

auf seinem Grundstück im Elsass pflanzte und pflegte. Ich vergesse nicht die<br />

Tausenden kleinen Farbmuster, die möglichen Farbkombinationen auf Papier,<br />

die in seinem Atelier zu sehen waren, und nichts anderes als die, denn seine<br />

Arbeiten wurden in einer Autolackieranstalt ausgeführt, gefertigt, beinahe<br />

eben seriell gefertigt, ohne die Hand <strong>des</strong> Künstlers, aufgeladen aber durch<br />

den Geist, und zu Ende formuliert im Denken von Rémy Zaugg – den ich<br />

vermisse.<br />

Stephan Baumkötter arbeitet ganz anders, und muss doch froh gewesen<br />

sein, dass seine Untersuchungen in einem Raum mit Rémy Zaugg zusammen<br />

hingen, denn Rémy forderte ultimativ genaues Sehen, genaues Hinsehen,<br />

und nach eben dem verlangen die meist kleineren Formate von<br />

Stephan Baumkötter. Baumkötter erarbeitet auf den ersten Blick monochrome<br />

Bilder. Schaut man aber genauer hin, geht es auch ihm um eine subtile<br />

Differenzierung. Was zunächst wie eine blank polierte, eindimensionale<br />

Fläche aussieht, entpuppt sich später als das Bild einer Handschrift, als die<br />

sehr persönliche Darstellung vieler, sehr vieler sich gegenseitig verdichtender<br />

Bewegungen. Baumkötters Bilder entwickeln mir gegenüber eine grosse,<br />

zaghafte Poesie, wie man sie jetzt – noch deutlicher – in seinen neueren<br />

Arbeiten wiederfindet. Inzwischen hat Stephan sein Visier – sozusagen – noch<br />

weiter geöffnet.<br />

In einem kleineren, dreieckigen Raum <strong>des</strong> Museums baten wir Gerhard<br />

Richter und Robert Ryman zum Dialog. Ein alter Traum von mir, und wie es<br />

mit Träumen oft so ist, weiss ich gar nicht, weshalb ich darauf gekommen bin.<br />

Aber es hat funktioniert zwischen den beiden.<br />

Ryman formuliert ebenso präzise Gedanken und Bilder wie Gerhard Richter.<br />

Von Ryman stammen die folgenden Sätze: «Darstellung ist Illusion, und<br />

sie ist ein Abbild von Dingen, die wir kennen. Und weil wir das Bild kennen,<br />

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