Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
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lichen Sammler in einer provinziellen Umgebung nutzen immer wieder leer<br />
stehende Ladenräume, um Passanten plötzlich und ohne Erklärung Begegnungen<br />
mit Kunstwerken zu verschaffen.<br />
Ich bin also wieder bei den Leidenschaftssammlern angekommen, die<br />
uns alle so viel Anregung und fruchtbare Konfrontation geben, die Verantwortung<br />
spüren für die kulturelle Bereicherung der Gesellschaft, in der sie<br />
leben, die sie möglicherweise auch zu einem gewissen Reichtum kommen<br />
liess. Dennoch möchte ich meinen Vortrag nicht beenden, ohne darauf hinzuweisen,<br />
dass es natürlich auch eine reine Marktorientierung beim Sammeln<br />
von Kunst gibt, an die ich wegen der langwierigen internationalen und fachkundigen<br />
Beurteilungsprozesse beim Festlegen <strong>des</strong> Wertes von Kunst schlicht<br />
nicht zu glauben vermag. Die Angelegenheit ist kompliziert. Man kann gewinnen<br />
und verlieren. Auch wenn es inzwischen schon regelrechte Kunstfonds<br />
gibt, in die man investieren kann, ohne die Kunstwerke überhaupt wahrnehmen<br />
zu müssen, auch wenn es inzwischen Beratungen und die Erziehung<br />
zum Kunstkenner im «Xalt TV» zum Beispiel gibt. Ratschläge und eindeutige<br />
Empfehlungen an die Kunden, Kunst zu kaufen und rasch wieder zu veräussern<br />
im Streben nach Gewinn. Aus meiner Erfahrung ist der Kunstmarkt, nur<br />
als Markt genommen, dauerhaft viel zu riskant, weil er unberechenbar und<br />
sperrig ist gegen den Warencharakter von Kunst. Und in jedem Fall gilt: Wie<br />
viel leichter wiegt es, zu verlieren, wenn man in die eigene Leidenschaft investiert<br />
hat, als der Verlust, den ein Anlageberater, <strong>des</strong>sen Fachkenntnis man<br />
nicht einmal zu beurteilen versucht hat, einem zufügte. Es entspricht der allgemeinen<br />
Erfahrung: Niederlagen sind erträglich, wenn man selbst voll und<br />
ganz für die Entscheidung einstehen kann, weil sie das Ergebnis eines intensiven<br />
Auseinandersetzungsprozesses ist. Niederlagen sind hingegen äusserst<br />
schmerzlich, wenn man sie erleidet aufgrund unkundiger oder illoyaler Berater,<br />
die nur eigenen Interessen gefolgt sind.<br />
In diesem Sinn beende ich mein Plädoyer für den Sammler aus Leidenschaft,<br />
der in der Gesellschaft eine grosse Verantwortung trägt und zu tragen<br />
bereit ist für die Vermittlung der Wirkung von Kunst.<br />
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