Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
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kaum noch als Ausdruck staatsbürgerlicher Freiheit in Anspruch genommen<br />
werden … Die internationale Sprache der Kunst ist heutzutage nun mal nicht<br />
abstrakt, sondern basiert auf den Bildmedien Fotografie und Video. Diese<br />
werden weltweit akzeptiert, nicht das westliche Kulturexportgut Tafelbild.<br />
Die Videokunst ist internationaler als es die CIA-gestützte abstrakte Kunst je<br />
war.» Es hat mir die Sprache fast verschlagen. Was verkaufen die chinesischen<br />
Künstler heute mehrheitlich? Ich kann nur noch zusammenfaseln: Alles von<br />
den blöden Amis, guck doch lieber Video!<br />
Folgt man Frau Di Blasi, haben Sie jetzt gute fünfzig Minuten ihres<br />
Lebens vollkommen vertan. Sie haben vielleicht ein wenig mehr gesehen als<br />
lediglich «CIA-gestützte abstrakte Kunst», aber Sie haben doch auch nur<br />
einen Vortrag über zeitgenössische Tafelbildmalerei gehört – und derweil<br />
kein einziges internationales Video gesehen. Dafür muss ich mich entschuldigen,<br />
gerne mit dem Wort Frieder Burdas: «Kunst, die eine Steckdose braucht,<br />
interessiert mich nicht.» Nun, ganz so radikal bin ich nicht, denke an Klaus<br />
vom Bruch oder Bruce Nauman oder auch an Fischli und Weiss, an Douglas<br />
Gordon und viele andere mehr. Nur, im Wesentlichen besteht meine Sammlung<br />
eben aus Bildern, die nicht laufen können, aus Bildern, vor denen man<br />
auch still sein kann.<br />
Zu Frau Di Blasi nur noch so viel: Tatsächlich gibt es zwei Bücher, die eine<br />
Idee der CIA beschreiben, besser: deren Versuch, Kunst zu funktionalisieren.<br />
Die beiden einschlägigen Publikationen aber zeigen auch, wie sich die mächtige<br />
CIA an diesem Paradoxon ihre Zähne ausbeisst. Die gemeinte Aktion,<br />
oder besser: diese CIA-Idee <strong>des</strong> Kulturimperialismus, stellt zweifellos das sympathischste<br />
unter ihren unzähligen mörderischen Eigentoren dar. Die «Durchsetzung»<br />
<strong>des</strong> Abstrakten Expressionismus, auf dem meine Sammlung historisch<br />
fusst, ist natürlich praktisch in keiner Weise der CIA zu verdanken,<br />
sondern u.a. der Tatsache, dass junge amerikanische Künstler, frech und clever<br />
wie junge Künstler überall und zu allen Zeiten, die Botschaften der aus<br />
Europa vertriebenen «Väter», Josef Albers, Hans Hofman u.a., aufgeschnappt<br />
und weiterentwickelt haben. Kann sich jemand vorstellen, wie ein dunkel<br />
gekleideter Herr mit Mantel und Hut zum Beispiel bei Ad Reinhardt ins<br />
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