Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
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ich kein Geld bekommen. Damals. Richter hatte Verständnis, selbst langjähriger<br />
Knecht, Büttel eines Architekten, schrieb er mir: «Bauen ist wie Krieg.»<br />
Wie wahr. Aber, und auch <strong>des</strong>halb ist mir Gerhard Richter so sehr wichtig, er<br />
schrieb ebenso das Folgende in seinem Text für den Katalog der documenta 7,<br />
1982: «Mit der abstrakten Malerei schufen wir uns eine bessere Möglichkeit,<br />
das Unanschauliche, Unverständliche anzugehen, weil sie in direktester<br />
Anschaulichkeit, also mit allen Mitteln der Kunst, ‹nichts› schildert. Gewohnt,<br />
etwas Reales auf Bildern zu erkennen, weigern wir uns mit Recht, nur Farbe<br />
(in aller Mannigfaltigkeit) als das Veranschaulichte anzusehen, und lassen uns<br />
statt <strong>des</strong>sen darauf ein, das Unanschauliche zu sehen, das, was vordem nie<br />
gesehen wurde und was nicht sichtbar ist. Das ist kein kunstvolles Spiel, sondern<br />
Notwendigkeit; weil alles Unbekannte uns ängstigt und gleichzeitig<br />
hoffnungsvoll stimmt, nehmen wir die Bilder als Möglichkeit, das Unerklärliche<br />
vielleicht etwas erklärlicher, auf jeden Fall aber umgänglicher zu machen<br />
‹… Die Kunst ist die höchste Form von Hoffnung›.» (Gerhard Richter: Text,<br />
Frankfurt am Main 1993)<br />
Damit, meine Damen und Herren, ist eigentlich alles gesagt. 1982 schon,<br />
von Gerhard Richter. Ich stimme dem vollumfänglich zu und könnte sie jetzt<br />
schnellstens an die Gläser entlassen. Oder? Wissen wir jetzt nicht alles, fast<br />
alles vielleicht? Mag sein, aber ich zumin<strong>des</strong>t, meinerseits, habe leider noch<br />
weiteres zu gestehen.<br />
Als ich, auch um 1982 herum, mit meinem Sammeln, das damals allerdings<br />
noch gar keines war, begann, da wurde die Malerei gerade von einigen,<br />
die selbst nicht malen konnten, aber reden und schreiben, von denen also<br />
wurde jegliche Malerei für tot erklärt. Welchen Tod sie gestorben war, wurde<br />
nie rechtmässig geklärt, aber es gehörte zum guten Ton damals, keine Malerei<br />
zu machen, keine Malerei auszustellen und schon gar keine Malerei zu<br />
kaufen. Kulturpolitisch korrekt wurden während den Leichenschmäusen am<br />
offenen Grab der Malerei Videos gezeigt, Fotografien gehängt und Installationen<br />
aufgebaut. Und, um das Bild vollständig zu machen, man sah in den<br />
grossen Möbel- und Sanitätsläden West-Berlins, in deren Schaufenstern am<br />
Kurfürstendamm, die Exponate der sogenannten Jungen Wilden. Zugege-<br />
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