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Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg

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Apropos Buch. Das ist eine hübsche Geschichte, die ich Ihnen nicht unterschlagen<br />

darf. Eine Geschichte, wie sie untypischer nicht sein könnte, und doch<br />

recht typisch für mein Gesammel ist. Im Rahmen meiner Tätigkeit für einen<br />

Frankfurter Verlag hatte ich auch das Vergnügen, Gerhard Richter kennenzulernen.<br />

Gemeinsam mit dem Geschäftsführer <strong>des</strong> Insel-Verlags fuhr ich eines<br />

Tages nach Köln und besuchte Richter in seinem sehr, sehr ordentlichen<br />

Atelier. Kein Bild war zu sehen. Wir besprachen ja auch die Veröffentlichung<br />

<strong>des</strong> wunderbaren Ban<strong>des</strong> Gerhard Richter: Text und bekamen nach kurzen,<br />

sehr zügig geführten Verhandlungen Frankfurter Würstchen zum Mittagessen<br />

vorgesetzt. Ich schätze seitdem diese professionelle, respektlose Ironie<br />

bei Richter, aber ich schätze natürlich noch mehr an ihm. Und <strong>des</strong>halb fragte<br />

ich ihn, ob ich eventuell nochmals wieder kommen dürfte, um mir ein paar<br />

seiner Arbeiten anzusehen.<br />

Ein paar Monate später war ich wieder in Köln, bei Richter, und fand eine<br />

völlig andere Situation vor. Richter hatte in seinem Studio sechs Bilder aufgehängt,<br />

keines mehr und keines weniger. Mir war völlig klar, dass die mir sonst<br />

so geläufige Frage, ob ich noch ein wenig im Studio herumstöbern dürfte,<br />

hier vollkommen unangebracht, ja geradezu obsolet war.<br />

Only what you see is what you can get. That’s it. Anders als viele meiner<br />

Künstlerfreunde, die immer noch irgendetwas mehr zeigen, erklären, illustrieren<br />

wollten, hatte Richter seine Auswahl für mich schon getroffen. Eine<br />

wunderbare, sehr Richter’sche Arbeit durfte ich aussuchen, und glücklich<br />

über die Wahl habe ich den Abend mit Freunden lange verfeiert.<br />

Irgendwann kam eine Rechnung – und ich hatte kein Geld. Hier ist der<br />

Hochstapler also wieder, hier stehe ich mit leeren Taschen und entsinne<br />

mich eines Satzes meines sehr geschätzten Kollegen Dr. Speck. Der sagte, ein<br />

Sammler müsse sich verschulden – für die Kunst –, sonst sei er kein Sammler.<br />

Also, nach einem Jahr <strong>des</strong> Nachdenkens, nach einer sehr dezenten Frage <strong>des</strong><br />

Künstlers – «Möchten Sie das Bild überhaupt noch haben?» –, entschloss ich<br />

mich, einen Kredit aufzunehmen, mein Hausbau hatte nämlich, wie üblich –<br />

manche von Ihnen werden auch das kennen –, alle meine Mittel aufgezehrt,<br />

aber es gab jetzt etwas zu beleihen. Für eine Arbeit Gerhard Richters hätte<br />

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