Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
lauf wiedergibt. Es ist faszinierend, dem natürlichen Lichtspiel im Spiegel der<br />
Arbeiten von Adrian Schiess zu folgen. Man schaut auf zweierlei, min<strong>des</strong>tens.<br />
Das kann sehr schön sein.<br />
Themawechsel. Here comes the big name: Andy Warhol. Meines Erachtens<br />
nach Picasso und Duchamp der bedeutendste bildende Künstler <strong>des</strong><br />
zwanzigsten Jahrhunderts. Ich konnte seine Blumensiebdrucke nicht mehr<br />
sehen, ich konnte seine Marilyns nicht mehr sehen, und auch die Dollarzeichen<br />
nicht. Die halbe Art Basel war zeitweise voll mit Dollarzeichen, Marilyns<br />
und Stiefmütterchen. Warhol all over. Plötzlich aber, wieder auf einer Art<br />
Basel, sah ich bei Rafael Jablonka dieses eine, relativ grosse Ding. Zwölf bunte<br />
eiförmige Farbflächen auf schwarzem Grund. So ganz anders als alles zuvor<br />
wahrgenommene, mir von Warhol bekannte. Rafael gab mir eine halbe<br />
Stunde Zeit, mich zu entscheiden.<br />
Da war sie wieder, die bekannte halbe Stunde. Und dazu noch war da<br />
etwas Neues. Der Preis nämlich. Nie zuvor hatte ich in solchen Höhen, in<br />
dieser dünnen Luft nachdenken müssen. Herzklopfen, Schweissausbrüche,<br />
Pulsrasen. Ich sah wieder Dollarzeichen, in allen Farben. Geld, ich gestehe es,<br />
oder besser: der Preis einer Arbeit, war mir bislang so egal gewesen wie beispielsweise<br />
einem Maulwurf das Wetter. Jetzt plötzlich kam der Wertgedanke<br />
ins Spiel und der Werterhaltungsgedanke und der Geldvernichtungsgedanke.<br />
Manche nennen einen solchen Gedankengang schon spekulativ. Aber wer<br />
sonst ausser Warhol sollte mir diese halbstündigen Kopfschmerzen bereiten?<br />
Das Magengrimmen, das Zittern der Knie? Wer, wenn nicht Warhol, der alles,<br />
aber auch wirklich alles mögliche für wichtig genug erachtete, um es zur<br />
Kunst zu erheben, und Geld damit zu verdienen, ausgerechnet er, der Dollarzeichendrucker?<br />
Viel Geld wurde verlangt für ein buntes Dutzend Eier. Aber<br />
gerade weil man Warhol nicht erkannte, weil er mit semi-abstrakten Formen<br />
spielte, weil ich sein Bild als einen ironischen Kommentar zur Farbfeldmalerei<br />
verstand, weil es einer von nur zwölf verwandten Siebdrucken ist, der mir<br />
da gerade gross vor die Augen gehalten worden war, brauchte ich lediglich<br />
29 Minuten, um mich für diese Arbeit zu entscheiden, die eben doch auch<br />
sehr gut in die Sammlung passt. Von Warhol kenne ich den Satz: I wish I’d be<br />
51