Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg
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dennoch entsteht etwas anderes als bloss das Abbild aufgeklebter Farbschichten<br />
– ein Bild nämlich, ein neuer, ganz und gar unromantischer Zusammenhang,<br />
sich seiner Geschichte bewusst, radikal und unabhängig sich einen<br />
neuen Weg suchend. Die Farbe als Material gibt auch hier nur einen Hinweis<br />
zur persönlichen Wahrnehmung.<br />
Einen Raum weiter haben wir Jerry Zeniuk und Alan Uglow einander<br />
gegenübergestellt. Auch wieder eine Kombination, die ihren Reiz aus der<br />
Divergenz bezieht. Alan, der älteste Punk, den ich noch kenne, der grösste<br />
Fan <strong>des</strong> FC Chelsea. Ein grosser Kenner der Kunstgeschichte, hört laut Musik,<br />
wenn er malt, Sex Pistols zum Beispiel, The Clash, und macht dabei diese wunderbaren,<br />
fein differenzierten Arbeiten, in denen schon ein kleiner Unterschied<br />
von einem Weiss zum anderen eine bedeutende Rolle spielt oder das<br />
Changieren einer Farbe in eine andere im selben Strich. Alan Uglow schult,<br />
trainiert unsere Wahrnehmung auf sehr differenzierte, subtile Weise und verheimlicht<br />
dabei den Ursprungsgedanken vieler seiner Arbeiten, das Sportoder<br />
Fussballfeld, nur auf den ersten Blick.<br />
Auch in Jerrys Studio läuft während <strong>des</strong> Malvorgangs häufig Musik, allerdings<br />
klassische Musik, Opern oder Sinfonien, oder Jazz, Free Jazz. Für mich<br />
ist Jerry Zenuik einer dieser Maler, die sehr schwer zu kategorisieren sind.<br />
Kaum einer hat sich bislang daran gewagt, diese seltsame Symbiose aus experimenteller<br />
Malerei und dem sicheren Auffinden von Schönheit zu beschreiben.<br />
(«Herzerwärmend, aber höchst differenziert» nennt der Galerist Rupert<br />
Walser die Arbeiten Zeniuks.) Jerry kommt aus der Kaste der monochromen<br />
oder eben radikalen Maler, hat sich im Laufe der Zeit sehr befreit, was Format<br />
und Umgang mit Farbe angeht, und ist für mich ein grosser Meister der<br />
ernsthaften Untersuchung von Farbe und Komposition. Eine sehr sinnliche<br />
Lakonie, vielleicht sogar auch eine erfreulich schöne Unsicherheit, ein wagemutiges<br />
Tasten sehe ich in den Bildern von Jerry Zeniuk.<br />
Diese Unsicherheit findet sich bestimmt nicht in der wunderbaren Serie<br />
<strong>des</strong> leider schon verstorbenen Rémy Zaugg. Seine Schriftbilder, hier grossartige<br />
Aufforderungen zum Sehen in kaltem Weiss und kühlem Blau auf<br />
Emaille, sind Teil seiner vielen Frage- und Forderungsbilder, mit denen er<br />
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