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Script 1: Horizonte des Sammelns - Wolfsberg

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Kauf einer solch zufälligen Geste ab. Ich habe seinen Rat befolgt, wie so oft,<br />

und nie bereut.<br />

Selbstverständlich gibt es im Leben eines von der Sammelleidenschaft<br />

geschüttelten Menschen auch immer wieder Unerreichbares oder Unmögliches<br />

oder ganz einfach auch das Zu-spät-Kommen, das bestraft wird. Diese<br />

Arbeiten, die man nicht haben darf – was vielleicht auch wieder ganz gut so<br />

ist –, diese Arbeiten bleiben seltsamerweise ebenso wie jene im eigenen<br />

Besitz befindlichen im optischen Gedächtnis haften. Da macht der Kopf keinen<br />

Unterschied. Immer noch erinnere ich mich, als wäre es gestern gewesen,<br />

an diese herrliche Vermalung Gerhard Richters, die mir auf der Art Basel vor<br />

ein paar Jahren durch ein dummes Missverständnis enthalten blieb. Es ging<br />

um eine halbe Stunde. Immer noch glaube ich, die schönste Vermalung Richters<br />

gesehen zu haben. Und bekanntlich gibt es doch sehr viele davon …<br />

Damit bin ich bei einem weiteren Aspekt <strong>des</strong> <strong>Sammelns</strong> angelangt, der<br />

aber noch nicht das Versammeln meint, dieses Verspinnen von Fäden, das<br />

vielleicht nur im eigenen Kopf möglich ist. Meiner Ansicht nach ist das Sammeln<br />

– auch wenn es manchmal ernsthaft gemeint ist und nicht ganz so offensichtlich<br />

wie bei einigen meiner Kollegen zum Ruhme der eigenen Biografie<br />

gedacht –, im Grunde bleibt das Sammeln Kopf-, Geld- und Fleissarbeit an<br />

einer Verkettung von Zufällen. Diese beginnt, wieder zufällig, mit einer Geburt<br />

in eine Zeit hinein, also mit dem Beginn der eigenen Zeitgenossenschaft.<br />

Wer weiss, vielleicht hätte ich vor vierzig Jahren Zero gesammelt, vor dreissig<br />

Neo Geo, in zwanzig Jahren wäre ich eventuell in Indien und Vietnam unterwegs,<br />

jetzt allerdings müsste ich in China sein, who knows?<br />

Heute wandert der Kunstgeschmack von West nach Ost, und das Geld<br />

schon sehr vermehrt in umgekehrter Richtung. Eines weiss ich sicher, wäre ich<br />

mein Vater gewesen, Picasso hätte ich nicht gekauft (höchstens als Kubist),<br />

aber wie er Cézanne, Bonnard, Matisse. So, schon wieder habe ich etwas verraten,<br />

legen Sie es bitte später nicht gegen mich aus, wenn ich Ihnen dann<br />

mit Marioni komme, mit Reed, mit Katz und Meller, mit Ryman und Umberg,<br />

mit Frize und Brandl, und mit all den anderen, die auf den ersten Blick so gar<br />

nichts zu tun haben mit den Helden: Cézanne, Bonnard, Matisse.<br />

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