28 | <strong>PROST</strong> AUSGABE <strong>02</strong>/14 | Spirituosen Ribisel oder Johannisbeere? Von Wolfram Ortner | www.world-spirits.com Fotos: WOB Ribisel ist eine österreichische Bezeichnung für die Johannisbeere, die zur Gattung der Stachelbeergewächse zählt und vorwiegend in gemäßigten Klimaregionen auf der nördlichen Hemisphäre zu finden ist. Hört man das Wort Johannisbeere, denkt man an das französische Wort „Cassis“ und somit unweigerlich an die Schwarze Johannisbeere. Doch in der Natur gibt es auch noch rote und weiße Formen Aus der Schwarzen Johannisbeere werden neben Früchtsäften und Likören auch Destillate hergestellt. Aus einem Teil der Knospen wird auch ein Konzentrat gewonnen, das Parfüms eine besondere, fruchtige Note verleiht. Die Schwarze Johannisbeere ist in der Intensität und Aromatik das Flaggschiff der Beerenfamilie, bei ihr duften sogar die Blätter. Die Aroma-Vielfalt präsentiert sich in destillierter Form als besonders schwarzbeerig-fruchtig, sehr saftig, mit vielen grün-grasig-stieligen Komponenten. Um aus einer Roten Johannisbeere ein gutes Destillat herstellen zu können, muss einiges Zusammenpassen. Das wichtigste Kriterium ist die Fruchtreife. Die Beeren sollten am Reifehöhepunkt verarbeitet und eingemaischt werden, nur so kann ein aromatischer Brand destilliert werden. Anderenfalls ist der Schnaps eher zart und schlank und die Frucht nur sehr schwer erkennbar. Die Weiße Johannisbeere ist eine Zuchtform der Roten Johannisbeere und in der Aromatik beinahe mit einer Himbeere vergleichbar. Es dominieren im Duft frische Zitrustöne, die auch Anklänge von Himbeeren haben können. Destillate aus dieser Frucht sind eine Besonderheit und nur selten zu finden.
Spirituosen | <strong>PROST</strong> AUSGABE <strong>02</strong>/14 | 29 Obstbrände nach altungarischer Tradition Vittorio Capovilla – Il Siglio di Maestro Ungarische Tradition mit innovativer Technologie Erber Edelbrände: Tiroler Schnapskultur Matheus gehört zu den noblen, ungarischen Vorzeigebetrieben, deren Erzeugnisse den Ehrentitel „Hungaricum“ tragen. Für die Destillate dürfen ausschließlich in Ungarn gewachsene, geerntete und gebrannte Obstsorten verwendet werden. „Pálinka” – so die umgangssprachliche Bezeichnung für Schnaps – hat in Ungarn eine lange Tradition, da die klimatischen Bedingungen sehr geschmackvolles Obst reifen lassen. Die Geschichte des Matheus Pálinka begann mit einem Büchlein, das bei einer Auktion auftauchte. Und welche Geheimnisse stecken dahinter? Schon im 16. Jahrhundert stellten Franziskanermönche in der nördlichsten Ecke Ungarns, im heutigen Komitat Szatmár-Bereg, hochprozentige Obstbrände her, die sie mit Kräutern und Gewürzen zu heilkräftigen Essenzen veredelten. Auf diesen alten Rezepturen basiert die Herstellung der modernen Pálinka-Produkte, die Teil der Landeskultur und der authentischen ungarischen Gastronomie sind. Vittorio Capovilla hat die italienische Destillatkultur geprägt – mit finessenreichen Fruchtbränden und perfekten Grappe. Das Geheimnis des jahrzehntelangen Erfolges? Ein sensibler Gaumen, eine „übersinnliche“ Nase und eine nach eigenen Vorstellungen konstruierte Wasserbadanlage. Es wird nur frischer Trester verschiedener Rebsorten verwendet. Genauso penibel werden die Grundstoffe für die Fruchtbrände ausgesucht, von handverlesenem Obst, teilweise aus biologischem Anbau, bis zu mühevoll gesammelten Wildfrüchten. Mit seinen charaktervollen Destillaten ist Vittorio Capovilla nicht nur die Nummer eins unter Italiens Brennern, sondern auch international ein Star – allerdings ohne Allüren. Kompromisslos ist die Qualitätsphilosophie, von der Suche nach Rohstoffen bis zur gediegenen Gestaltung der Flaschen. Leuchtender Siegellack und bunte Paradiesbäume auf den Etiketten sind das Markenzeichen des Meisters. Und nur Meisterwerke verlassen die Brennerei im historischen Herrenhaus „Villa Dolfin“ bei Bassano im Herzen des Grappalandes Venetien. Wie gewohnt setzte sich Vittorio Capovilla beim Grappa als World-Class Distillery an die Spitze, bestätigte aber auch als First-Class Distillery seine Frucht-Kompetenz: Gold erhielten Brunello Grappa, Sangiovese Grappa, Grappa Amarone, Grappa Amarone Holz, Grappa Amarone Holz Riserva Fassstärke, Grappa Gewürztraminer, Grappa Gelber Muskateller, Apfelquitte, Bier Holz, Berg-Sauerkirsche, Wildkirsche, Schlehe. Silver holten Bergweichsel und Waldhimbeere, Bronze Aprikose und Schwarze Johannisbeere. Das Vértes-Gebirge liegt im Nordwesten Ungarns, im Herzen von Transdanubien. Auf den südlichen Abhängen der Berge herrscht fast mediterranes Klima. Die „Pálinkafarm“ Nobilis erstreckt sich auf 300 Hektar in der Nähe von ruhigen Dörfern und naturgeschützten Wäldern. Die Herstellung von Pálinka ist seit 2008 gesetzlich geregelt. Ein Getränk darf nur so bezeichnet werden, wenn es aus in Ungarn gepflückten Früchten besteht und sowohl die Gärung als auch die Destillation im Land stattfand. Kristóf Nobilis leitet ein Team von „Maximalisten“, die mit höchster handwerklicher Präzision im technologisch modernst ausgestatteten Betrieb tätig sind. Für die Destillate werden nur beste Rohstoffe verwendet, für eine Flasche mindestens 2,5 Kilogramm Obst, vor allem Aprikosen, Pflaumen, Birnen, Äpfel und Sauerkirschen. Das Wasser zur Einstellung des optimalen Alkoholgehalts stammt aus der Karstquelle von Vértesalja. Die erste Serie der Nobilis-Schnäpse wurde 2010 gefüllt und trägt das Zeichen 10n. Bekannt wurde das Unternehmen auch durch einen speziellen „Pálinka-Dispenser“, der im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft Ungarns in der VIP-Lounge am Budapester Flughafen installiert wurde. Eine Gelegenheit für Mitglieder internationaler Delegationen, nach der Arbeit mit einem Glas „Pálinka“ anzustoßen. Favorit bei den männlichen Besuchern war die Pflaume, die Frauen bevorzugten den Pfirsich. Der Betrieb wurde als Master-Class Distillery <strong>2014</strong> klassifiziert. Gold erreichten Plum und Grape Irsai Olivier. Silver gab es für Pear Williams Yellow, Quince, Cherry Sour und Apricot. Christian Schmid begann vor über 20 Jahren bei Erber in einem völlig anderen Berufsfeld und startete mit viel Engagement seinen „zweiten Bildungsweg“: Mit der aufwendigen Ausbildung zum Destillateur, die er mit der Meisterprüfung abschloss. Heute ist er für die gesamte Produktion der größten Kupferkesselbrennerei Österreichs verantwortlich – und hat mit seinen Produkten viele Auszeichnungen geholt. Die Ausbildung zum Edelbrandsommelier war für ihn ein besonderes Anliegen und ein weiterer Mosaikstein seines beruflichen Weges – denn ein guter Brenner muss auch verstehen, was ein gutes Produkt aus der Sicht des Genießers ausmacht. Die Tiroler Edelbrandsommeliers verstehen sich als „Botschafter ihrer Regionen und der Tiroler Schnapskultur“. Denn Schnaps ist gerade im alpinen Raum ein uraltes Kulturgut, das heute zu den alpinen Lifestyle-Produkten und zu den edelsten Genussprodukten zählt. Davon wurde auch die Jury beim World- Spirits Award überzeugt. Klassifiziert als World-Class Distillery <strong>2014</strong> (Distillery of the Year Bronze <strong>2014</strong> in BILI) sowie zweifache Master-Class Distillery <strong>2014</strong>, beeindruckt die Medaillenausbeute: Gold für Tiroler Jagertee, Herber von Erber, Tiroler Nusseler, Kaffee Geist, Zwetschken Likör, Tschang Bergkräuter Likör, Spezial Obstschnaps, Zwetschken Schnaps, Pflaumenbrand, Schlehenbrand, Schwarzer Johannisbeerbrand und Heidelbeerbrand, Silver für Williamsbirnen Schnaps, Marillen Schnaps, Weichselbrand und Apfelbrand aus Bio-Gala-Äpfeln. 93,3 WOB-Punkte – Black currant wood aged 2009 L: 0001-4000 - Gold 77 WOB-Punkte – Schwarze Johannisbeere 2011 - Bronze 91,3 WOB-Punkte Schwarze Ribisel 2012 - Gold 93 WOB-Punkte Schwarze Johannisbeer 2007 L: N11013 - Gold Duft: Raffiniertes, intensives Aroma-Spiel, sehr typische Johannisbeerfrucht, auch Heidelbeeren, Lakritze, Kaffee, Karamell, grün-harzige Frische, blättrige Würze, Holztöne dezent im Hintergrund. Geschmack: Sehr kraftvoll am Gaumen, Zitrusfrische, Waldbeeren, harzig, mentholig-minzige Frische, kalter Kaffee, Vanille, Leder, dicht, sehr langes Finish. Duft: Wenig sortentypisch, marmeladig, dezente Cassis-Aromen, birnig, fast Bierbrand-Anklänge, malzig-hefig, Gerste, etwas Schokolade, leichte Oxidationsnoten, grün-grasige Würze, etwas Liebstöckel. Geschmack: Marmeladige Basis, wenig Waldbeeren, zarte Zitrus-Limetten-Noten, Schokolade, Minze, leicht malzig-gerstig, tresterig-holzig, kantiges Finale, ein Grenzgänger. Duft: Saftige Aroma-Intensität, Zuckerlnoten, Foxton, Zitrus, Orange, dunkle Schokolade, holzig-stielig, grün-grasig, fast minzig, leicht harzig, Tannennadeln, leicht petrolig. Geschmack: Breit gefächertes Aroma-Portfolio, eingekochter Johannisbeersaft, Waldbeeren, schwarzer Holunder, Dörrobst, Lakritze, dezente Kaffee-Röst-Noten, Karamell, Kräuter-Menthol- Mix, Harz-Anklänge, dicht und druckvoll, gute Länge. Duft: Breit gefächertes Aroma-Spektrum, Bonbonton, reife Stilistik, konzentrierte Beerenfrucht, Johannisbeeren, Heidelbeeren, schwarzer Holunder, grasig-grün, blättrig, fast minzig, etwas Bitterschokolade, Honig, stielig-holzig. Geschmack: Typisch, gut ausgeprägt, starker Kochton, Zitrus-Orange, Himbeer-Ribisel-Brombeer-Mix, Kaffee, zartes Marzipan, grün-blättrige Herbe, minzige Kühle, harmonisch, dicht, lang anhaltend Matheus Pálinkaház Kft. Szikrata'vi'ro' u. 17-21 HU-1211 Budapest T: 0036-1-374-6081 www.matheuspalinka.hu Azienda Agricola di Capovilla Vittorio Vittorio Capovilla Via Giardini 12, IT-36<strong>02</strong>7 Rosà Tel.: 0039-0424-581222 www.capovilladistillati.it Nobilis Pálinka HU-2066 Szár www.nobilispalinka.hu Erber GmbH Christian Schmid Dorfstraße 57, AT-6364 Brixen im Thale Tel.: 0043-5334-8107 www.erber-edelbrand.com