Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BLICK<br />
IN DIE ZEIT<br />
Nachwuchs ist was W<strong>und</strong>erbares …<br />
… MEISTENS JEDENFALLS<br />
Babies sind süß.<br />
Das gilt für Kinder <strong>und</strong> Tiere aller Art.<br />
Sie wirken hilflos <strong>und</strong> aktivieren den<br />
Beschützer-Instinkt. Wenn sie wachsen,<br />
wendet sich oftmals das Blatt.<br />
Sie werden anstrengend, testen Grenzen aus<br />
<strong>und</strong> machen Erwachsene hilflos.<br />
Irgendwann wünscht sich wohl<br />
fast jede <strong>Frau</strong> Kinder. Instinktverhalten<br />
nennt man das wohl. Die<br />
eine findet den passenden Vater<br />
dafür <strong>und</strong> baut mit ihm ein Nest.<br />
Der Idealfall. Wie viele Kinder hineinpassen,<br />
können die beiden ein<br />
Stück weit regeln. Sind es viele <strong>und</strong><br />
die <strong>Frau</strong> geht in der Mutterrolle auf<br />
– super. Oft steht dahinter die Erfahrung<br />
einer Großfamilie. Dann<br />
ist eine omnipräsente Oma das<br />
Sahnehäubchen. Andere Paare finden<br />
„bei dreien ist einer schon zu<br />
viel“ <strong>und</strong> beschränken sich auf<br />
zwei. Wieder andere vertreten<br />
die Meinung, einmal Schwangerschafts-<br />
<strong>und</strong> Geburtserfahrung sei<br />
genug. Mehr wäre auch mit der<br />
Karriereplanung nicht vereinbar.<br />
Allein sein Leben mit Kind bestreiten<br />
zu müssen, ist noch anstrengender.<br />
Denn Erziehung braucht<br />
alle Kompetenzen.<br />
Nervenzehrend<br />
Eltern beobachten ihre Kinder. Wie<br />
sie wachsen, sich entwickeln. Körper,<br />
Geist <strong>und</strong> Seele tun das in unterschiedlichen<br />
Schüben. Nachwuchs<br />
provoziert. Das ist normal,<br />
zehrt aber an Nerven <strong>und</strong> Kraftreserven.<br />
„Meistens ist es mein Kind.<br />
Und ich bin stolz darauf“, sagte<br />
kürzlich ein Vater. „Aber dann gibt<br />
es Tage, da würde ich mich gerne<br />
von dieser Erzieher-Rolle distanzieren.“<br />
Erziehung ist eine richtig<br />
schwere Arbeit. Sie erfordert rasches,<br />
verantwortliches <strong>und</strong> konsequentes<br />
Handeln. Sanktionen<br />
tun den Verantwortlichen selber<br />
oft mehr weh als den Betroffenen.<br />
Wer den Schritt der pädagogischen<br />
Konsequenz meidet, weil er<br />
dafür bei allen alltäglichen <strong>und</strong> beruflichen<br />
Herausforderungen keine<br />
Kraft mehr hat, bekommt irgendwann<br />
die Quittung. Wer glaubt,<br />
sein Kind dürfe nicht bestraft werden,<br />
weil das Leben schon hart genug<br />
ist, läuft ebenfalls in eine Falle.<br />
Was angedroht wird, muss umgesetzt<br />
werden. Wer das nicht tut,<br />
wird auf Dauer unglaubwürdig.<br />
„Wenn Du nicht, dann …“ muss gut<br />
überlegt sein. Weil Joachim eine<br />
Phase hatte, in der er ständig am<br />
Essen herummeckerte, warnte der<br />
Vater, dass er gar nichts bekomme,<br />
wenn er noch einmal solches Verhalten<br />
an den Tag lege. Die Mutter<br />
gebe sich beim Kochen alle Mühe<br />
<strong>und</strong> das sei zu respektieren. Die Situation<br />
wiederholte sich an einem<br />
schicksalhaften Abend. Der zehnjährige<br />
Sohn kam vom Spielen<br />
nach Hause <strong>und</strong> rümpfte die Nase.<br />
„Wonach riecht es denn hier? Igitt!“<br />
Er wanderte ohne einen Bissen ins<br />
Bett. Sein Protest: „Das könnt ihr<br />
nicht machen. Ich verhungere“,<br />
verhallte. So schnell verhungert<br />
niemand, ließ man ihn wissen. Leitungswasser<br />
fülle den Magen <strong>und</strong><br />
stehe unbegrenzt zur Verfügung.<br />
Die Eltern fühlten sich nicht gut.<br />
Der geplante gemütliche Abend<br />
war gelaufen. Aber die Reaktion<br />
war notwendig. Joachim kapierte<br />
mit knurrendem Magen in seinem<br />
Zimmer: So geht es nicht.<br />
Die Mutter des zwölfjährigen Kevin<br />
erfuhr per Zufall, dass in der Schule<br />
der Nachmittagsunterricht ausfiel.<br />
Fatalerweise kam ein Klassenkamerad<br />
mit seinen Fußballschuhen<br />
am Gartenzaun vorbei. Er war seit<br />
zwei St<strong>und</strong>en zu Hause. Kevin nicht.<br />
Der Kumpel wollte seinen Fre<strong>und</strong><br />
nicht verraten. Das große Indianer-<br />
Ehrenwort war ihm heilig. Kevins<br />
Mutter machte jedoch klar, dass sie<br />
sich sorgte. So kam heraus, dass ihr<br />
Sohn mit den anderen in die Eisdiele<br />
gegangen war. Sie setzte sich<br />
ins Auto <strong>und</strong> fuhr zu dem beliebten<br />
Treffpunkt. Kevin sah sie,<br />
schnappte sofort schuldbewusst<br />
seinen Rucksack <strong>und</strong> rannte zum<br />
Wagen. Der Unterrichtsausfall habe<br />
sich kurzfristig ergeben, versuchte<br />
er sich aus der Affäre zu ziehen. Die<br />
Mutter wusste es besser. Zu Hause<br />
gab es wegen der Lüge richtig<br />
Ärger. Kevin musste lernen: Wenn<br />
er angerufen hätte, um zu fragen,<br />
ob er noch mit Fre<strong>und</strong>en in die Eisdiele<br />
darf, wäre das kein Problem<br />
gewesen. Täuschen <strong>und</strong> lügen zerstört<br />
jedoch die Vertrauensbasis.<br />
Ohne die ist ein gutes Miteinander<br />
nicht möglich. Und wenn sich einer<br />
um den anderen kümmert, ist<br />
das wertvoll. Das sollte man nicht<br />
aufs Spiel setzen.<br />
Lektionen<br />
BLICK IN DIE ZEIT<br />
Kinder lieben bedeutet eben nicht,<br />
sie zu verwöhnen. Gerade in den<br />
mittleren <strong>und</strong> oberen Schichten<br />
der Gesellschaft, wo das finanziell<br />
möglich wäre, ist es umso schwerer<br />
einen Weg zu finden, bei dem<br />
die Kinder Eigenverantwortung<br />
<strong>und</strong> Wertschätzung lernen. Christian<br />
wünschte sich sehnlichst ein<br />
neues Mountainbike. Biken ist seine<br />
Leidenschaft <strong>und</strong> er betreibt<br />
den Sport recht intensiv im Verein.<br />
Aus dem alten Rad war er ziemlich<br />
herausgewachsen <strong>und</strong> hatte es<br />
durch die häufige Benutzung zudem<br />
einigermaßen abgewetzt.<br />
8/2014<br />
<strong>Ratgeber</strong><br />
137