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Wer soll das bezahlen? - SÜDWIND-Institut

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2. Die Klimakrise<br />

le spielen können. 40 Aber gerade angesichts des<br />

hohen Investitionsbedarfs ist äußerste Vorsicht<br />

geboten. Viele Investitionen in Entwicklungsländer<br />

werden über Kreditversicherungsagenturen<br />

abgesichert, und <strong>das</strong> umso häufi ger, je unsicherer<br />

die Lage ist. Solche Versicherungen, die<br />

sich oft eher der Außenwirtschaftsförderung der<br />

hiesigen Unternehmen als der Entwicklungsförderung<br />

der Empfängerländer verpflichtet fühlen,<br />

haben auch in der Vergangenheit zu einer<br />

Zunahme der öffentlichen Auslandsverschuldung<br />

beigetragen. Läuft ein Projekt schief, gehen<br />

die ehemals privaten Forderungen an den<br />

Staat über. Die Gefahr ist also groß, <strong>das</strong>s Entwicklungsländer<br />

für etwas zahlen, <strong>das</strong>s sie selbst<br />

nicht verursacht haben, während die Verursacher<br />

neue Hebel an die Hand bekommen, die<br />

Entwicklungsländer an der Leine der Auslandsverschuldung<br />

zu belassen.<br />

Ein Großteil der notwendigen Klimafi nanzierung<br />

<strong>soll</strong>te von vornherein nur als Zuschuss<br />

vergeben werden. Hierzu gehören zum Beispiel<br />

alle Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel,<br />

denn hierbei geht es genau genommen<br />

nicht um einen Akt der Solidarität, sondern um<br />

Widergutmachung angerichteter Schäden. Die<br />

Entwicklungsländer haben zum Status Quo so<br />

gut wie nichts beigetragen und es wäre in der<br />

Geschichte wohl einmalig, <strong>das</strong>s Reparationszahlungen<br />

in Form von Krediten vergeben werden.<br />

Das gilt auch für die Schwellenländer, die in der<br />

Klimafrage eine große zukünftige Verantwortung<br />

tragen. Was ihre historische Verantwortung<br />

angeht, ist diese aber auch relativ klein, so <strong>das</strong>s<br />

auch sie Anspruch auf Zuschüsse im Bereich der<br />

Anpassungsmaßnahmen haben.<br />

Für die ärmsten Länder kommen für die meisten<br />

Investitionen ohnehin nur Zuschüsse in Frage.<br />

Hier sind die Maßnahmen zum Klimaschutz,<br />

zur Anpassung an den Klimawandel und die<br />

klassische Entwicklungszusammenarbeit jedoch<br />

viel stärker miteinander verknüpft. Zumeist geht<br />

es darum, Kapazitäten zu schaffen, um Finanzflüsse<br />

überhaupt managen zu können oder mit<br />

den künftigen Risiken, seien es Klimafolgen,<br />

40 Oxfam (2010) schätzt, <strong>das</strong>s höchstens die Hälfte der im Energiesektor<br />

anfallenden Kosten über zinsgünstige Kredite fi nanziert<br />

werden <strong>soll</strong>ten. Zwei Drittel der gesamten Kosten im Bereich<br />

Emissionsreduktionen im Süden <strong>soll</strong>ten demgegenüber<br />

als Zuschuss vergeben werden.<br />

41 Vgl. Oxfam (2010).<br />

42 Vgl. Stern (2006).<br />

Migrationsströme oder interne Konflikte besser<br />

umgehen zu können. Solche Investitionen<br />

werfen keine direkten Profi te ab und müssen<br />

daher als Zuschüsse vergeben werden. Auch<br />

die Bereitstellung von sauberer Energie z.B. in<br />

ländlichen Regionen, die von der öffentlichen<br />

Energieversorgung ausgeschlossen sind, oder<br />

weitere Reduktionsbemühungen in der Landund<br />

Forstwirtschaft, von denen die Armen in<br />

ihrer Lebensweise betroffen sind, dürfen ausschließlich<br />

über Zuschüsse fi nanziert werden. 41<br />

Wichtig bleibt jedoch, <strong>das</strong>s jegliche Finanzierung<br />

dieser Art zusätzlich zu der offi ziellen Entwicklungszusammenarbeit<br />

bereit gestellt wird, d.h.<br />

sie muss über die 0,7 %-Zusage hinausgehen.<br />

Nicht zuletzt hat der ehemalige Weltbankökonom<br />

Nicolas Stern im Auftrag der britischen Regierung<br />

im sogenannten Stern-Report aber Folgendes<br />

eindrücklich vor Augen geführt: Wenn<br />

wir nicht zügig handeln, könnten die Kosten,<br />

die durch die Folgen des Klimawandels entstehen,<br />

sehr viel höher sein, als heute nötig ist, um<br />

solche Folgen zu vermeiden. Der Report zeigt,<br />

<strong>das</strong>s bis zu 5 % des weltweiten BIP nötigenfalls<br />

aufgebracht werden müssten. 42 Wenn wir heute<br />

beginnen zu handeln, um die Erderwärmung<br />

auf rund 2°C zu begrenzen, liegen die Kosten<br />

demgegenüber unter<br />

1% des BIP. Bislang hat<br />

sich die internationale<br />

Gemeinschaft jedoch<br />

nur wenig innovationsfreudig<br />

gezeigt.<br />

Eine solch umfassende<br />

Aufgabe ist anspruchsvoll,<br />

aber machbar. Es<br />

bedarf lediglich ein<br />

wenig politischen Mutes,<br />

um neue Finanzierungsmechanismen<br />

durchzusetzen: Ein<br />

konsequenter Handel<br />

mit CO 2 Emissionen, eine Flugticketabgabe, Finanztransaktionssteuern<br />

– es liegen bereits zahlreiche<br />

Vorschläge dafür auf dem Tisch. Letztendlich<br />

könnten auch Schuldenerlasse für die<br />

Länder, die bislang von Erlassen ausgeschlossen<br />

sind, zur Finanzierung von Folgekosten beitragen<br />

(vgl. hierzu Kapitel 5). In jedem Fall aber<br />

muss zügig gehandelt werden. Sonst dürften<br />

schon sehr bald einige Entwicklungsländer wieder<br />

vor der Frage stehen, wie Armutsbekämpfung<br />

fi nanziert werden kann.<br />

24 <strong>Wer</strong> <strong>soll</strong> <strong>das</strong> <strong>bezahlen</strong>? • © SÜDWIND 2010

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