Wer soll das bezahlen? - SÃDWIND-Institut
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5. Wege für die Klima- und Entwicklungsfinanzierung<br />
Geschäfte uninteressant, wohingegen die Steuer<br />
für längerfristige Geschäfte nicht ins Gewicht<br />
fällt. Vor diesem Hintergrund ist es verwunderlich,<br />
<strong>das</strong>s die Politik sich noch immer zögerlich<br />
zeigt, eine Finanztransaktionssteuer umzusetzen.<br />
Weniger verwunderlich ist es hingegen, <strong>das</strong>s sie<br />
seitens der Politik überhaupt erst auf die Agenda<br />
gesetzt wurde, nachdem die Haushaltslöcher im<br />
Zuge der Rettungspakete zur Bewältigung der<br />
Finanzmarktkrise immer unbeherrschbarer zu<br />
werden drohten. In Europa hat vor allem nach<br />
der Eurokrise die Diskussion an Fahrt aufgenommen.<br />
Eine Beteiligung der wichtigsten Umschlagsplätze<br />
in Europa, London und Frankfurt,<br />
wäre dabei von zentraler Bedeutung.<br />
Neben den stabilisierenden Effekten ist vor<br />
allem <strong>das</strong> Ertragspotential interessant. Gleichzeitig<br />
wären die Einnahmen vor allem in den<br />
großen Finanzzentren besonders hoch, da dort<br />
viele Transaktionen stattfi nden. Aus Gründen<br />
der Verteilungsgerechtigkeit wäre es angesichts<br />
so hoher Summen wichtig, <strong>das</strong>s die Gelder nicht<br />
nur zum Stopfen von nationalen Haushaltslöchern<br />
verwendet werden. Selbst wenn der Zusammenhang<br />
zwischen Finanztransaktionssteuer<br />
und Klima- und Entwicklungsfi nanzierung<br />
nicht so plausibel sein mag, wie beispielsweise<br />
bei der Flugticketabgabe oder dem Emissionshandel,<br />
wo die Verursacher klimaschädlicher<br />
Emissionen direkt belastet werden, <strong>soll</strong>ten derartige<br />
Instrumente, vor allem wegen ihres hohen<br />
Potentials dennoch maßgeblich auch für<br />
die Klima- und Entwicklungsfi nanzierung eingesetzt<br />
werden.<br />
5.2.6 Schließen von Steueroasen<br />
Schließlich und endlich geht es nicht nur darum,<br />
wie weltweit zusätzlich Geld mobilisiert werden<br />
kann, um es ärmeren Ländern zur Bewältigung<br />
der globalen Krisen zur Verfügung zu stellen.<br />
Gerade in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
wird immer häufi ger davon gesprochen, <strong>das</strong>s es<br />
auch in der Verantwortung der Entwicklungsländer<br />
selbst liegt, interne Mittel zu mobilisieren.<br />
Dies geschieht über Steuersysteme, die in vielen<br />
Entwicklungsländern zu wenig ausgebildet sind<br />
und nur über schwache Regulierungsbehörden<br />
verfügen. Die Folge ist, <strong>das</strong>s hohe Steuereinnahmen<br />
beispielsweise über die Mehrwertsteuer erzielt<br />
werden, die arme Menschen über Gebühr<br />
belastet und verhältnismäßig leicht zu erheben<br />
ist. Die Besteuerung von Vermögen und Einkommen<br />
reicher Eliten oder großer, oft ausländischer<br />
Unternehmen trägt demgegenüber einen<br />
verhältnismäßig geringen Beitrag zum gesamten<br />
Steueraufkommen bei.<br />
Das liegt aber nicht nur an nationalen Steuersystemen<br />
und staatlichen <strong>Institut</strong>ionen, die<br />
sie überwachen <strong>soll</strong>en, sondern auch an der<br />
internationalen Infrastruktur und der Existenz<br />
von Steuer- und Verdunklungsoasen. In solchen<br />
Steueroasen herrscht niedrige oder keine<br />
Besteuerung. Sie erlauben es vor allem Großunternehmen<br />
und reichen Einzelpersonen, ihre<br />
Gewinne und Vermögen zu transferieren und<br />
sich so ihrer Verantwortung zu entziehen, einen<br />
fairen Beitrag zur Aufrechterhaltung nationaler<br />
Infrastruktur, wie Straßen, Bildung, Gesundheit,<br />
Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu leisten. Äußerste<br />
Geheimhaltung und Intransparenz sind<br />
oberste Devisen in solchen Schattenfi nanzzentren,<br />
aus denen nur wenige, vornehmlich die<br />
reichsten Menschen, Nutzen ziehen.<br />
Insgesamt wird <strong>das</strong> Vermögen, <strong>das</strong> in solchen<br />
Finanzzentren angelegt ist, auf ein Drittel des gesamten<br />
weltweiten Vermögens geschätzt. Auch<br />
der internationale Handel wird zur Hälfte über<br />
diese Steuer- und Verdunkelungsoasen abgewickelt.<br />
Für die Entwicklungsländer bedeutet die<br />
Existenz solcher Steueroasen massive Einnahmeausfälle.<br />
Angesichts der Geheimhaltungspraxis<br />
sind die tatsächlichen Ausfälle schwer zu ermitteln.<br />
Schätzungen gehen davon aus, <strong>das</strong>s den<br />
Entwicklungsländern allein durch die Steuervermeidung<br />
auf Einkommen und Vermögen von<br />
reichen Einzelpersonen Einnahmen in Höhe von<br />
250 Mrd. US-Dollar jährlich entgehen. 136 Das ist<br />
mehr als doppelt so viel wie der Zufluss an Mitteln<br />
der Entwicklungszusammenarbeit im Jahr<br />
2009. Mit diesen Einnahmen könnten in vielen<br />
Ländern nicht nur sämtliche Anpassungskosten<br />
an den Klimawandel fi nanziert werden, sondern<br />
auch die erforderliche Summe zur Erreichung<br />
der MDG aufgebracht werden. Hinzu kommen<br />
Steuerausfälle von großen Unternehmen, die<br />
Steuern auf <strong>Wer</strong>tschöpfung und Gewinne oft<br />
nicht in den Ländern abführen, wo sie erzielt<br />
werden. Andere Schätzungen gehen daher weit<br />
136 Vgl. Tax Justice Network, abrufbar unter: http://www.taxjustice.<br />
net/cms/front_content.php?idcat=2&idart=2&client=1&change<br />
lang=2<br />
60 <strong>Wer</strong> <strong>soll</strong> <strong>das</strong> <strong>bezahlen</strong>? • © SÜDWIND 2010