Wer soll das bezahlen? - SÃDWIND-Institut
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4. Die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
Ist es in der Vergangenheit zu einem wirtschaftlichen<br />
Abschwung oder auch einer Naturkatastrophe<br />
in den Heimatländern gekommen, haben<br />
sich diese Finanzflüsse in der Regel auch als sta-<br />
Beispiel Ecuador:<br />
Einbußen im Staatshaushalt<br />
Erdöl ist <strong>das</strong> wichtigste Exportprodukt Ecuadors.<br />
Mit Bananen, Schnittblumen, Krabben,<br />
Kakao und Kaffee tragen aber auch zahlreiche<br />
agrarische Produkte zu den Exporteinnahmen<br />
bei. Zunehmend wichtiger in den vergangenen<br />
Jahren sind auch die Einnahmen aus den<br />
Rücküberweisungen geworden, die im Jahr<br />
2008 5,4 % des BIP ausmachten. Ecuador<br />
wird daher besonders über diese beiden Kanäle,<br />
Rückgang der Exporteinnahmen und der<br />
Rücküberweisungen, von der Finanzmarktkrise<br />
betroffen. Insgesamt gingen dem Land mit<br />
13 Mio. Einwohnern 218.000 Arbeitsplätze<br />
verloren, vor allem in den exportorientierten<br />
landwirtschaftlichen Sektoren an der Küste.<br />
Als ölexportierendes Land schlägt dabei der<br />
sinkende Ölpreis besonders stark zu Buche. Im<br />
ersten Halbjahr 2009 sanken die Exporteinnahmen<br />
von Öl um 61 % von 6,2 Mrd. US-Dollar<br />
auf 2,4 Mrd. US-Dollar. Insgesamt fi elen die<br />
Güterexporte im Jahr 2009 um 25 % gegenüber<br />
dem Rekordjahr 2008. Die Rücküberweisungen<br />
gingen bereits im Jahr 2008 von ihrem<br />
Höchststand in 2007 um 8,6 % zurück und fi e-<br />
len im Jahr 2009 dann um weitere 11,6 %. Das<br />
liegt vor allem daran, <strong>das</strong>s die Hauptzielländer<br />
der Migration die USA und Spanien sind, die<br />
beide verhältnismäßig stark von den Finanzmarktkrise<br />
betroffen waren.<br />
Insgesamt hatte Ecuador im Jahr 2009 ein<br />
Haushaltsdefi zit von knapp über 2 Mrd. US-<br />
Dollar zu verzeichnen. Neue Kredite bei den<br />
internationalen Finanzinstitutionen aber auch<br />
Vereinbarungen mit China über Projekte im<br />
Erdöl- und Energiesektor <strong>soll</strong>en die Lücken<br />
schließen. Mit China wurde eine Kreditvereinbarung<br />
über 1 Mrd. US-Dollar geschlossen, für<br />
die Ecuador 7,25 % Zinsen zahlen muss. Somit<br />
leidet auch Ecuador unter dem hohen Zinsniveau,<br />
<strong>das</strong>s für viele Länder nach Ausbruch der<br />
Finanzmarktkrise bittere Realität war.<br />
Quellen: erlassjahr.de / Kindernothilfe (2010).<br />
bil oder gar antizyklisch erwiesen, d.h. es floss<br />
im Krisenfall mehr Geld in die entsprechenden<br />
Heimatländer, um die Familien zu unterstützen.<br />
Da sich aber im Zuge der weltweiten Finanzkrise<br />
und der wirtschaftlichen Rezession insbesondere<br />
auch in den Zielländern die Arbeitsmarktsituation<br />
für Migrantinnen und Migranten verschlechtert<br />
hat, brach diese Möglichkeit für viele weg.<br />
In den USA, in Europa und auch in den Öl- und<br />
Gasindustrien in Russland und dem Nahen Osten<br />
wurden zahlreiche Menschen entlassen oder<br />
es verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen<br />
derart, <strong>das</strong>s weniger Geld nach Hause überwiesen<br />
werden konnte.<br />
Auch wenn es zum ersten Mal seit vielen Jahren<br />
rückläufi ge Tendenzen in diesem Bereich<br />
gegeben hat, so haben sich die Rücküberweisungen<br />
im Vergleich zu den privaten Kapitalflüssen<br />
als vergleichsweise stabil erwiesen. Die<br />
Weltbank misst den Rücküberweisungen daher<br />
einen wichtigen stabilisierenden Impuls gerade<br />
in Krisenzeiten bei. In den großen Empfängerländern<br />
wie Philippinen, Bangladesch und Nepal,<br />
konnten beispielsweise auch in der Krise die<br />
Rücküberweisungen <strong>das</strong> gestiegene Handelsbilanzdefi<br />
zit auffangen. 94 Vor diesem Hintergrund<br />
ist der Einbruch dieses so wichtigen Finanzflusses<br />
von Nord nach Süd vor allem als erheblicher<br />
Rückschlag positiver Entwicklungsimpulse der<br />
vergangenen Jahre zu werten. Denn ohne die<br />
Krise, so haben Prognosen vorausgesehen, wäre<br />
der Anstieg der Rücküberweisungen ungehindert<br />
weiter gegangen. Nach der Krise nun erholen<br />
sie sich hingegen aufgrund ungesicherter<br />
Arbeitsbedingungen mit sehr moderaten Wachstumsraten<br />
nur langsam.<br />
4.2.4 Rückgang der<br />
Entwicklungshilfe<br />
Gerade für die ärmsten Länder stellen auch die<br />
Mittel aus der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit<br />
einen wichtigen Beitrag zum BIP dar.<br />
Gleichzeitig gilt in den Industrienationen dieser<br />
Sektor als weiches Politikfeld, der im Zuge von<br />
Kürzungen oft schneller betroffen ist als andere<br />
Sektoren. Zudem wird die Zahlung der Entwicklungszusammenarbeit<br />
gemeinhin im Verhältnis<br />
zum BIP angegeben. Wenn in den Industrienationen<br />
<strong>das</strong> BIP sinkt, der Prozentsatz der Entwick-<br />
94 Vgl. Weltbank (2010)<br />
44 <strong>Wer</strong> <strong>soll</strong> <strong>das</strong> <strong>bezahlen</strong>? • © SÜDWIND 2010