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Wer soll das bezahlen? - SÜDWIND-Institut

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4. Die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

lungshilfe aber auf gleichem Niveau gehalten<br />

wird, so sinken damit auch die absoluten Zahlen<br />

dessen, was als Entwicklungshilfe in den Süden<br />

fließt. Tatsächlich ist die Summe der Mittel aus<br />

den 23 Geberländern der Organisation für wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit und Entwicklung<br />

(OECD) in absoluten Zahlen gesunken, von 122,3<br />

Mrd. US-Dollar (2008) auf 119,6 Mrd. US-Dollar<br />

(2009). Dennoch ist aufgrund des gesunkenen<br />

BIP die Quote sogar minimal angestiegen von<br />

0,30 % des BIP auf 0,31 %.<br />

Innerhalb der EU ist <strong>das</strong> Bild dabei durchaus<br />

unterschiedlich. Während einige Länder drastische<br />

Kürzungen in diesem Bereich vorgenommen<br />

haben (z.B. Österreich und Italien um 31 %<br />

oder Irland um 19 %), so haben andere Länder<br />

ihre Ausgaben sogar erhöht (z.B. Frankreich<br />

um 17 %, Großbritannien um 15 %). 95 Hier verbirgt<br />

sich möglicherweise auch der Versuch, den<br />

vereinbarten Stufenplan der EU auch trotz der<br />

Krise einzuhalten. Im Jahr 2005 hatte die EU<br />

vereinbart, ihre Entwicklungshilfe bis 2010 auf<br />

0,56 % des BIP anzuheben, um bis zum Jahr 2015<br />

endlich <strong>das</strong> lange vereinbarte 0,7 %-Ziel einhalten<br />

zu können. Mit reellen Anteilen von 0,44 %<br />

für <strong>das</strong> Jahr 2009 bedürfte es allerdings einer<br />

erheblichen Anstrengung der meisten Länder,<br />

um diese erste Stufe zu nehmen. Das deutsche<br />

Entwicklungsministerium hat unter der neuen<br />

Führung <strong>das</strong> Ziel bereits in Frage gestellt. 96<br />

Die Quote sank im Jahr 2009 von 0,38 % auf<br />

0,35 %. Weltweit erfüllen bislang nur fünf Länder<br />

die Vereinbarung, <strong>das</strong> sind Schweden, Norwegen,<br />

Luxemburg, Dänemark, und die Niederlande.<br />

Bislang gleichen sich die unterschiedlichen<br />

Handlungsweisen der verschiedenen Gebernationen<br />

aus und es ist noch nicht zu dem deutlichen<br />

Rückgang der gesamten Entwicklungshilfe<br />

gekommen, der befürchtet wurde. Dennoch<br />

sind diese Fakten vor dem Hintergrund eben<br />

jenes Versprechens und des vereinbarten Stufenplans<br />

zu sehen. Angesichts der angespannten<br />

Haushaltslage in den Industrieländern nach dem<br />

Aufspannen umfassender Bankenrettungsschirme<br />

und dem Auflegen massiver Konjunkturprogramme<br />

ist die Zukunft insgesamt sehr ungewiss.<br />

Untersuchungen bei früheren Krisen deuten darauf<br />

hin, <strong>das</strong>s in den ersten Jahren nach der Krise<br />

die Hilfe zunächst stabil blieb, wobei die Rückgänge<br />

in den darauffolgenden fünf Jahren sehr<br />

viel drastischer ausfi elen. 97 Angesichts der auch<br />

in Deutschland einsetzenden Spardiskussion und<br />

im Hinblick auf die aufziehende Eurokrise, deren<br />

Auswirkungen noch nicht abzusehen sind,<br />

ist ein ähnliches Szenario durchaus denkbar.<br />

Der Haushaltsentwurf für <strong>das</strong> Jahr 2011 und die<br />

mittelfristige Finanzplanung mit den vorgesehenen<br />

Kürzungen bis ins Jahr 2014 sehen zunächst<br />

keine Steigerungen im Haushalt des Entwicklungshilfeministerium<br />

vor. Bei steigendem BIP<br />

würde <strong>das</strong> also tatsächlich ein Rückgang der<br />

0,7 %-Quote bedeuten.<br />

Selbst im Fall von stabilen Finanzflüssen ist<br />

und bleibt eine Abkehr von dem vereinbarten<br />

0,7 %-Ziel inakzeptabel. Der neueste Bericht<br />

über die Erreichung der MDG zeigt, <strong>das</strong>s in vielen<br />

Regionen die Erreichung der Ziele noch keinesfalls<br />

gesichert ist. Nicht eingehaltene Zusagen<br />

sowie unzureichende und zu wenig fokussierte<br />

Mittelzuwendungen haben zu Fehlbeträgen in<br />

vielen Gebieten geführt, was vor allem durch die<br />

Nahrungsmittel- und Finanzmarktkrise weiter<br />

verschärft wurde. 98<br />

Zusätzlich zu den großen Herausforderungen,<br />

die die Entwicklungsländer bei der Erreichung<br />

der Millennium-Entwicklungsziele, der<br />

Bekämpfung von Armut und der Sicherung sozialer<br />

Dienstleistungen haben, müssen sie nun die<br />

Folgen einer Krise abfedern, zu deren Ausbruch<br />

sie kaum etwas beigetragen haben. Ebenso wie<br />

in den Industrieländern umfangreiche Konjunkturprogramme<br />

aufgelegt werden, müsste dies<br />

auch in den Entwicklungsländern geschehen.<br />

Staatliche Investitionen, um neue Arbeitsplätze<br />

zu schaffen, oder Transferzahlungen für besonders<br />

betroffene Bevölkerungsgruppen, all <strong>das</strong><br />

ist in den Entwicklungsländern angesichts sinkender<br />

Staatseinnahmen und erschwerter Kreditaufnahme<br />

besonders schwierig. Nur wenige<br />

Länder (China, Argentinien, Mexiko, Indonesien,<br />

Philippinen, Malaysia oder Südafrika) haben<br />

nennenswerte Konjunkturprogramme aufgelegt.<br />

Gerade die ärmsten Länder, die auch in hohem<br />

Maße von der Entwicklungshilfe abhängen, sind<br />

hierzu meist nicht in der Lage. Der Finanzbedarf<br />

ist groß, ebenso wie die Gefahr, <strong>das</strong>s er so weit<br />

möglich über inländische und ausländische Kreditaufnahme<br />

(vgl. Kapitel 4.4) gedeckt wird.<br />

95 Vgl. OECD/DAC (2009).<br />

96 Tagesspiegel vom 09.03.2010: Die Sparflamme; http://<br />

www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/die-sparflamme/1715282.html<br />

97 Zitiert nach: Schneeweiß (2010).<br />

98 Vgl. United Nations (2010).<br />

© SÜDWIND 2010 • Klimakrise. Nahrungsmittelkrise. Finanzmarktkrise.<br />

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