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Die orthodoxe Kirche <strong>in</strong> griechischer Sicht<br />
Regen, der die Seele netzt und tränkt und unter dem alles Leid verstummt,<br />
während Milde und Erleichterung das Herz erfüllt. S<strong>in</strong>d diese Tränen<br />
anfänglich brennend heiß, weil sie ja aus dem Bewußtse<strong>in</strong> der Sünde<br />
heraus entspr<strong>in</strong>gen, so verwandeln sie sich <strong>in</strong> der Folge <strong>in</strong> Tränen des Erbarmens,<br />
<strong>in</strong> frohmachende Tränen, welche von selbst und ungezwungen<br />
hervorbrechen und das Antlitz des Mönches aufheitern und verschönern<br />
28 ). - Doch muß alle dem die Askese und die Gehorsamsübung des<br />
Mönches zur Seite treten, als Frucht se<strong>in</strong>er geistigen Umkehr, se<strong>in</strong>er<br />
Reue. Von größter Bedeutung s<strong>in</strong>d bei der Askese das Fasten und die<br />
Schlaflosigkeit, beide Ausfluß e<strong>in</strong>es reuigen Herzens. Und zwar geht<br />
es bei ihnen nicht bloß um die Entsagung physischer Bedürfnisse,<br />
sondern viel umfassender um die Unterwerfung und Zügelung aller<br />
Seelenregungen und -kräfte und, mit Hilfe der Askese, um ihre H<strong>in</strong>lenkung<br />
auf das Gute 29 ). - Was aber den Gehorsam anbelangt, der <strong>in</strong><br />
allen Mönchsorden und -regeln e<strong>in</strong> so unentbehrliches Element darstellt,<br />
so besteht er zunächst <strong>in</strong> der absoluten und undiskutierten Unterwerfung<br />
der Novizen unter die Leitung und Weisung ihrer geisthehen Väter. Dies<br />
bildet die E<strong>in</strong>gangspforte zu e<strong>in</strong>er zweiten, höheren Stufe des Gehorsams.<br />
Auf dieser Stufe entsagt der Mönch allem Eigenwillen und erlangt dessen<br />
E<strong>in</strong>ung mit dem unwandelbaren Willen Gottes 30 ). Schließlich hat sich<br />
dem Gehorsam auch die zum Himmel strebende Armut zu verb<strong>in</strong>den 31 ),<br />
worunter nicht nur die Entsagung eigener irdischer Güter, sondern auch<br />
die geistige Armut oder die vollkommene Apathie zu verstehen ist, der״<br />
folgend die Vernunft allem Hiesigen absagt" 32 ).<br />
Die Vollendung des mönchischen R<strong>in</strong>gens besteht schließlich <strong>in</strong> der sittlichen<br />
Vollkommenheit des Mönches, durch die er mit Gott vere<strong>in</strong>t<br />
wird. Außer den oben erwähnten Tugenden gilt als große Tugend der<br />
Glaube als das Fundament aller anderen Tugenden. Mannigfaltig s<strong>in</strong>d<br />
die Def<strong>in</strong>itionen des Glaubens. Er wird charakterisiert als freiwillige Annahme,<br />
als fromme E<strong>in</strong>willigung, als Zuversicht auf das, was man hofft<br />
(Hebr. ii, i) 33 ), als Mutter aller Tugenden, als geistig-geistliche Aura,<br />
die den Menschen <strong>in</strong> diesem Leben umgibt, schließlich als Fundament<br />
der Liebe 34 ) und als Summe aller Güter 35 ).<br />
28 ) Ebenda, S. 785.<br />
29 ) Ebenda, S. 869 und 940.<br />
30 ) Ebenda, S. 680.<br />
31 ) Ebenda, S. 928.<br />
32 ) Ebenda, S. 929.<br />
33 ) Clemens Alexandr<strong>in</strong>us, Stromata; Migne P. G. 8, S. 940.<br />
34 ) Ebenda, S. 965-968.<br />
35 ) Cyrill v. Alexandrien, Comment. <strong>in</strong> Lucam; Migne P. G. 72, S. 832.