Ein Überblick über die Theorie sozialer Systeme ... - Systemagazin
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gung stößt an Grenzen, wenn soziale Herrschaft <strong>die</strong> zwanglose Artikulation von<br />
Überzeugungen verhindert. Mit seinem Ansatz zielt HABERMAS auf <strong>die</strong><br />
Überwindung von Zwang und Herrschaft, indem er <strong>die</strong> Ursache – den repressiven<br />
Charakter der gesellschaftlichen Ordnung - benennt. Lebensweltliche Kommunikation<br />
ist HABERMAS zufolge dadurch charakterisiert, dass sprachliche Verständigung<br />
auf der Grundlage der Wahrhaftigkeit, Richtigkeit und Verständlichkeit<br />
angestrebt wird. Nur in solchen Verständigungsverhältnissen können sprach- und<br />
handlungsfähige Individuen heranwachsen (SCHERR 1995), denn Handlungen<br />
finden in einem spezifischen Kontext statt, der Diskursregeln vorschreibt.<br />
HABERMAS formuliert daher eine Konsensustheorie der Wahrheit. „Wahrheit“ ist<br />
ein Geltungsanspruch, der sich auf Aussagen <strong>über</strong> Sachverhalte bezieht und<br />
insofern nur diskursiv eingelöst werden kann. Es wird versucht im Dialog ein<br />
<strong>Ein</strong>verständnis der Diskurse herzustellen. Für solch einen Diskurs sind eine Reihe<br />
von Voraussetzungen erforderlich: Die Dialoge sind intersubjektiv zu führen,<br />
unbewußte Motive müssen rekurriert werden, sie sollen in einer herrschaftsfreien<br />
Situation stattfinden und auf Rationalität 1 ausgerichtet sein. Interaktion und<br />
kommunikatives Handeln ist für HABERMAS grundsätzlich dialogisch, d.h. <strong>die</strong><br />
Situationsdeutungen und Handlungspläne werden nicht egozentrisch entworfen,<br />
sondern <strong>über</strong> Akte der Verständigung mit anderen Handelnden koordiniert.<br />
Der Kontext einer Handlung übt eine „selektive Macht“ aus (BUCHHOLZ 1990).<br />
So ist beispielsweise bei einer polizeilichen Vernehmung klar, wer <strong>die</strong> Fragen<br />
stellt und wer zu antworten hat. Je höher <strong>die</strong> Kontexte formalisiert sind, desto<br />
präziser reichen Regeln in <strong>die</strong> offene Verhaltensregulierung hinein. Nimmt <strong>die</strong><br />
Formalisierung ab, "wird der Bereich von Verhaltensvorschriften unschärfer, <strong>die</strong><br />
Toleranzen für Verstöße nehmen zu, <strong>die</strong> Regeln beziehen sich immer weniger auf<br />
manifestes Verhalten, sondern auf <strong>die</strong> Beziehungsgestaltung und auf <strong>die</strong> wechselseitige<br />
Interpretation von Motivlagen.“ (BUCHHOLZ 1990, S. 139) Je formalisierter<br />
der Kontext ist, desto weniger müssen sich <strong>die</strong> Beteiligten in einem Diskurs<br />
verständigen, bei gering fomalisierten Kontexten, wie der Familie, sind hingegen<br />
viele Diskurse notwendig.<br />
1 Der Rationaltätsbegriff von HABERMAS (1981) schließt <strong>die</strong> Kommunikation ermöglichenden<br />
Elemente mit ein. Dazu gehören Emotionalität, Kreativität, Intention und Leiblichkeit.