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Ein Überblick über die Theorie sozialer Systeme ... - Systemagazin

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<strong>Systeme</strong> sind voneinander abhängig, sie können ohne andere nicht existieren 1<br />

und operieren. Die Annahme, dass Psyche und soziale Umwelt füreinander<br />

wechselseitig Umwelt sind, ist für LUHMANN eine „heilsame Radikalkur gegen <strong>die</strong><br />

alte Krankheit des Holismus, der alles verschlingenden Ganzheitseuphorie“ (1995<br />

S. 31). LUHMANN grenzt sich vom Holismus ab und schlägt um <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen den <strong>Systeme</strong>n zu kennzeichnen, den Begriffe der „strukturellen<br />

Kopplung“ 2 und den der „Interpenetration“ als Dachbegriffe vor.<br />

Da für LUHMANN (1984) auf <strong>die</strong> Wirkung einer jeden Aktivität, einer Operation,<br />

z.B. des Nervensystems, wiederum eine Aktivität des Nervensystems folgt,<br />

werden in <strong>die</strong>ses Nervensystem keine Informationen aufgenommen und verarbeitet,<br />

sondern lediglich innere Aktivitätsmuster variiert. Somit gibt es aus der<br />

Innenperspektive keine Innen-/Außen-Unterscheidungen. Nur aus der Außenperspektive<br />

(SIMON 1991, 2000b) kann zwischen dem Organismus und seiner<br />

Umwelt unterschieden werden, indem davon ausgegangen wird, dass sich in der<br />

Interaktion mit der Umwelt der motorische Ausgang mit dem sensorischen<br />

<strong>Ein</strong>gang verbindet und <strong>die</strong> selbstbezügliche Schleife (Selbstorganisation) schließt.<br />

Veränderungen in der Umwelt eines Systems wirken lediglich als „Perturbationen<br />

3 “. Durch eine Perturbation gerät ein System in eine „Krise“ und verläßt<br />

den Ruhezustand. Die alten Operationen verlieren ihren Nutzen, was nicht nur<br />

negativ, sondern auch positiv sein kann und führen zu einer neuen Anpassung,<br />

da ein System sich verändern muss, wenn es <strong>über</strong>leben will. Ohne Perturbationen<br />

und „Krisen“, ohne „Störungen“ von Ruhe und Ordnung gibt es keine Evolution.<br />

Somit sind Perturbationen Störungen und Anregungen, Chancen und Gefahren.<br />

Im Prozess der strukturellen Kopplung vollziehen <strong>Systeme</strong> einen Entwicklungsprozess,<br />

indem jedes System <strong>die</strong> Überlebensbedingungen und Selektionskriterien<br />

für das Verhalten und <strong>die</strong> Strukturen anderer <strong>Systeme</strong> beeinflußt. <strong>Systeme</strong><br />

entwickeln sich koevolutiv, was nicht Kausalbeziehungen, sondern Gleichzei-<br />

1 Die Atmung ist ein Beispiel der ständigen Verbindung zwischen Leib, Psyche und<br />

<strong>sozialer</strong> Umwelt. Nur im Zusammenspiel <strong>die</strong>ser <strong>Systeme</strong> können Menschen <strong>über</strong>leben.<br />

2 Strukturelle Kopplung wird als ein Prozess wechselseitiger Anpassung verstanden, der<br />

zu einer zumindest vor<strong>über</strong>gehenden Ruhe führt, wenn sich beide <strong>Systeme</strong> nicht mehr<br />

„stören“.<br />

3 Perturbation meint Beunruhigung, Störung und Anregung.

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