Ein Überblick über die Theorie sozialer Systeme ... - Systemagazin
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nismöglichkeiten werden als Teil des Systemkontextes mit einbezogen. Für VON<br />
FOERSTER (1996) ist jede Erkenntnistheorie, <strong>die</strong> einen Anspruch auf Geschlossenheit<br />
und Vollständigkeit erhebt, im Grunde eine kybernetische <strong>Theorie</strong>, da das<br />
zentrale Konzept <strong>die</strong> Zirkularität, <strong>die</strong> Rekursivität sei. VON SCHLIPPE und<br />
SCHWEIZER (1997) verweisen jedoch mit Recht darauf, dass auch Ansätze der<br />
Kybernetik erster Ordnung weiterhin von Bedeutung sind. So ist es z.B. durchaus<br />
hilfreich, Hierarchien, Koalitionen, Systemgrenzen und andere Phänomene in<br />
Familien zu beschreiben.<br />
LUHMANN entwickelte für <strong>die</strong> Soziologie mit dem funktional-strukturellen Ansatz<br />
den system-funktionalen Ansatz von PARSONS weiter. Dieser Ansatz „radikalisierte<br />
<strong>die</strong> funktionale Analyse“ (WILLKE 1996, S. 6). LUHMANN (1984) fragte<br />
zunächst nach den Funktionen offener <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong>, nach dem Warum und<br />
dem Wie von Systembildung, der Grenzziehung zur Systemumwelt und der<br />
Komplexitätserhöhung durch funktionale Differenzierung. Mit der Übernahme des<br />
Autopoiese-Konzeptes, der von der Biologie her argumentierenden Systemtheoretiker<br />
MATURANA und VARELA, verlagerte sich LUHMANNS Interesse auf<br />
Fragen nach den Grundprozessen <strong>sozialer</strong> <strong>Systeme</strong>. In den Mittelpunkt seiner<br />
Forschungen rückten <strong>die</strong> Themen Beobachtung, Differenzierung, Kommunikation,<br />
Verknüpfung, Sinn sowie <strong>die</strong> Selbstreferenz. Aus einer <strong>Theorie</strong> offener <strong>Systeme</strong><br />
wurde nun eine <strong>Theorie</strong> selbstreferentieller <strong>Systeme</strong>.<br />
LUHMANN versuchte zu beobachten, wie <strong>Systeme</strong> beobachten. Damit <strong>die</strong>s<br />
<strong>über</strong>haupt möglich sein konnte, musste er mit einer ontologischen Setzung<br />
beginnen, nämlich, „dass es <strong>Systeme</strong> gibt“ (1984, S. 30). Somit sind <strong>Systeme</strong><br />
weder analytische Konstruktionen, noch Modelle, sondern objektive Bestandteile<br />
der Realität. Hierauf aufbauend definiert WILLKE (1993, S. 282) <strong>Systeme</strong> als<br />
"einen ganzheitlichen Zusammenhang von Teilen, deren Beziehung untereinander<br />
quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehung<br />
zu anderen Elementen. Diese Unterschiedlichkeit der Beziehung konstituiert eine<br />
Systemgrenze, <strong>die</strong> System und Umwelt des Systems trennt".<br />
<strong>Systeme</strong> können als Konstrukte menschlicher Erkenntnis, als Folgen der<br />
zirkulären Bewegung von Beobachten und Denken (LUDEWIG 1995) betrachtet