Editorial - Agile
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AGILE - Behinderung und Politik, Ausgabe 01/04<br />
Ziel dabei kann nicht sein, die Renten restriktiver zu verteilen als bis anhin; es geht in erster<br />
Linie darum, so vielen Versicherten wie möglich ihre Arbeitsstelle zu erhalten. Wenn man nun<br />
wirklich will, dass Personen mit einer bestehenden oder voraussichtlichen künftigen<br />
Behinderung ihre Arbeitsstelle behalten (womöglich nach einer Umschulung) oder eine neue<br />
finden können, so wird man nicht mehr am Personal sparen dürfen, das dazu ausgebildet ist,<br />
in den Unternehmen Stellen zu suchen. Das ist die klassische Form einer Investition: Man<br />
gibt hundert Rappen aus und gewinnt damit hundert Franken. Im vorliegenden Fall geht es<br />
darum, die IV besser zu organisieren, damit der Grundsatz "Integration vor Rente" mehr und<br />
mehr zum Tragen kommen kann.<br />
Besser Arbeitsstellen als Renten: erste Versuche<br />
Die IV-Stelle Luzern und Profil Sankt Gallen haben vor drei Jahren begonnen, nach diesem<br />
Grundsatz zu arbeiten. Es wurden persönliche Kontakte zu Unternehmen geknüpft. Im<br />
Gegensatz zu den IV-Stellen kann die Stiftung Profil ihre Kunden, die sie unterstützt, dazu<br />
verpflichten, einen Motivationsnachweis zu erbringen. Dieser kann beispielsweise darin<br />
bestehen, dass in Eigeninitiative Anstrengungen zur Stellensuche unternommen – und<br />
nachgewiesen – werden. Immerhin kann selbst die IV-Stelle dank des Netzes an<br />
Unternehmen, bei denen sie sich als Spezialistin für Wiedereingliederung positionieren<br />
konnte, einen gewissen Erfolg ausweisen: Die Zahlen zeigen auf, dass ein/e<br />
ArbeitsvermittlerIn rund 50 Arbeitsplätze pro Jahr in der freien Wirtschaft für Personen mit<br />
einer Behinderung finden kann. Von den 50 Personen ist mindestens die Hälfte nicht mehr<br />
auf eine Rente angewiesen, gut ein Viertel bezieht eine halbe Rente, 6 % eine Viertelrente<br />
und etwa 10 % sind, trotz Anstellung, auf eine volle Rente angewiesen. 9 Laut dem Vorsteher<br />
der IV-Stelle Luzern können dank diesem Vorgehen mehrere hunderttausend Franken pro<br />
Jahr und ArbeitsvermittlerIn eingespart werden, und dies nach Abzug des Salärs und der<br />
Sozialleistungen für den/die betreffende/n IV-Stellen-Angestellte/n.<br />
Welche Vorkehrungen müssen gegeben sein?<br />
Schnelligkeit<br />
Wenn die Abklärungsmittel und die Reaktionszeit der IV-Stellen so bleiben, wie sie sind -<br />
heute kann es zwei Jahre dauern, bis der Entscheid vorliegt -, so ist eine Wiederaufnahme<br />
des Verfahrens nach beispielsweise 2 Jahren unzulässig. Der Entscheid in Bezug auf die<br />
Integrationspauschale müsste deshalb notwendigerweise viel rascher erfolgen als der<br />
gegenwärtige Rentenentscheid. Natürlich kann eine derart rasch gefällte Entscheidung nicht<br />
sämtliche Zuteilungskriterien erfüllen, die bei einer endgültig gesprochenen Rente zur<br />
Anwendung gelangen müssen. Nachprüfungen werden nicht zu vermeiden sein. Wir möchten<br />
aber schon jetzt warnen vor Neueinschätzungen, wie sie in gewissen Fällen vorgenommen<br />
wurden. Der folgende Fall hat sich zwar nicht in einer IV-Stelle ereignet, ist aber deshalb<br />
nicht weniger real: Eine Person, der beide Augen herausgenommen worden waren, musste<br />
sich periodisch einem Sehtest unterziehen… Nachahmenswert ist das garantiert nicht!<br />
9 Neue Zürcher Zeitung vom 16. Januar 2004.<br />
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