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Editorial - Agile

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AGILE - Behinderung und Politik, Ausgabe 01/04<br />

grösseres Engagement der betroffenen Personen. Das geht aber nicht auf! Deshalb fordert<br />

der SGB die Schaffung von ökonomischen Anreizen für Arbeitgeber: durch einen besseren<br />

Kündigungsschutz bei Krankheit und ein Quotensystem für die Beschäftigung von<br />

Behinderten. Zudem sind Investitionen in die Prävention (besserer Gesundheitsschutz am<br />

Arbeitsplatz) billiger als in der Wiedereingliederung und als Renten. "Wiedereingliederung vor<br />

Rente": Die Umsetzung dieses Grundsatzes darf nicht alleine dem IV-Apparat und den<br />

Betroffen aufgebürdet werden. Auch die Arbeitgeber müssen das ihre dazu beitragen!<br />

Die IV-Strukturen verbessern<br />

Bei den Rentenquoten gibt es grosse Unterschiede unter den Kantonen, die sich nur<br />

teilweise durch objektive Faktoren erklären lassen. Sie sind auch auf unterschiedliche<br />

Vorgehensweisen und Dossierbehandlungen der IV-Stellen zurückzuführen, vor allem bei der<br />

Wiedereingliederung. Obwohl die IV eine eidgenössische Versicherung ist, haben die<br />

Versicherten also keine Chancengleichheit. Eine frühere, bessere und einheitliche<br />

Wiedereingliederung und eine Harmonisierung der Rentenzusprache setzen voraus, dass die<br />

Unterschiede reduziert werden. Dazu muss der Bund mehr Kompetenzen erhalten und<br />

einheitliche Vorgaben durchsetzen können. Eine stärkere Aufsicht des Bundes setzt<br />

Änderungen der heutigen, veralteten Strukturen voraus. Dezentrale Stellen "vor Ort", nahe<br />

bei den Versicherten, braucht es aber auf jeden Fall weiterhin, eine Zentralisierung der IV in<br />

Bern würde also keinen Sinn ergeben. Die Vertreter der Beitragszahlenden fordern zudem, in<br />

der IV neu Mitsprache- und Mitwirkungsrechte zu erhalten, ähnlich wie in der SUVA oder in<br />

der Arbeitslosenversicherung. Gegenwärtig stehen mehrere Modelle zur Diskussion.<br />

Sachliche Diskussion statt populistische Verunglimpfung<br />

Diejenigen, die aus Populismus von einem massiven "Missbrauch" der IV sprechen, haben<br />

bisher keine Lösungsvorschläge präsentiert. Es wurden aber schon andere Vorschläge ins<br />

Spiel gebracht, die problematisch bis gefährlich sind. Personen mit bestimmten<br />

medizinischen Diagnosen von vornherein vom Anspruch auf eine IV-Rente auszuschliessen,<br />

würde die Funktion der IV als Existenzsicherung bei Invalidität zerstören. Stattdessen<br />

müssen die versicherungsmedizinischen Ressourcen und Kompetenzen der IV ausgebaut<br />

werden, damit sie solche Fälle besser abklären kann. Eine ähnlich negative Wirkung wie ein<br />

Ausschluss von bestimmten Diagnosen hätte die Einführung einer Mindestbeitragsdauer. In<br />

einer Versicherung, die auch bei Geburts- und Frühinvalidität Leistungen erbringt, in der die<br />

ganze Bevölkerung von Geburt an versichert ist und in der es um die Existenzsicherung geht,<br />

wäre das zudem systemfremd. Die Abschaffung von Leistungen, die insgesamt für die IV-<br />

Rechnung "peanuts", für die einzelnen Behinderten aber sehr wichtig sind, wie etwa die<br />

Übernahme von Transportkosten, ergibt ebenfalls keinen Sinn. Eine Einschränkung der<br />

Verfahrensrechte der Versicherten – etwa durch Kostenpflichtigkeit oder gar Abschaffung der<br />

Einsprachemöglichkeit – mag auf den ersten Blick angesichts der Prozesslawine verlockend<br />

klingen, kann aber nicht die Lösung sein, da damit elementare Rechtsgrundsätze der<br />

Versicherten verletzt würden.<br />

Der Handlungsbedarf ist anerkannt. Es braucht tiefgreifende Reformen. Es muss ohne<br />

Verzögerung gehandelt werden, dies umso mehr, als es nach einer Gesetzesrevision auch<br />

noch Zeit für die Umsetzung und für den Aufbau der neuen Strukturen braucht. Deshalb ist<br />

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