04.11.2014 Aufrufe

4 - brak-mitteilungen.de

4 - brak-mitteilungen.de

4 - brak-mitteilungen.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

148 Aufsätze BRAK-Mitt. 4/2008<br />

Lemke, Sind Zweigstellen von Rechtsanwaltskanzleien als solche zukennzeichnen?<br />

als solche zutreffend. Eine Irreführung durch konklu<strong>de</strong>ntes<br />

Han<strong>de</strong>ln erscheint hier eher fraglich. Tatsächlich dürften die<br />

Fälle <strong>de</strong>r unterbliebenen Aufklärung über <strong>de</strong>n Zweigstellenstatus<br />

auch durchweg unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Irreführung<br />

durch Unterlassen zu prüfen sein. Wie sich aus §5 Abs. 2<br />

Satz 2UWG ergibt, kann auch das Verschweigen einer Tatsache<br />

irreführend sein. Danach sind bei <strong>de</strong>r Beurteilung einer Irreführung<br />

durch Verschweigen einer Tatsache insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>ren<br />

Be<strong>de</strong>utung für die Entscheidung zum Vertragsschluss nach<br />

<strong>de</strong>r Verkehrsauffassung sowie die Eignung <strong>de</strong>s Verschweigens<br />

zur Beeinflussung <strong>de</strong>r Entscheidung zu berücksichtigen. Hieraus<br />

folgt aber keine Pflicht zu einer umfassen<strong>de</strong>n Aufklärung;<br />

eine solche wird von einem verständigen Verbraucher auch<br />

nicht erwartet. Vielmehr ergibt sich aus <strong>de</strong>m Irreführungsverbot<br />

eine Verpflichtung zu aufklären<strong>de</strong>n Hinweisen im Grundsatz<br />

erst dann, wenn eine Werbung konkrete, für die Entscheidung<br />

über <strong>de</strong>n Vertragsschluss relevante irrige Vorstellungen hervorruft.<br />

17<br />

Be<strong>de</strong>utsam dürften insoweit auch die Bestimmungen <strong>de</strong>r Richtlinie<br />

2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sein<br />

(UGP-RL). Diese Richtlinie wur<strong>de</strong> am11.05.2005 erlassen und<br />

musste von <strong>de</strong>n Mitgliedsstaaten bis zum 12.06.2007 in nationales<br />

Recht umgesetzt wer<strong>de</strong>n. In Deutschland ist dies bislang<br />

unterblieben: Der Referentenentwurf <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sministeriums<br />

für ein <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r Richtlinie dienen<strong>de</strong>s „Erstes Gesetz<br />

zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Gesetzes gegen <strong>de</strong>n unlauteren Wettbewerb“<br />

(1. UWG-Än<strong>de</strong>rungsG) liegt erst seit <strong>de</strong>m 27.7.2007 vor<br />

und erst am 21.5.2008 beschloss nun das Bun<strong>de</strong>skabinett einen<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Gesetzentwurf. 18 Eine unmittelbare Anwendung<br />

<strong>de</strong>r Richtlinie kommt nach <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r<br />

„Marshall“ 19 - „Faccini Dori“ 20 - und „El Corti Inglés“ 21 -Entscheidungen<br />

<strong>de</strong>s EuGH nicht infrage. Die Bestimmungen <strong>de</strong>s<br />

nationalen Rechts, also insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r §§ 3und 5UWG,<br />

sind in<strong>de</strong>s nach zwei jüngeren Entscheidungen <strong>de</strong>s OLG<br />

Hamm 22 sowie <strong>de</strong>s Kammergerichtes Berlin 23 richtlinienkonform<br />

auszulegen, was auch bereits nach <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r<br />

„Pfeifer“-Entscheidung 24 <strong>de</strong>s EuGH gilt. Damit sind die Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>r Richtlinie gleichsam indie Unlauterkeitstatbestän<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s UWG „hineinzulesen“.<br />

Nach Art. 7Abs. 1<strong>de</strong>r UGP-RL gilt nun eine Geschäftspraxis<br />

als irreführend,<br />

„wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen<br />

Umstän<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r Beschränkungen <strong>de</strong>s Kommunikationsmediums<br />

wesentliche Informationen vorenthält, die <strong>de</strong>r<br />

durchschnittliche Verbraucher je nach <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n benötigt,<br />

um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen,<br />

und die somit einen Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen<br />

Entscheidung veranlasst o<strong>de</strong>r zu veranlassen geeignet<br />

ist, die ersonst nicht getroffen hätte“.<br />

Nach Art. 7Abs. 2UGP-RL gilt als irreführen<strong>de</strong> Unterlassung<br />

auch, wenn ein Gewerbetreiben<strong>de</strong>r wesentliche Informationen<br />

verheimlicht o<strong>de</strong>r auf unklare, unverständliche, zwei<strong>de</strong>utige<br />

Weise o<strong>de</strong>r nicht rechtzeitig bereitstellt und dies jeweils einen<br />

Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung<br />

veranlasst o<strong>de</strong>r zuveranlassen geeignet ist, die eransonsten<br />

nicht getroffen hätte.<br />

17 Vgl. BGH, GRUR 2007, 247, 250 –„Regenwaldprojekt I“; BGH<br />

GRUR 2007, 250, 252 –„Regenwaldprojekt II“.<br />

18 BR-Drucks. 345/08.<br />

19 EuGH, NJW 1986, 2178.<br />

20 EuGH, NJW 1994, 2473.<br />

21 EuGH, NJW 1996, 1401.<br />

22 Beschl. v.13.3.2008, Az. I-4 U192/07.<br />

23 Urt. v. 25.1.2008, Az. 5W344/07; BeckRS 2008 04033.<br />

24 EuGH, NJW 2006, 2465.<br />

Als „wesentlich“ gelten nach Art. 7Abs. 4lit. b)für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r<br />

„Auffor<strong>de</strong>rung zum Kauf“ (<strong>de</strong>r u.a. die Inanspruchnahme einer<br />

Dienstleistung nach Art. 2lit. c) und i) UGP-RL gleichgestellt<br />

ist)<br />

–Anschrift und I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>s Gewerbetreiben<strong>de</strong>n (o<strong>de</strong>r Freiberuflers;<br />

Art. 2lit. b) UGP-RL), wie sein Han<strong>de</strong>lsname und<br />

ggf. Anschrift und I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>s Gewerbetreiben<strong>de</strong>n, für <strong>de</strong>n<br />

er han<strong>de</strong>lt.<br />

Der Regierungsentwurf zum 1. UWG-Än<strong>de</strong>rungsG vom<br />

21.5.2007 sieht <strong>de</strong>mentsprechend in Art. 1Nr. 6die Einführung<br />

eines §5aUWG (UWG-E) vor, <strong>de</strong>r in Abs. 1, Abs. 2und<br />

Abs. 3Nr. 2wie folgt lautet:<br />

„§ 5aIrreführung durch Unterlassen<br />

(1) Bei <strong>de</strong>r Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend<br />

ist, sind insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung für die geschäftliche<br />

Entscheidung nach <strong>de</strong>r Verkehrsauffassung sowie<br />

die Eignung <strong>de</strong>s Verschweigens zur Beeinflussung <strong>de</strong>r Entscheidung<br />

zu berücksichtigen.<br />

(2) Unlauter han<strong>de</strong>lt, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern<br />

im Sinne <strong>de</strong>s §3Abs. 2dadurch beeinflusst, dass er<br />

eine Information vorenthält, die imkonkreten Fall unter Berücksichtigung<br />

aller Umstän<strong>de</strong> einschließlich <strong>de</strong>r Beschränkungen<br />

<strong>de</strong>s Kommunikationsmittels wesentlich ist.<br />

(3) Wer<strong>de</strong>n Waren o<strong>de</strong>r Dienstleistungen unter Hinweis auf <strong>de</strong>ren<br />

Merkmale und Preis ineiner <strong>de</strong>m verwen<strong>de</strong>ten Kommunikationsmittel<br />

angemessenen Weise so angeboten, dass ein<br />

durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann,<br />

gelten folgen<strong>de</strong> Informationen als wesentlich imSinne <strong>de</strong>s Absatzes<br />

2, sofern sie sich nicht unmittelbar aus <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n<br />

ergeben:<br />

1. ...<br />

2. die I<strong>de</strong>ntität und Anschrift <strong>de</strong>s Unternehmers, gegebenenfalls<br />

die I<strong>de</strong>ntität und Anschrift <strong>de</strong>s Unternehmers, für <strong>de</strong>n er<br />

han<strong>de</strong>lt;<br />

....“<br />

§5a UWG-E soll die bisherige Bestimmung <strong>de</strong>s § 5 Abs. 2<br />

Satz 2UWG ersetzen, was nicht nur inAnbetracht <strong>de</strong>s (nicht<br />

abschließen<strong>de</strong>n) Katalogs <strong>de</strong>s §5aAbs. 3 UWG-E eine nicht<br />

unwesentliche Än<strong>de</strong>rung gegenüber <strong>de</strong>r bisherigen Rechtslage<br />

zur Folge hat. Hinzu kommt nämlich weiter, dass nunmehr für<br />

die Beurteilung <strong>de</strong>r Wesentlichkeit einer verschwiegenen Tatsache<br />

nicht mehr nur auf <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung für die „Entscheidung<br />

zum Vertragsschluss“ abzustellen ist, son<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung<br />

für die „geschäftliche Entscheidung“, bei welcher es sich<br />

nach Art. 2lit. k) UGP-RL und §2Abs. 1Nr. 1UWG-E auch<br />

um die nachvertragliche Entscheidung <strong>de</strong>s Verbrauchers über<br />

die Geltendmachung von vertraglichen Rechten han<strong>de</strong>ln<br />

kann. 25 Unlauter ist daher auch das Unterlassen von Angaben,<br />

die für die Durchsetzung von Rechten <strong>de</strong>r Verbraucher wesentlich<br />

sind.<br />

Fraglich ist damit, ob<strong>de</strong>r Umstand, dass es sich bei einer Kanzlei<br />

nur um die Zweigstelle einer an<strong>de</strong>rweit ansässigen Hauptstelle<br />

han<strong>de</strong>lt, für <strong>de</strong>n Durchschnittsverbraucher wesentlich ist<br />

und ihn das Unterlassen eines entsprechen<strong>de</strong>n Hinweises zu<br />

einer Auswahlentscheidung veranlassen kann, die er sonst<br />

nicht getroffen hätte. Diese Frage ist zu bejahen –insbeson<strong>de</strong>re<br />

wenn man mit Römermann die Auffassung vertritt, die Kanzleipflicht<br />

gelte nur für die Haupt-, nicht jedoch für die Zweigstelle.<br />

26 Denn für <strong>de</strong>n Durchschnittsverbraucher wird neben <strong>de</strong>r<br />

Qualifikation auch die Erreichbarkeit seines Anwaltes nicht un-<br />

25 Hierzu vgl. BegrRegE zu§2Abs. 1Nr. 1und §5aAbs. 1UWG-E.<br />

26 Römermann, AnwBl. 2007, 609, 611.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!