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180 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 4/2008<br />

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />

[11] Für die akzessorische Verpflichtung aller Sozien macht es<br />

dabei keinen Unterschied, ob es sich um eine örtliche o<strong>de</strong>r um<br />

eine überörtliche Anwaltssozietät i.S.v. §59a BRAO han<strong>de</strong>lt.<br />

Zum einen kann esfür die Verpflichtung <strong>de</strong>r rechtsfähigen GbR<br />

nicht darauf ankommen, wo sich die einzelnen Gesellschafter<br />

örtlich nie<strong>de</strong>rgelassen haben; zum an<strong>de</strong>ren will <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong><br />

in aller Regel gera<strong>de</strong> auch die Vorteile für sich in<br />

Anspruch nehmen, die sich aus <strong>de</strong>r gesamten Größe <strong>de</strong>r Kanzlei<br />

und <strong>de</strong>r überregionalen Zusammenarbeit von spezialisierten<br />

Sozietätsmitglie<strong>de</strong>rn ergeben (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO,<br />

6. Aufl., §59a Rdnr. 12). Ist einer (überörtlichen) Anwaltssozietät<br />

das Mandat zur Führung eines Rechtsstreits erteilt, schul<strong>de</strong>n<br />

grundsätzlich alle anwaltlichen Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Sozietät die<br />

Erfüllung <strong>de</strong>r Anwaltspflichten (a.A. OLG Düsseldorf, NJW-RR<br />

1995, 376). Nur bei Vorliegen beson<strong>de</strong>rer Umstän<strong>de</strong> ist von<br />

<strong>de</strong>r Begründung eines auf die Sozien einer bestimmten Nie<strong>de</strong>rlassung<br />

beschränkten Mandats o<strong>de</strong>r von einem Einzelmandat<br />

auszugehen (vgl. BGHZ 124, 47, 49; 56, 355, 361).<br />

[12] b) Es kann hier dahinstehen, ob mit <strong>de</strong>r Verpflichtung aller<br />

RAe einer überörtlichen Sozietät aus <strong>de</strong>m Anwaltsvertrag stets<br />

eine nach außen gerichtete Prozessvollmacht für je<strong>de</strong>n Sozius<br />

einhergeht (verneinend KG, NJW 1994, 3111 f.). Es greift<br />

bereits zu kurz, die Erstattung <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Terminswahrnehmung<br />

verbun<strong>de</strong>nen Reisekosten <strong>de</strong>s am Wohnsitz <strong>de</strong>r<br />

Kl. ansässigen Prozessbevollmächtigtenallein mit<strong>de</strong>m Hinweis<br />

auf das formale, mit <strong>de</strong>n am Gerichtsort nie<strong>de</strong>rgelassenen<br />

Sozien bestehen<strong>de</strong> Mandatsverhältnis abzulehnen (so aber mit<br />

<strong>de</strong>m Beschwer<strong>de</strong>gericht die wohl h.M., vgl. OLG Hamburg,<br />

OLGR 2003, 152; OLG Bamberg, OLGR 2005, 127 f.; OLG<br />

Bran<strong>de</strong>nburg, MDR 2007, 245; OLG Nürnberg, MDR 2007,<br />

56 f.; OLG Köln, OLG-Report 2007, 66 f.; OLG München,<br />

FamRZ 2002, 1129; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., §91<br />

Rdnr. 13 Stichwort: Reisekosten <strong>de</strong>s Anwalts; Thomas/Putzo/<br />

Hüßtege, ZPO, 28. Aufl., §91 Rdnr. 42a; Musielak/Wolst,<br />

ZPO, 5. Aufl., §91Rdnr. 19). Zwar hatten diese die Möglichkeit,<br />

die Verhandlungstermine in Berlin kostengünstiger<br />

wahrzunehmen. Die Beurteilung <strong>de</strong>r Frage, obaufgewen<strong>de</strong>te<br />

Prozesskosten zur zweckentsprechen<strong>de</strong>n Rechtsverfolgung<br />

o<strong>de</strong>r Rechtsverteidigung notwendig i.S.d. § 91 Abs. 2 Satz 1<br />

Halbs. 2ZPO waren, hat sich jedoch nicht nur an <strong>de</strong>r formalen<br />

Verpflichtung <strong>de</strong>r Sozien aus <strong>de</strong>m Anwaltsvertrag auszurichten.<br />

Es ist vielmehr auch zuberücksichtigen, ob eine verständige<br />

und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösen<strong>de</strong><br />

Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich<br />

ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse<br />

verfolgen und die zur Wahrnehmung ihrer Belange erfor<strong>de</strong>rlichen<br />

Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren<br />

gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen<br />

(vgl. BGH, Beschl. v.13.9.2005 –XZB 30/04 –NJW-RR<br />

2005, 1662; v. 11.11.2003 –VIZB41/03 –NJW-RR 2004, 430<br />

und v. 16.10.2002 –VIII ZB 30/02 –NJW 2003, 898, 900).<br />

[13] Mit Rücksicht darauf kann eine auswärtige Partei nicht<br />

darauf verwiesen wer<strong>de</strong>n, ihre Vertretung im Termin zur Kostenersparnis<br />

einem am Sitz <strong>de</strong>s Prozessgerichts ansässigen<br />

Anwalt <strong>de</strong>r mandatierten überörtlichen Sozietät zu überlassen.<br />

Rechtsanwalt<br />

<strong>de</strong>s Vertrauens<br />

[14] aa) Der BGH hat bereits im<br />

Zusammenhang mit <strong>de</strong>r grundsätzlichen<br />

Anerkennung <strong>de</strong>r<br />

Erstattungsfähigkeit von Terminsreisekosten<br />

<strong>de</strong>s am Wohn- o<strong>de</strong>r Geschäftssitz <strong>de</strong>r Partei<br />

nie<strong>de</strong>rgelassenen RA betont, dass <strong>de</strong>r Mandant ein Interesse<br />

daran hat, von einem RA seines Vertrauens auch vor auswärtigen<br />

Zivilgerichten vertreten zuwer<strong>de</strong>n (vgl. BGH, Beschl. v.<br />

11.3.2004 – VII ZB 27/03 – FamRZ 2004, 939 f. und v.<br />

16.10.2002 –VIII ZB 30/02 –NJW 2003, 898, 901). Denn bei<br />

<strong>de</strong>r Entscheidung über die Kosten <strong>de</strong>s am Gerichtsort nicht<br />

ansässigen Prozessbevollmächtigten muss <strong>de</strong>m Bedarf anpersönlichem<br />

Kontakt und <strong>de</strong>m Vertrauensverhältnis zwischen <strong>de</strong>r<br />

Partei und <strong>de</strong>m von ihr ausgewählten RARechnung getragen<br />

wer<strong>de</strong>n, zumal einem Zivilprozess in vielen Fällen eine vorgerichtliche<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung vorausgeht (vgl. BGH, Beschl. v.<br />

11.3.2004 – VII ZB 27/03 – FamRZ 2004, 939 f.). Dieser<br />

Gesichtspunkt war ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Grund für die Än<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>s Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/<br />

4993, 43, 53). Auch das BVerfG hat im Streit um die Singularo<strong>de</strong>r<br />

Simultanzulassung von RAen das beson<strong>de</strong>re Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Anwalt und Mandant, das auf Aktenkenntnis<br />

imkonkreten Fall o<strong>de</strong>r auch auf langjähriger Beratung<br />

und erfolgreicher Zusammenarbeit grün<strong>de</strong>n könne, als einen<br />

rechtlich anzuerkennen<strong>de</strong>n Vorteil aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>s Mandanten<br />

gewürdigt (BVerfGE 103, 1, 16).<br />

[15] bb) Ein solches Vertrauensverhältnis bestand zwischen <strong>de</strong>r<br />

Kl. und <strong>de</strong>n am Prozessgericht in Berlin nie<strong>de</strong>rgelassenen RAen<br />

<strong>de</strong>r mandatierten überörtlichen Sozietät nicht.<br />

[16] Wenn eine Partei eine anihrem Wohnsitz ansässige überörtliche<br />

Sozietät mit ihrer anwaltlichen Vertretung beauftragt,<br />

wird das Mandat regelmäßig ein amWohnsitz <strong>de</strong>r Partei nie<strong>de</strong>rgelassener<br />

Sozius bearbeiten. Auch hier wird für die Partei<br />

trotz <strong>de</strong>r überregionalen Ausrichtung <strong>de</strong>r Kanzlei die räumliche<br />

Nähe im Vor<strong>de</strong>rgrund stehen. Zwischen <strong>de</strong>m sachbearbeiten<strong>de</strong>n<br />

Anwalt und <strong>de</strong>r Partei besteht infolge von persönlichen<br />

Beratungsgesprächen, <strong>de</strong>r außergerichtlichen bzw. gerichtlichen<br />

Wahrnehmung <strong>de</strong>s Mandats und <strong>de</strong>r damit verbun<strong>de</strong>nen<br />

beson<strong>de</strong>ren Akten- und Sachkenntnis<strong>de</strong>s Anwalts ein beson<strong>de</strong>res<br />

Vertrauensverhältnis.<br />

[17] Dieses Verhältnis ist mit <strong>de</strong>mjenigen zu<strong>de</strong>n am Sitz <strong>de</strong>s<br />

Prozessgerichts nie<strong>de</strong>rgelassenen Sozien –mit <strong>de</strong>nen ein formales<br />

Mandatsverhältnis, aber kein persönliches Vertrauensverhältnis<br />

besteht – nicht vergleichbar. Zwar will sich <strong>de</strong>r<br />

Rechtsuchen<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>r Mandatierung einer überörtlichen Sozietät<br />

gera<strong>de</strong> die Vorteile zunutze machen, die ihm eine solche<br />

Sozietät bietet. Ihm wird aber bekannt sein, dass innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Sozietät grundsätzlich nur einer <strong>de</strong>r Anwälte allein o<strong>de</strong>r<br />

zumin<strong>de</strong>st fe<strong>de</strong>rführend eine Sache bearbeitet. Ein Mandant<br />

wird darauf sogar Wert legen, weil er nicht alle Anwälte, son<strong>de</strong>rn<br />

nur einen aufsuchen und informieren will, <strong>de</strong>n er persönlich<br />

kennt, <strong>de</strong>r ihn vor Gericht vertritt und mit <strong>de</strong>m er seine<br />

Angelegenheiten besprechen kann. Auf das, was das Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Mandant und Anwalt begrün<strong>de</strong>t<br />

und festigt, will er bei <strong>de</strong>r Beauftragung einer Sozietät gera<strong>de</strong><br />

nicht verzichten. Vielmehr will er nur insofern besserstehen, als<br />

er die Gewissheit hat, dass hinter „seinem“ Anwalt die Sozietät<br />

mit ihren Vorteilen in Bezug auf Organisation und Arbeitsteilung<br />

steht. Der Mandant weiß, dass bei Verhin<strong>de</strong>rung „seines“<br />

Anwalts stets für Vertretung gesorgt ist. Wenn seine Sache von<br />

einem <strong>de</strong>r Sozien bearbeitet wird, <strong>de</strong>r noch über keine große<br />

Erfahrung verfügt, rechnet ervielfach damit, dass dieser erfor<strong>de</strong>rlichenfalls,<br />

insbeson<strong>de</strong>re inSpezialfragen, bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

Sozietätsmitglie<strong>de</strong>rn Rat einholen wird. Denn die gemeinsame<br />

Nutzung <strong>de</strong>r Berufserfahrung und die Pflege <strong>de</strong>s Gedankenaustauschs<br />

gehört zum Zweck <strong>de</strong>r Sozietät (BGHZ 56, 355, 360).<br />

[18] Wenn aber unter <strong>de</strong>n oben (Ziffer II. 2) dargestellten Voraussetzungen<br />

das Interesse einer ihre Belange vernünftig und<br />

kostenbewusst wahrnehmen<strong>de</strong>n Partei anzuerkennen ist, sich<br />

vor einem auswärtigen Gericht durch <strong>de</strong>n an ihrem Wohno<strong>de</strong>r<br />

Geschäftssitz nie<strong>de</strong>rgelassenen RA ihresVertrauens vertreten<br />

zu lassen, darf es kostenrechtlich keinen Unterschied<br />

machen, ob dieser als Einzelanwalt tätig o<strong>de</strong>r Mitglied einer<br />

überörtlichen, auch am Ort <strong>de</strong>s Prozessgerichts ansässigen<br />

Sozietät ist. Die durch die Terminswahrnehmung anfallen<strong>de</strong>n<br />

Reisekosten <strong>de</strong>s amWohn- und Geschäftsort <strong>de</strong>r auswärtigen

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