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178 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 4/2008<br />

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />

Doch <strong>de</strong>r BGH durfte nicht von sich aus die alte Regelung<br />

für verfassungswidrig erklären. Denn das Verwerfungsmonopol<br />

<strong>de</strong>s Art. 100 Abs. 1GGsteht auch imFall eines außer<br />

Kraft getretenen Gesetzes alleine<strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

zu (s. dazu Müller-Terpitz in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf,<br />

GG, 11. Aufl. 2008, Art. 100 Rdnr. 12unter<br />

Verweis auf BVerfGE 91, 118 und BVerfGE 108, 186). Die<br />

Voraussetzung, dass die nicht mehr gelten<strong>de</strong> Regelung entscheidungserheblich<br />

sein muss (dazu Müller-Terpitz in:<br />

Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 11. Aufl. 2008,<br />

Art. 100 Rdnr. 17), ist hier zu<strong>de</strong>m ein<strong>de</strong>utig erfüllt, <strong>de</strong>nn auf<br />

<strong>de</strong>n Wortlaut <strong>de</strong>s §49b Abs. 4Satz 2BRAO kam esjaim<br />

entschie<strong>de</strong>nen Fall an, <strong>de</strong>nn ohne die Verfassungswidrigkeit<br />

dieser Vorschrift hätte <strong>de</strong>r BGH an<strong>de</strong>rs entschei<strong>de</strong>n müssen<br />

und die Klage wäre abzuweisen gewesen.<br />

Es lagen also alle Voraussetzungen für eine Vorlage an das<br />

BVerfG vor. So richtig begrün<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r IX. Zivilsenat auch<br />

nicht, warum er nicht vorlegt. Das Argument, dass <strong>de</strong>r<br />

Gesetzgeber jetzt eine an<strong>de</strong>re Regelung gefun<strong>de</strong>n hat, kann<br />

hier nicht entschei<strong>de</strong>nd sein. Denn dass <strong>de</strong>r Gesetzgeber<br />

eine Vorschrift an<strong>de</strong>rs fasst, be<strong>de</strong>utet ja nicht, dass die bisherige<br />

Vorschrift verfassungswidrig war. Der BGH fin<strong>de</strong>t<br />

auch selber in<strong>de</strong>r von ihm zitierten Gesetzesbegründung<br />

(Rdnr. 7<strong>de</strong>s Urteils) keine Aussage zur Verfassungswidrigkeit,<br />

son<strong>de</strong>rn nur zu <strong>de</strong>r Frage, dass eine Neuregelung erfor<strong>de</strong>rlich<br />

ist. Gleichwohl unterstellt er (Rdnr. 11 <strong>de</strong>s Urteils),<br />

dass eine Mangelhaftigkeit <strong>de</strong>s alten Rechts vorliege. Dies<br />

ist eine mutige Auslegung und Deutung <strong>de</strong>r Tätigkeit <strong>de</strong>s<br />

Gesetzgebers, die meines Erachtens so nicht haltbar ist.<br />

Raum für eine ohne Vorlage notwendige Schließung einer<br />

„Gesetzeslücke“ in verfassungskonformer Auslegung<br />

(Rdnr. 9<strong>de</strong>s Urteils) bestand ebenfalls nicht. Der Gesetzgeber<br />

hat sich bewusst für ein Inkrafttreten <strong>de</strong>r Neufassung <strong>de</strong>s<br />

§49b Abs. 4 BRAO zum 18.12.2007 entschie<strong>de</strong>n, eine<br />

Rückwirkung wäre auch gesetzestechnisch kaum machbar<br />

gewesen.<br />

Daher hätte <strong>de</strong>r BGH das Verfahren <strong>de</strong>m BVerfG gem.<br />

Art. 100 Abs. 1 GG vorlegen müssen. Grün<strong>de</strong> für eine<br />

beson<strong>de</strong>re Eilbedürftigkeit sind auch nicht zuerkennen.<br />

Insoweit hat die Anwaltliche Verrechnungsstelle AG in<br />

Köln, die das Verfahren betrieben hat, eine späte Genugtuung<br />

erfahren, dass ihre Rechtsauffassung, dass §49b Abs. 4<br />

BRAO nicht haltbar ist, auch rückwirkend bestätigt wor<strong>de</strong>n<br />

ist.<br />

2. Zu<strong>de</strong>m wirft die Entscheidung <strong>de</strong>s BGH auch die Frage<br />

auf, wie es jetzt mit <strong>de</strong>r Rückwirkung steht. Denn esgab<br />

eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die die Abtretung<br />

von Honoraransprüchen als nichtig, weil gegen eine<br />

gesetzliche Vorschrift verstoßend, angesehen haben. Jetzt<br />

wären diese Urteile falsch, <strong>de</strong>nn die Vorschrift war verfassungswidrig.<br />

Wie kann darauf jetzt reagiert wer<strong>de</strong>n? Sind<br />

jetzt Klagen wegen sittenwidriger Schädigung nach §826<br />

BGB möglich, wenn Honoraransprüche im Ergebnis nicht<br />

realisiert wer<strong>de</strong>n konnten (dies müsste wohl Voraussetzung<br />

für eine solche Klage sein). Von <strong>de</strong>n Fragen, wer hier Prozesskosten<br />

erstattet, einmal abgesehen. Kann sich <strong>de</strong>r Gegner,<br />

<strong>de</strong>r ja in <strong>de</strong>r Vergangenheit gewonnen hatte, jetzt darauf<br />

berufen, dass <strong>de</strong>r BGH die Entscheidung <strong>de</strong>r Verfassungswidrigkeit<br />

überhaupt nicht fällen durfte? Alles spannen<strong>de</strong><br />

Fragen, die hier zuklären sein wer<strong>de</strong>n.<br />

3. Zu<strong>de</strong>m sind beim IX. Zivilsenat noch über zehn weitere<br />

Verfahren zu <strong>de</strong>m Themenkomplex <strong>de</strong>r Wirksamkeit <strong>de</strong>r<br />

Abtretung von Honoraransprüchen anhängig. Hauptsächlich<br />

wehren sich wohl Rechtsschutzversicherungen gegen<br />

die Abtretung. Über die Grün<strong>de</strong> kann man nur mutmaßen.<br />

Ist <strong>de</strong>n Versicherern etwa Bange davor, dass Verrechnungsstellen<br />

bei <strong>de</strong>n Rechtsfragen <strong>de</strong>s Anwaltshonorars und <strong>de</strong>s<br />

RVG auf gleicher Höhe bei Kenntnis von Literatur und<br />

Rechtsprechung sind? Es ist zur hoffen, dass diese –nicht<br />

einmal für die Veröffentlichung in BGHZ vorgesehene Entscheidung<br />

–trotz aller dogmatischen Zweifel, von <strong>de</strong>n Versicherern<br />

anerkannt wird. ImSinne <strong>de</strong>r Rechtsklarheit wäre<br />

dies wünschenswert.<br />

4. Doch <strong>de</strong>r IX. Zivilsenat hat noch eine Reihe weiterer<br />

wichtiger Punkte mit entschie<strong>de</strong>n (Rdnr. 12ff. <strong>de</strong>s Urteils),<br />

diehiermit erwähnt wer<strong>de</strong>n müssen. Um es vorweg zu nehmen:<br />

Die Aussagen <strong>de</strong>s BGH stellen klar, dass die Neuregelung<br />

<strong>de</strong>s §49b Abs. 4BRAOnicht durch Versicherungsbedingungen<br />

etc. unterlaufen wer<strong>de</strong>n darf und dass bei Einhalten<br />

<strong>de</strong>r Vorraussetzungen <strong>de</strong>s Satzes 4 keine Grün<strong>de</strong><br />

mehr bestehen, irgendwie ein Abtretungsverbot zu konstruieren.<br />

a. Schon in<strong>de</strong>r Vergangenheit, so <strong>de</strong>r BGH zu Recht, war<br />

die oft verwen<strong>de</strong>te Zustimmungserklärung <strong>de</strong>s Mandanten<br />

(wie<strong>de</strong>rgegeben im Sachverhalt <strong>de</strong>s Urteils unter Rdnr. 2)<br />

ausreichend, um das Geheimhaltungsinteresse <strong>de</strong>s Mandanten<br />

zuschützen, sowie es jetzt inSatz 4vorgesehen ist.<br />

b. Auch war eine formularmäßige Abtretung zulässig<br />

(Rdnr. 13), <strong>de</strong>r BGH fin<strong>de</strong>t hier keine Punkte, die dagegen<br />

sprechen könnten. Dem ist ebenfalls zuzustimmen.<br />

c. Und das Abtretungsverbot <strong>de</strong>s §17 ARB ist jetzt nach <strong>de</strong>n<br />

klaren Worten <strong>de</strong>s BGH (Rdnr. 15<strong>de</strong>s Urteils) nicht mehr<br />

haltbar. Der BGH stellt fest, dass die Abtretung nicht –wie<br />

einige Rechtsschutzversicherer meinen –ihnen gegenüber<br />

unwirksam ist. Denn imentschie<strong>de</strong>nen Fall wur<strong>de</strong>n ja die<br />

Ansprüche vom Mandanten selber vertreten (prozesstaktisch<br />

sinnvoll gestaltet). Aber selbst wenn dies nicht <strong>de</strong>r Fall sein<br />

sollte, stellt sich die Frage, warum dies notwendig ist. Ein<br />

Abtretungsverbot wäre hier rechtlich meines Erachtens nicht<br />

haltbar. Denn warum soll auch <strong>de</strong>r rechtsschutzversicherte<br />

Mandant seine Ansprüche aus <strong>de</strong>m Vertrag nicht abtreten<br />

dürfen, fragt auch <strong>de</strong>r BGH zu Recht. Grün<strong>de</strong>, warum dies<br />

so sein muss, fin<strong>de</strong> ich –wie <strong>de</strong>r BGH –nicht. Esist zu hoffen,<br />

dass die Versicherer hier ihre Bedingungen än<strong>de</strong>rn.<br />

Insgesamt: Die Entscheidung ist imErgebnis sehr zu begrüßen,<br />

nicht aber <strong>de</strong>r Weg zur Begründung <strong>de</strong>r Verfassungswidrigkeit.<br />

RA Martin W. Huff, Mitglied <strong>de</strong>s Vorstands <strong>de</strong>r Rechtsanwaltskammer<br />

Köln, Leverkusen<br />

Vergütung –Reisekosten <strong>de</strong>s RA bei überörtlicher Anwaltssozietät<br />

ZPO §91 Abs. 2Satz 1Halbs. 2<br />

Die durch die Terminswahrnehmung anfallen<strong>de</strong>n Reisekosten<br />

eines amWohn- o<strong>de</strong>r Geschäftssitz <strong>de</strong>r auswärtigen Partei ansässigen<br />

Prozessbevollmächtigten sind regelmäßig nach §91Abs. 2<br />

Satz 1Halbs. 2ZPO als zur zweckentsprechen<strong>de</strong>n Rechtsverfolgung<br />

notwendig anzusehen und damit erstattungsfähig. Dieser<br />

Grundsatz gilt selbst dann, wenn <strong>de</strong>r sachbearbeiten<strong>de</strong> RAeiner<br />

überörtlichen Anwaltssozietät angehört, die auch am Sitz <strong>de</strong>s<br />

Prozessgerichts mit dort postulationsfähigen RAen vertreten ist.<br />

BGH, Beschl. v. 16.4.2008 –XII ZB214/04

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