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152 Aufsätze BRAK-Mitt. 4/2008<br />
Klose, Die Gewichtung von Fällen nach §5FAO<br />
for<strong>de</strong>rliche Sachverhalt nicht entnehmen. 13 In welchen Abstufungen<br />
<strong>de</strong>r AGH Bremen eine Gewichtung für zulässig hält,<br />
teilt ernicht mit. Der Thüringer AGH hält Gewichtungen in<br />
Schritten von jeweils 0,25 für zulässig, ohne auch dies aber<br />
näher zubegrün<strong>de</strong>n. 14 Weitere Rechtsprechung, die sich mit<br />
diesem Teilaspekt <strong>de</strong>r Gewichtung beschäftigt, ist nicht ersichtlich.<br />
In<strong>de</strong>r Literatur halten Quaas 15 und Scharmer 16 eine<br />
nach Bruchteilen <strong>de</strong>s Faktors 1gestufte Abgewichtung imPrinzip<br />
für zulässig, ohne allerdings mitzuteilen, in welchen<br />
Bruchteilen die Abstufung erfolgen soll. Feuerich/Weyland 17<br />
und Offermann-Burckart 18 halten eine Gewichtung inZehntel-<br />
Schritten für zulässig. Weitere Stellungnahmen sind auch hier<br />
nicht ersichtlich.<br />
Soweit <strong>de</strong>r AGH Bremen darauf hinweist, dass eine Gewichtung<br />
in Zehntel-Schritten eine genaue Kenntnis <strong>de</strong>s jeweiligen<br />
Sachverhaltes voraussetzt, die sich aus <strong>de</strong>n Falllisten nicht ergibt,<br />
ließe sich eine <strong>de</strong>rartige Kenntnis je<strong>de</strong>nfalls aus <strong>de</strong>n Arbeitsproben<br />
erlangen, die <strong>de</strong>r Fachanwaltsausschuss nach §6<br />
Abs. 3Satz 2FAO sich vorlegen lassen kann. Die Tragfähigkeit<br />
dieser Begründung erscheint daher zweifelhaft.<br />
Eine Gewichtung in Zehntel-Schritten wür<strong>de</strong> jedoch allein bei<br />
einer unterdurchschnittlichen Gewichtung und einer unteren<br />
Grenze von 0,3 sieben Gewichtungsmöglichkeiten zulassen.<br />
Bei überdurchschnittlicher Gewichtung erheblich mehr. Dadie<br />
Gewichtung im Streitfall gerichtlich überprüft wer<strong>de</strong>n kann,<br />
müssten entsprechen<strong>de</strong> Kriterien zur jeweiligen Abgrenzung<br />
aufgestellt wer<strong>de</strong>n. Ohne <strong>de</strong>rartige Kriterien wür<strong>de</strong> nämlich bei<br />
<strong>de</strong>r Gewichtung genau die Beliebigkeit zuTage treten, die <strong>de</strong>m<br />
AGH Bremen bei <strong>de</strong>r Festsetzung einer Untergrenze von 0,5<br />
vorgeworfen wur<strong>de</strong>. Wer einmal Klausuren o<strong>de</strong>r Ähnliches bewertet<br />
hat, weiß, welche Schwierigkeiten esbereitet, bei engen<br />
Punkt- bzw. Notenschritten die zu bewerten<strong>de</strong> Arbeit in die<br />
Notenskala einzuordnen. Grün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Praktikabilität sprechen<br />
daher für eine Gewichtung in <strong>de</strong>n vom Thüringer AGH vorgeschlagenen<br />
Schritten von jeweils 0,25. Für eine Untergewichtung<br />
wür<strong>de</strong>n sich damit drei Stufen ergeben, nämlich Bewertungen<br />
mit 0,25 für allereinfachste Fälle, die sich mit minimalem<br />
Zeitaufwand und ohne weitere Tätigkeit mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
in einem rechtlich nicht schwierigen Schreiben erschöpfen,<br />
sowie 0,5 und 0,75 für an<strong>de</strong>re unter <strong>de</strong>m Durchschnittsfall liegen<strong>de</strong><br />
Fälle. Insoweit sei darauf hingewiesen, dass auch imGebührenrecht<br />
nicht je<strong>de</strong>r zwischen 0,5 und 2,5 Gebühren liegen<strong>de</strong><br />
Zehntel-Bruchteil für die Gebührenfestsetzung gewählt<br />
wird, son<strong>de</strong>rn bestimmte Bruchteile erfahrungsgemäß beson<strong>de</strong>rs<br />
häufig angesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Gewichtungskriterien<br />
Bezugspunkte für die Gewichtung sind die Be<strong>de</strong>utung, <strong>de</strong>r<br />
Umfang und die Schwierigkeit <strong>de</strong>s jeweiligen Falles. Der BGH<br />
hat in seinem Beschluss vom 6.3.2006 darauf hingewiesen,<br />
dass dieseKriterien an <strong>de</strong>n gesamten Fall und nicht lediglichan<br />
die im maßgeblichen Beurteilungszeitraum erfolgte Bearbeitung<br />
anzulegen sind. 19 Bei Fällen, <strong>de</strong>ren Bearbeitung teilweise<br />
bereits vor Beginn <strong>de</strong>s maßgeblichen Dreijahreszeitraumes lag<br />
und teilweise innerhalb, ist damit auf <strong>de</strong>n Gesamtfall abzustellen.<br />
Eine zu Gunsten <strong>de</strong>s Antragstellers höhere Gewichtung hat<br />
daher auch dann zu erfolgen, wenn die beson<strong>de</strong>re Schwierigkeit<br />
<strong>de</strong>s Falles in <strong>de</strong>n Bearbeitungsschritten vor Beginn <strong>de</strong>s<br />
Dreijahreszeitraumes lag. Umgekehrt kann ein Fall nicht zu<br />
Lasten <strong>de</strong>s Antragstellers geringer gewichtet wer<strong>de</strong>n, weil innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Dreijahreszeitraumes gem. §5FAO nur noch unterdurchschnittlich<br />
schwierige Arbeiten zu erledigen waren.<br />
War also etwa in einem verwaltungsrechtlichen o<strong>de</strong>r steuerrechtlichen<br />
Klageverfahren <strong>de</strong>r Sachverhalt schon vor Beginn<br />
<strong>de</strong>s Dreijahreszeitraumes „ausgeschrieben“, erfolgte die mündliche<br />
Verhandlung o<strong>de</strong>r möglicherweise auch eine Entscheidung<br />
<strong>de</strong>s Gerichtes ohne mündliche Verhandlung aber erst innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Dreijahreszeitraumes, sosind bei <strong>de</strong>r Gewichtung<br />
auch Umfang und Schwierigkeit <strong>de</strong>r Fallbearbeitung vor Beginn<br />
<strong>de</strong>s Dreijahreszeitraumes mit zu berücksichtigen.<br />
Was aber unter <strong>de</strong>n Kriterien Be<strong>de</strong>utung, Umfang und Schwierigkeit<br />
zuverstehen ist, wird in<strong>de</strong>n einschlägigen Kommentaren<br />
zur FAO nicht genannt. Hinsichtlich <strong>de</strong>r Gewichtungskriterien<br />
Umfang und Schwierigkeit kann meines Erachtens auf die<br />
Ausführungen zu <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Bemessungskriterien <strong>de</strong>s<br />
§14Abs. 1RVG zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n. 20 Allerdings ist hier<br />
eine nach <strong>de</strong>m Sinn und Zweck <strong>de</strong>r FAOdifferenzierte Betrachtung<br />
geboten.<br />
Der Umfang eines Falles betrifft <strong>de</strong>n zeitlichen Aufwand. Hier<br />
sind <strong>de</strong>r Zeitaufwand für das Studium <strong>de</strong>r Akte bzw. <strong>de</strong>r relevanten<br />
Unterlagen, das Studium einschlägiger Literatur und<br />
Rechtsprechung, die Besprechungen mit Mandanten und an<strong>de</strong>ren<br />
Beteiligten und <strong>de</strong>r sonstige zeitliche Aufwand für die Bearbeitung<br />
<strong>de</strong>r Angelegenheit zuberücksichtigen. Nicht zuberücksichtigen<br />
sind hingegen An- und Abfahrtzeiten zu Gerichtsterminen<br />
o<strong>de</strong>r sonstigen auswärtigen Terminen sowie dort<br />
evtl. anfallen<strong>de</strong> Wartezeiten. Diese Zeiten spielen bei <strong>de</strong>r Bemessung<br />
<strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>r Gebühren eine Rolle, da auch ein<br />
Rechtsanwalt wirtschaftlich arbeiten und Gewinne erzielen<br />
muss. Bei <strong>de</strong>r Gewichtung eines Falles nach §5Satz 3 FAO<br />
kann <strong>de</strong>rartiger „Leerlauf“ aber nicht berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>r Schwierigkeit han<strong>de</strong>lt essich umein qualitatives Element<br />
<strong>de</strong>r Bemessung <strong>de</strong>r anwaltlichen Tätigkeit. Ein Fall kann<br />
sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht schwierig<br />
sein. ImGebührenrecht wird zuweilen bei <strong>de</strong>r rechtlichen<br />
Schwierigkeit zwischen <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s relevanten Rechtsgebiets<br />
und <strong>de</strong>rjenigen <strong>de</strong>s Einzelfalls unterschie<strong>de</strong>n. So seien<br />
beispielsweise die Gebiete <strong>de</strong>s Konzernrechts, <strong>de</strong>s EU-Beihilfenrechts<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Umsatzsteuerrechts per se als schwierig anzusehen,<br />
während das Verkehrsrecht eher eine geringere Komplexität<br />
habe und damit abstrakt als nicht so schwierig anzusehen<br />
sei. 21 Auch diese Differenzierung ist bei <strong>de</strong>r Definition <strong>de</strong>r<br />
Schwierigkeit imSinne <strong>de</strong>s §5 Satz 3 FAO nicht zu treffen.<br />
Während im Gebührenrecht Fälle aus verschie<strong>de</strong>n schwierigen<br />
Rechtsgebieten unter eine Gebührenvorschrift fallen können,<br />
ist <strong>de</strong>r unterschiedlichen Schwierigkeit verschie<strong>de</strong>ner Rechtsgebiete<br />
in<strong>de</strong>r Fachanwaltsordnung bereits durch unterschiedlich<br />
hohe Fallzahlen Rechnung getragen. Die rechtliche<br />
Schwierigkeit imSinne <strong>de</strong>s §5Satz 3FAO kann daher immer<br />
nur im Vergleich zueinem durchschnittlichen Fall <strong>de</strong>s betroffenen<br />
Rechtsgebietes beurteilt wer<strong>de</strong>n. 22<br />
13 FamRZ 2004, 1645.<br />
14 BRAK-Mitt. 2005, 134, 137.<br />
15 BRAK-Mitt. 2006, 265, 267.<br />
16 Hartung/Scharmer, Anwaltliche Berufsordnung, 3. Aufl., §5 FAO<br />
Rdnr. 180<br />
17 Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl., §5FAORdnr. 22.<br />
18 Offermann-Burckart, Fachanwalt wer<strong>de</strong>n und bleiben, 2. Aufl.,<br />
Rdnr. 337.<br />
19 BRAK-Mitt. 2006, 131, 132 f.<br />
20 Vgl. Ma<strong>de</strong>rt, in Gerold/Schmidt/van Eicken/Ma<strong>de</strong>rt/Müller-Rabe,<br />
RVG, 17. Aufl., §14 Rdnr. 14f.; Römermann, in Hartung/Römermann/Schons,<br />
RVG, 2. Aufl., §14Rdnr. 19–30; Rie<strong>de</strong>l/Sußbauer,<br />
RVG, 9. Aufl., §14Rdnr. 8.<br />
21 Römermann, inHartung/Römermann/Schons, a.a.O., §14Rdnr. 26.<br />
22 Vgl. insoweit auch BGH BRAK-Mitt. 2006, 131, 133; NJW 2005,<br />
214, 215, <strong>de</strong>r darauf hinweist, dass sich eine abweichen<strong>de</strong> Gewichtung<br />
nicht allgemein mit einer bestimmten Art <strong>de</strong>r Fallbearbeitung<br />
rechtfertigen lasse.