4 - brak-mitteilungen.de
4 - brak-mitteilungen.de
4 - brak-mitteilungen.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
174 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 4/2008<br />
Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />
in <strong>de</strong>m Verfahren …/03 mit <strong>de</strong>m Vorwurf an<strong>de</strong>rweitiger<br />
Untreuehandlungen konfrontiert wur<strong>de</strong>. Auch dieses schweben<strong>de</strong><br />
berufsrechtliche Ermittlungsverfahren hat <strong>de</strong>n RAnicht<br />
dazu veranlasst, <strong>de</strong>n Betrag an <strong>de</strong>n Mandanten Z. auszuzahlen.<br />
An<strong>de</strong>rerseits konnte zugunsten <strong>de</strong>s RA berücksichtigt wer<strong>de</strong>n,<br />
dass dieser geständig ist und zwischenzeitlich <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n<br />
wie<strong>de</strong>r gutgemacht hat. Wegen <strong>de</strong>s Geständnisses konnte auf<br />
eine Zeugenvernehmung <strong>de</strong>r betagten Eheleute Z.verzichtet<br />
wer<strong>de</strong>n. Auch die finanziellen Schwierigkeiten, die Anfang<br />
2004 zum Wi<strong>de</strong>rruf <strong>de</strong>r Zulassung geführt hatten, scheinen<br />
überwun<strong>de</strong>n zu sein, ebenso die persönlichen Konflikte mit <strong>de</strong>r<br />
Verwandtschaft seiner jetzigen Ehefrau. Es sind auch keine<br />
berufsrechtlichen Verfehlungen aus <strong>de</strong>n letzten Jahren bekannt<br />
gewor<strong>de</strong>n.<br />
Unter Abwägung aller<br />
Umstän<strong>de</strong> konnte <strong>de</strong>shalb von<br />
einer Ausschließung aus <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwaltschaft abgesehen<br />
und ausnahmsweise auf ein Vertretungs- und Beistandsverbot<br />
nach §114 Abs. 1Nr. 4erkannt wer<strong>de</strong>n.Zugleich wur<strong>de</strong>damit<br />
<strong>de</strong>m Grundsatz Rechnung getragen, wonach <strong>de</strong>r Ausschließung<br />
aus <strong>de</strong>r Anwaltschaft regelmäßig die Verhängung eines<br />
Vertretungsverbotes als mil<strong>de</strong>re Maßnahme vorauszugehen hat<br />
(Feuerich/Weyland, 6.Aufl., §114 BRAO Rdnr. 24, m.w.N.).<br />
Die Ahndung mit einem Verweis und einer Geldbuße –wie<br />
von <strong>de</strong>m RA angestrebt –kann angesichts <strong>de</strong>r Schwere seiner<br />
Verfehlung nicht inBetracht kommen.<br />
Auswahl <strong>de</strong>r Rechtsgebiete<br />
Vertretungs- und<br />
Beistandsverbot<br />
2. Das Vertretungs- und Beistandsverbot<br />
war auf <strong>de</strong>m<br />
Gebiet <strong>de</strong>s Zivilrechts mit Ausnahme<br />
<strong>de</strong>s Familienrechts zu<br />
verhängen. Welche Rechtsgebiete imEinzelfall für das Vertretungs-<br />
und Beistandsverbot in Betracht kommen, ist unter<br />
Berücksichtigung <strong>de</strong>r Schuld <strong>de</strong>s RA und <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>r Maßnahme<br />
verfolgten Zwecks zu entschei<strong>de</strong>n. Regelmäßig han<strong>de</strong>lt<br />
es sich hierbei um das Rechtsgebiet, auf <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r RA<br />
Berufspflichtverletzungen hat zu Schul<strong>de</strong>n kommen lassen.<br />
Dabei gebietet esdas Interesse <strong>de</strong>r Öffentlichkeit, Anwälte vor<br />
<strong>de</strong>r Vertretung auf Rechtsgebieten auszuschließen, auf <strong>de</strong>nen<br />
sie schwere vorsätzliche Berufspflichtverletzungen begangen<br />
haben (Feuerich/Weyland, 6.Aufl., §114 BRAO Rdnr. 31,<br />
m.w.N.). Im vorliegen<strong>de</strong>n Fall hat <strong>de</strong>r RA die Untreue im<br />
Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Regulierungeines Scha<strong>de</strong>nsersatzfalles<br />
–also auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Zivilrechts –begangen, so dass sich<br />
das Vertretungs- und Beistandsverbot auf dieses Rechtsgebiet<br />
zu erstrecken hat (vgl. AGH Celle, Urt. v. 14.10.2002 –AGH<br />
35/01), auch wenn <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r gutgemacht wur<strong>de</strong><br />
(EGH München, Urt. v. 20.7.1994 –BayEGH II-8/94).<br />
Jedoch ist das Familienrecht von <strong>de</strong>m Vertretungs- und Beistandsverbot<br />
auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Zivilrechts auszunehmen. Der<br />
RA hatte bereits inerster Instanz darauf hingewiesen, dass er<br />
als Einzelanwalt ineiner Allgemeinkanzlei tätig ist und dort<br />
überwiegend Strafsachen, Auslän<strong>de</strong>rsachen und Familiensachen<br />
bearbeitet. Da <strong>de</strong>r RA auf diesen Rechtsgebieten –also<br />
<strong>de</strong>m Schwerpunkt seiner Tätigkeit – weiter tätig sein kann,<br />
kann sich das Vertretungs- und Beistandsverbot schon <strong>de</strong>shalb<br />
nicht als „verkapptes Berufsverbot“ auswirken. Die verhängte<br />
Maßnahme nach §114 Abs. 1Nr. 4hat <strong>de</strong>shalb keinen Existenzverlust<br />
zur Folge. Dem RA verbleibt die Chance zur weiteren<br />
Ausübung <strong>de</strong>s Berufes, sodass <strong>de</strong>r Grundsatz <strong>de</strong>r Verhältnismäßigkeit<br />
auch insoweit gewahrt ist (Feuerich/Weyland,<br />
6. Aufl., §114 Rdnr. 32, m.w.N.).<br />
3. In <strong>de</strong>r Berufungshauptverhandlung vor <strong>de</strong>m Senat hat sich<br />
<strong>de</strong>r RA nun erstmals dahingehend eingelassen, er habe jetzt<br />
festgestellt, dasserimJahre2007 insgesamt 375 Akten bearbeitet<br />
habe, davon 179 Akten auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Zivilrechts, 120<br />
Akten auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Strafrechts und 30 Akten auf <strong>de</strong>m<br />
Gebiet <strong>de</strong>s Familienrechts. Die restlichen Akten verteilen sich<br />
auf weitere Rechtsgebiete.<br />
Die Angaben <strong>de</strong>s RA über die Aktenverteilung müssen bezweifelt<br />
wer<strong>de</strong>n. Der RAhatte in erster Instanz auf Befragung angegeben,<br />
dass er Strafsachen, Auslän<strong>de</strong>rsachen und Familiensachen<br />
bearbeitet, von Zivilsachen –zumal in einer Größenordnung<br />
von nahezu 50 % <strong>de</strong>s Gesamtaufkommens – war<br />
nicht die Re<strong>de</strong>. Auch inseiner schriftlichen Berufungsrechtfertigung<br />
ist dieser Umstand nicht zur Sprache gekommen.<br />
Erstmals in<strong>de</strong>r Berufungshauptverhandlung vor <strong>de</strong>m Senat hat<br />
<strong>de</strong>r RA insoweit seine Einlassung gewechselt, ohne jedoch<br />
Belege dafür vorzulegen. Der RA konnte auch nicht plausibel<br />
machen, aus welchen Grün<strong>de</strong>n sich innerhalb eines Jahres ein<br />
solcher Strukturwan<strong>de</strong>l in seiner Praxis vollzogen haben<br />
könnte. Der Senat folgt <strong>de</strong>shalb seiner neuen Einlassung nicht.<br />
Selbst wenn seine Angaben aber zulässig wären, wür<strong>de</strong> sich<br />
das Vertretungs- und Beistandsverbot nur auf nahezu 50%<strong>de</strong>s<br />
Aktenaufkommens (179 Zivilakten) beziehen, diesen Prozentsatz<br />
aber nicht überschreiten. Dem RAblieben <strong>de</strong>utlich über<br />
50 %<strong>de</strong>s Aktenaufkommens zur weiteren Bearbeitung, so dass<br />
ein „verkapptes Berufsverbot“ nicht vorliegt. Umaber nun mit<br />
Sicherheit auszuschließen, dass als zwangsläufige Folge <strong>de</strong>s<br />
Vertretungs- und Beistandsverbotes <strong>de</strong>r wirtschaftliche Existenzverlust<br />
eintritt (BGH, NJW 1996, 1836), hat <strong>de</strong>r Senat die<br />
Dauer <strong>de</strong>s Vertretungs- und Beistandsverbotes auf die Min<strong>de</strong>stdauer<br />
von 1Jahr herabgesetzt.<br />
Jedoch ist <strong>de</strong>m RA eindringlich vor Augen zuhalten, dass erim<br />
Wie<strong>de</strong>rholungsfall nicht noch einmal mit <strong>de</strong>r Verhängung<br />
lediglich eines Vertretungsverbotes rechnen kann. Im Falle<br />
einer erneuten Untreue kann nur die Ausschließung aus <strong>de</strong>r<br />
Rechtsanwaltschaft inBetracht kommen.<br />
Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung<br />
*Leitsatz <strong>de</strong>r Redaktion (Orientierungssatz)<br />
Vergütung –Zur anteiligen Anrechnung einer vorgerichtlich<br />
entstan<strong>de</strong>nen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr<br />
<strong>de</strong>s gerichtlichen Verfahrens<br />
RVG VVAnl. 1Teil 3Vorbem. 3Abs. 4;ZPO §91<br />
*1. Nach inzwischen gefestigter Rspr. <strong>de</strong>s BGH vermin<strong>de</strong>rt sich<br />
durch die anteilige Anrechnung einer vorgerichtlich entstan<strong>de</strong>nen<br />
anwaltlichen Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG auf die<br />
Verfahrensgebühr <strong>de</strong>s gerichtlichen Verfahrens nach Teil 3Vorbem.<br />
3Abs. 4VV RVG nicht die bereits entstan<strong>de</strong>ne Geschäftsgebühr,<br />
son<strong>de</strong>rn die in <strong>de</strong>m anschließen<strong>de</strong>n gerichtlichen Verfahren<br />
nach Nr. 3100 VVRVG anfallen<strong>de</strong> Verfahrensgebühr.<br />
*2. Das ist wegen §91Abs. 1Satz 1,Abs. 2Satz 1ZPO auch im<br />
Kostenfestsetzungsverfahren ohne Rücksicht darauf zubeachten,<br />
ob die Geschäftsgebühr auf materiellrechtlicher Grundlage vom