Die Erfindung von Führung - AOC
Die Erfindung von Führung - AOC
Die Erfindung von Führung - AOC
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
90 PROZESSE DER FÜHRUNGSEN1WICKLUNG<br />
bzw. Notwendigkeiten hingenommen und quasi die Hierarchie hinunter<br />
weitergereicht. Und dieses Weiterreichen wird <strong>von</strong> den Beteiligten auch<br />
keineswegs als persönliche Forderung verstanden. <strong>Die</strong>s kommt beispielsweise<br />
in der bereits zitierten Interviewpassage zum Ausdruck, wo der<br />
Betriebsleiter klar zwischen «Dreinreden» und Kennziffern, d.h. quantitativen<br />
Vorgaben, unterscheidet:<br />
«Ich habe grosse Vorsatze gefasst, und ich habe mir gesagt, ich rede<br />
nicht drein. Ich rede auch heute nicht drein. Ich schaue das aufgabenorientiert<br />
an. Er muss mir mit seinen Kennziffern und so weiter<br />
geradestehen. »<br />
In diesem System gegebener Sachzwänge hat <strong>Führung</strong> nicht den Sinn,<br />
das Verhalten anderer zu bestimmen, sondern sich möglichst optimal im<br />
Rahmen der verbleibenden Möglichkeiten zu bewegen. Und optimal<br />
heisst in diesem Zusammenhang vor allem: keine Störungen auszulösen,<br />
z.B. indem man als Chef seinen Mitarbeitern dreinredet. <strong>Führung</strong> ist also<br />
dann optimal, wenn sie gar nicht in Erscheinung tritt; denn die Funktion<br />
der <strong>Führung</strong> haben die Sachzwänge übernommen.<br />
4.3.3 <strong>Führung</strong> ist individuelles Verhalten<br />
Aus den beiden vorangehenden Thesen ergibt sich fast zwangsläufig,<br />
dass <strong>Führung</strong> im Sinne <strong>von</strong> Verhaltensbeeinflussung fast ausschliesslich<br />
beim Individuum stattfindet. Im Rahmen der Organisation als Maschine<br />
ist <strong>Führung</strong> kein Beziehungsgeschehen. Führen muss man sich selbst, um<br />
durch optimales Verhalten zu einem reibungsloseren Funktionieren der<br />
Organisation beizutragen. Bezeichnenderweise sehen auch die Mitglieder<br />
der Betriebsleitung auf ihrer Suche nach grösseren Spielräumen die<br />
Hebelpunkte für Veränderungen ausschliesslich auf der individuellen<br />
Ebene und nicht etwa in einer gemeinsamen Redefinition ihrer Spielregeln<br />
(vgl. Abschnitt 4.2.3). Im übertragenen Sinne spielt jeder im Kader<br />
sein eigenes Spiel, d.h. er muss für sich selbst das Beste machen. Zwar<br />
werden diese individuellen «Spiele» auch als Ursache <strong>von</strong> Reibungsverlusten<br />
gesehen. <strong>Die</strong>se werden aber nur dann zu einem <strong>Führung</strong>sthema,<br />
wenn sie auf regelwidriges Verhalten zurückzuführen sind: Wenn beispielsweise<br />
jemand Störungen verursacht. indem er sich nicht an Vorgaben<br />
(Termine) hält, dann wird vom Chef erwartet, dass er entsprechend<br />
eingreift. Aber ein eigentliches <strong>Führung</strong>sproblem wird höchstens dem<br />
Betreffenden attestiert, weil er durch sein Verhalten das reibungslose<br />
Funktionieren der Organisation beeinträchtigt.