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Die Erfindung von Führung - AOC

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22 THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

Lebende Systeme erzeugen damit ihre Wirklichkeit in einer Weise<br />

selber, die <strong>von</strong> ihren (im Falle <strong>von</strong> Individuen und Organisationen<br />

selbstgewählten) Programmen determiniert wird. <strong>Die</strong> Welt, in der sich<br />

das System bewegt, mit der es interagiert, auf die es reagiert, hängt vollständig<br />

<strong>von</strong> ihm selbst ab, denn nur worauf es sensibel ist, darauf kann es<br />

reagieren.<br />

Wenn zwei oder mehr Organismen sich in ihrem Handeln regelhaft<br />

aufeinander beziehen - das heisst in stabile rekursive Beziehungen<br />

zueinander getreten sind -, erzeugen sie eine sogenannte strukturelle<br />

Koppelung. In dieser strukturellen Koppelung erbringen die Organismen<br />

gemeinsam Leistungen, die keiner für sich allein hätte erbringen können.<br />

Im Falle <strong>von</strong> Menschen entstand strukturelle Koppelung durch die Bildung<br />

<strong>von</strong> arbeitsteiligen Gesellschaften, in denen Sprache entwickelt<br />

werden konnte. Dank dieser strukturellen Koppelung entsteht für die<br />

Menschen eine gemeinsame Konstruktion <strong>von</strong> Wirklichkeit. Es entsteht<br />

eine bestimmte Kultur, die für das jeweilige soziale (Gesellschafts-)<br />

System - oder in unserem Falle: für eine Organisation - typisch ist.<br />

Wie es im Detail zur gemeinsamen gesellschaftlichen Konstruktion<br />

<strong>von</strong> Wirklichkeit kommt, analysieren Berger & Luckmann (1963) in<br />

ihrer Wissenssoz iologie: Zur Gewohnheit gewordene Handlungsweisen<br />

werden zum festen Bestandteil gesellschaftlicher Praxis. Sie werden zur<br />

Gewohnheit und damit «typisiert», weil sie sich bewährt haben, weil sie<br />

im allgemeinen Wissensvorrat des Kollektivs verankert werden und weil<br />

«man sie deshalb so tut». Es wird ihnen eine gesellschaftliche Beglaubigung<br />

angeheftet und sie werden als nützlich, wesentlich, als gerechtfertigt<br />

oder gar als gesetzmässig erklärt. Sie erhalten einen räumlichen<br />

und zeitlichen Ort im sozialen Gefüge zugewiesen. So werden sie<br />

«institutionalisiert», das heisst zu einer (gesellschaftlich/organisatorisch)<br />

dauerhaften Einrichtung und gewissen Autorität als gegebene Ordnung<br />

(Legitimation). Solche typisierten, institutionalisierten und legitimierten<br />

Handlungskomplexe erhalten einen Namen, wie zum Beispiel «Unternehmung»,<br />

«Forschung und Entwicklung», «Arbeitsvertrag» oder «Sekretärin».<br />

Damit können wir über sie sprechen, sie nehmen Objektcharakter<br />

an, wir hauchen ihnen gleichsam objektive Realität ein. Sind sie<br />

einmal benannt und finden sie ihren Platz in der Sprache, diesem «Speicher<br />

angehäufter Erfahrungen und Bedeutungen» (Berger & Luckmann<br />

1963, S. 3), dann bestehen sie unabhängig vom konkreten Handeln und<br />

präsentieren sich als Realität, die weitergegeben werden und die man

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