Die Erfindung von Führung - AOC
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DUCK IN DIE FÜHRUNGSWELT «AUSBILDUNGSABTEILUNG» 45<br />
Neben der eigentlichen Ausbildungsleistung gehört aber auch eine<br />
stark persönliche Komponente zur Kundenorientierung: Jeder einzelne<br />
muss sich ein Profil aufbauen, das im Konzern ankommt. Dazu gehören<br />
unter anderem Erfahrungen an der Basis, im operativen Tagesgeschäft<br />
einer Konzerngesellschaft. Solche «Fronterfahrung» verleiht «Stallgeruch»<br />
und trägt damit zur Glaubwürdigkeit bei den Kunden bei. Ein<br />
Projektleiter erzählt:<br />
«Dann kam ich hierher und hatte irgendwie das Gefühl, ich müsse<br />
mich rechtfertigen, dass ich Akademiker sei. Ich habe in jedem zweiten<br />
Satz gehört, dass wer keine praktische Erfahrung habe, in diesem<br />
Unternehmen verloren sei. Also wer nicht eine gewisse Zeit zuunterst<br />
mitgearbeitet hatte, der müsse gar nicht erst etwas erzählen wollen.<br />
Das hat mich am Anfang gestört. Ich habe gedacht, ich komme doch<br />
nicht hierher, um mich überall quasi zu rechtfertigen. Ich bringe ja<br />
schon etwas mit, ich habe ja nicht nichts. Ich habe mit der Zeit<br />
gemerkt, dass dies zur Kultur gehorte.»<br />
Es ist aber auch abteilungsintern wichtig, sich mit Erfolgen bei den<br />
Kunden ein individuelles Profil zu verschaffen. «Fronterfolge», die<br />
durch Kundenfeedback und vor allem durch die Anzahl «verkaufter»<br />
Ausbildungstage dokumentiert werden, sind ein wichtiger Leistungsausweis<br />
und helfen im internen Konkrurrenzkampf, sich Spielräume zu verschaffen<br />
bzw. diese zu verteidigen. Beispiele hierfür geben die beiden<br />
folgenden Interviewpassagen:<br />
«Ich habe ein Bedürfnis entdeckt, quasi eine Marktnische. und dann<br />
bin ich zack hinein, so zum richtigen Zeitpunkt. Und da war man<br />
wieder der Held. Und es ging so weit, dass ich nachher ein halbes<br />
Jahr unbezahlten Urlaub beantragt habe und den auch bekommen<br />
habe.»<br />
«Meinen früheren Chef hatte ich etwa zwei Jahre. Und dann kam<br />
eines Tages einer herein, der dem gleichgestellt wurde, und man<br />
sagte, der alte Chef macht jetzt Fachausbildung und der neue macht<br />
<strong>Führung</strong>sausbildung. Und derjenige, der Ende Jahr besser ist, der<br />
übernimmt dann das Ganze»<br />
<strong>Die</strong>se pragmatische Kundenorientierung steht in einem Spannungsverhältnis<br />
zu einer gleichzeitig ebenfalls ausgeprägten Wertorientierung.<br />
Als ein Punkt dürfte dabei die personelle Zusammensetzung eine Rolle<br />
spielen: Von den Ausbildnern in der Abteilung (v.a. Pädagogen, Soziologen<br />
und Psychologen) sind einige geprägt durch Werte der 68er Genera-