3-2013
Fachzeitschrift für Medizintechnik-Produktion, Entwicklung, Distribution und Qualitätsmanagement
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MST-Regionalkonferenz<br />
Mikrosystemtechnik<br />
in der Medizin<br />
Dr. Frank Bartels, Bartels Mikrotechnik<br />
GmbH, Dortmund berichtete<br />
unter dem Titel „Mikrosystemtechnik<br />
in der Medizin: Anwendungen<br />
und Potentiale bei extrakorporalen<br />
Anwendungen“ über<br />
die Einsatzmöglichkeiten neuer<br />
Sensorsysteme außerhalb des<br />
Körpers. Er begann mit einem<br />
Überblick der Anwendungsgebiete,<br />
in denen der Einsatz von<br />
Sensoren denkbar ist:<br />
1. medizinische Technik<br />
• Drug delivery<br />
• Katheter<br />
• Inhalationssysteme<br />
• Zell-Handling, - Kultivierung<br />
• high throughput Screening<br />
2. Diagnostische Systeme<br />
• Blutzucker<br />
• Antikörperstatus<br />
• Laktat<br />
• Blutfette<br />
• PCR<br />
3. Assistenzsysteme<br />
• Orientierungshilfen<br />
• Handreichungen mittels Roboter<br />
• Smart Reha-Tec: Intelligenter<br />
Rollstuhl, - Rollator, intelligente<br />
Gehstütze<br />
• smart Pharma packaging<br />
• Unterstützung der Sinnesorgane/Ersatz<br />
4. Überwachungssysteme<br />
• Belastungssensoren<br />
• Aktivitätsüberwachung<br />
Die jetzige Vielseitigkeit der<br />
Sensoren ist erst durch unterstützende<br />
Technologien möglich<br />
geworden. Ein Beispiel ist<br />
das Mikrospritzguss-Verfahren,<br />
womit sehr kleine Teile präzise<br />
hergestellt werden können.<br />
Weitere Technologien, die Größe,<br />
Herstellung und Preis der Sensoren<br />
beeinflussen, sind:<br />
• Silizium-MEMS-Sensorik<br />
• printed electronic<br />
• papierbasierte Mikrofluidik<br />
• Energy Harvesting<br />
• smart home/ grid,<br />
• intelligente Messtechnik<br />
Beispiele aus dem<br />
Bereich der medizinische<br />
Technik<br />
Drug delivery wird beispielsweise<br />
in der Krebsbehandlung<br />
zur Dosierung der Medikamente<br />
angewandt. Hier kommen Mikropumpen<br />
zum Einsatz, die kleinste<br />
Mengen Flüssigkeiten fördern. Die<br />
Mikropumpe mp6 der Firma Bartels<br />
ist ein Beispiel für eine Piezomembranpumpe<br />
mit spritzgegossenem<br />
Pumpenkörper in<br />
den Abmessungen 30 x 15 x<br />
3,8 mm. Sie ist fast vollständig<br />
aus Kunststoff hergestellt, was<br />
eine kostengünstige Produktion<br />
in hohen Stückzahlen zulässt.<br />
Das Herzstück der Pumpe ist<br />
das Doppelaktorsystem, das die<br />
intrinsische Regelung ermöglicht.<br />
Die Umkehrbarkeit des Piezoeffektes<br />
kann sowohl für die Aktuation<br />
als auch als Sensor genutzt<br />
werden. Der zweite Aktor arbeitet<br />
abwechselnd im Pump- und<br />
Sensorbetrieb.<br />
Katheter<br />
Herkömmliche Katheter hatten<br />
den Nachteil, dass der Druck z.B.<br />
bei Berührung der Gefäßwand<br />
nicht gemessen werden konnte<br />
und so Verletzungen nicht auszuschließen<br />
waren. Heute sind<br />
Katheter mit Drucksensoren ausgestattet,<br />
die bei zu hohem Druck<br />
warnen. Eine weitere Verbesserung<br />
für den Arzt und den Patienten<br />
sind Produkte mit einer<br />
bipolaren Greifzange. Jetzt können<br />
beispielsweise während einer<br />
Untersuchung gleich Proben entnommen<br />
oder kleine Operationen<br />
durchgeführt werden.<br />
Zellhandling,<br />
Zellsortierung<br />
Neuigkeiten können auch auf<br />
dem Gebiet Zellhandling, Zellsortierung<br />
präsentiert werden:<br />
Beispielsweise gelang die Züchtung<br />
von Ohrzellen. Zur Herstellung<br />
einer Ohrprothese wurde<br />
im ersten Schritt ein Ohr ausgedruckt<br />
und anschließend mit Zellen<br />
bepflanzt, die sich im Labor<br />
vermehrten, bis eine Ohrprothese<br />
entstand. Sie ist gut verträglich,<br />
weil sie aus Patientengewebe<br />
besteht.<br />
Elektrowetting<br />
Wassertropfen können durch<br />
das Anlegen elektrischer Felder in<br />
eine bestimmte Richtung bewegt<br />
werden. Sie lassen sich beispielsweise<br />
einzeln abtrennen, was<br />
eine sehr geringe Dosierung ermöglicht.<br />
Elektrowetting findet bei<br />
der Produktion individueller Pharmaka<br />
Anwendung. Hier geht es<br />
nicht um Massenproduktionen,<br />
sondern um sehr geringe Dosen.<br />
Das Ziel ist es, für jeden Patienten<br />
maßgeschneiderte Medikamente<br />
produzieren zu können.<br />
Dies senkt die Medikamentendosis<br />
und erhöht die Effizienz. Um<br />
diese geringen Dosen handhaben<br />
zu können ist E-jetting notwendig.<br />
Dabei wird eine Mikropumpe mit<br />
einer Dosiernadel verbunden. Ein<br />
elektrisches Feld wird angelegt.<br />
So ist es möglich, kleinste Mengen<br />
zu dosieren.<br />
Assistenzsysteme<br />
Putzroboter und Roboter in der<br />
Altenhilfe sind ja bereits bekannt,<br />
aber es gibt noch andere Assistenzsysteme,<br />
die vielfältige Einsatzmöglichkeiten<br />
für Sensoren<br />
bieten. Ein Beispiel ist die intelligente<br />
Verpackung. Sie speichert,<br />
wie oft während eines Zeitraums<br />
Medikamente entnommen werden.<br />
Hat der Patient bereits die<br />
Höchstdosis verbraucht, wird eine<br />
Warnung angezeigt. So soll eine<br />
Überdosierung von Medikamenten<br />
verhindert werden.<br />
Eine weitere Erfindung ist der<br />
intelligente Rollator. Er besitzt<br />
jetzt elektrische Bremsen, die das<br />
Gehen bergab unterstützen. Weitere<br />
Sensoren warnen die Senioren<br />
vor sich nähernden Objekten<br />
und zeigen die Ausweichrichtung<br />
an. Zusätzlich ist er mit einem<br />
Navigationssystem ausgestattet,<br />
dass den Anwender mittels<br />
angezeigter Pfeile wieder nach<br />
Hause bringt.<br />
Fazit<br />
Es gibt bereits die unterschiedlichsten<br />
Sensoren auf dem Markt.<br />
Wenn man aus diesen Produkten<br />
neue Kombinationen bildet, ergibt<br />
sich eine große Anzahl neuer<br />
Anwendungen. Außerdem sind<br />
noch viele bis jetzt unberücksichtigte<br />
Einsatzgebiete der Mikrosystemtechnik<br />
denkbar. Hierzu ein<br />
Zitat von Dr. Bartels:“ Das Potential<br />
ist nur beschränkt durch unsere<br />
Applikations-Kreativität. Momentan<br />
ist es wie eine nicht gehobene<br />
Schatzkiste.“ ◄<br />
8 meditronic-journal 3/<strong>2013</strong>