Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Deutsche Interessen im Kongo<br />
Deutsche<br />
Interessen im Kongo<br />
Offizier und Afrikaforscher Hermann von Wissmann verhandelt nach Anlegung eines Stützpunktes (Station Mkwadji) mit<br />
den um die »Schauri« (Palaverhütte) versammelten Eingeborenen.<br />
pa/akg<br />
Das neu errichtete Deutsche<br />
Reich meldete ab 1871 bei der<br />
Aufteilung Afrikas in Kolonialgebiete<br />
zunehmend seine »Rechte« an.<br />
Deutsche Missionare, Wissenschaftler<br />
und Reisende waren schon seit der Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts an der Erschließung<br />
des »schwarzen Kontinents«<br />
be teiligt. Der Kaiser und die Reichsregierung<br />
suchten deren Aktivitäten zu<br />
kontrollieren. Als klare wirtschaftliche<br />
Interessen erkennbar wurden, griffen<br />
beide lenkend ein, insbesondere im<br />
Kongobecken. Obwohl für das Deutsche<br />
Reich die Bedeutung kolonialer<br />
Erwerbungen bis zum Ersten Weltkrieg<br />
im Vergleich zu anderen Mächten gering<br />
blieb, beschäftigten die Vorgänge<br />
in Afrika die deutsche Öffentlichkeit in<br />
starkem Maße.<br />
Die Deutsche Afrikanische<br />
Gesellschaft<br />
Erst zwischen 1874 und 1877 wurde das<br />
Kongobecken von dem britisch-amerikanischen<br />
Journalisten Henry M. Stanley<br />
(1841–1904) erforscht und von 1878<br />
bis 1884 teilweise erschlossen. Auf dieses<br />
Gebiet richteten sich große Erwartungen<br />
auf reiche Rohstoffvorkommen<br />
und tropische Produkte. Von 1874 an<br />
erkundete der deutsche Geograph Paul<br />
Pogge (1838–1884) gleichzeitig den<br />
Südwestteil des Landes. 1876 gründete<br />
König Leopold II. von Belgien eine Internationale<br />
Afrikanische Gesellschaft<br />
(Association Internationale Africaine),<br />
die das Kongobecken »im internationalen<br />
Interesse« und »nach europäischen<br />
Zivilisationsstandards« nutzbar<br />
machen sollte. Als deutsche Sektion<br />
bildete sich die Deutsche Afrikanische<br />
Gesellschaft (DAG). Sie war besonders<br />
aktiv und stellte mit Professor Eduard<br />
Pechuel-Loesche (1840–1913) in dieser<br />
Zeit der Erschließung Stanleys Stellvertreter.<br />
Mit den zahlreichen Reisenden<br />
der DAG begann 1878 eine regelrechte<br />
»deutsche Erforschungsphase« des<br />
noch unerschlossenen zentralafrikanischen<br />
Gebiets. Reichskanzler Otto von<br />
Bismarck unterstützte die DAG und<br />
ihre Expeditionen mittels seines »Afrikafonds«,<br />
um dem Deutschen Reich gebührenden<br />
Einfluss in Zentralafrika zu<br />
verschaffen. Zusammen mit dem französischen<br />
Regierungschef Jules Ferry<br />
förderte Bismarck König Leopolds<br />
Pro jekt, das sich schließlich 1884 zum<br />
»Kongo-Freistaat« (État Indépendant<br />
du Congo) entwickelte.<br />
Die Berliner »Kongokonferenz«<br />
1884/85<br />
Der deutsche Reichskanzler verband<br />
mit der Einflussnahme in Afrika weitere<br />
Interessen: Eine gemeinsame Politik<br />
mit Frankreich im Fall des Kongo kam<br />
seiner Politik der Zähmung des westlichen<br />
Nachbarn entgegen, der »Revanche«<br />
für den verlorenen Deutsch-<br />
Französischen Krieg von 1870/71<br />
for derte. Als Portugal mit britischer<br />
Unterstützung die Mündung des Kongo<br />
unter Berufung auf die Entdeckung<br />
Ende des 15. Jahrhunderts als Besitz<br />
reklamierte, anberaumte Bismarck in<br />
Absprache mit Ferry eine »Kongokonferenz«<br />
der europäischen Mächte, des<br />
Osmanischen Reichs und der Vereinigten<br />
Staaten in Berlin (15. November<br />
1884 bis 26. Februar 1885). Großbritannien,<br />
das dank bilateraler Verträge mit<br />
Portugal als einzige Wirtschaftsmacht<br />
von der Abschottung des Kongobe-<br />
14 Militärgeschichte · <strong>Zeitschrift</strong> für historische Bildung · Ausgabe 3/<strong>2006</strong>