Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Hermann von Wissmann<br />
pa/dpa<br />
Hermann von Wissmann wurde am 4. September<br />
1853 in Frankfurt/Oder geboren.<br />
Sein Vater war preußischer Regierungsrat.<br />
Wissmann besuchte die Berliner Kriegsschule<br />
und gehörte dem dortigen Kadettenkorps<br />
an. Ab 1874 studierte er an der Universität<br />
Rostock Naturwissenschaften, Geographie<br />
und Ethnologie. 1881/82 durchquerte er<br />
Äquatorialafrika von West nach Ost und erforschte<br />
von 1883 bis 1885 im Auftrag von<br />
König Leopold II. die spätere belgische Kolonie<br />
Kongo. Nach einer erneuten Reise durch<br />
Afrika 1886/87 baute Wissmann als Reichskommissar<br />
für Deutsch-Ostafrika zwischen<br />
1889 und 1891 eine Schutztruppe auf, mit der<br />
er die Küstenaraber und Sklavenhändler im<br />
Krieg um die Herrschaft im Lande besiegte.<br />
Für seine Verdienste wurde Wissmann vom<br />
deutschen Kaiser geadelt und zum Major befördert.<br />
1895/96 schickte er als Gouverneur<br />
Oberst Lothar von Trotha, der 1904 durch die<br />
Massakrierung der Herero in Deutsch-Südwestafrika<br />
bekannt werden sollte, auf Expedition<br />
ins Landesinnere und befriedete<br />
Deutsch-Ostafrika während einer neuen Krise<br />
durch Autorität und Diplomatie. 1896 kehrte<br />
Hermann von Wissmann aus gesundheitlichen<br />
Gründen nach Deutschland zurück. Er<br />
starb 1905 bei einem Jagdunfall.<br />
Bernhard Chiari<br />
ckens profitierte, gab angesichts der<br />
deutsch-französischen Koalition nach<br />
und gestand die Internationalisierung<br />
von Kongomündung und Kongostrom<br />
zu, ebenso wie die Übertragung der<br />
Landeshoheit und -verwaltung an den<br />
»internationalen« Kongo-Freistaat.<br />
Die Konferenz von Berlin gab ganz<br />
Afrika zur Kolonialisierung durch europäische<br />
Mächte frei und legte dafür die<br />
Regeln fest. Europäische Konflikte sollten<br />
möglichst nicht in Afrika fortgeführt<br />
werden (Art. 10 der »Kongoakte«). Darüber<br />
hinaus wurde ganz Zentralafrika,<br />
wenn die Interessen mehrerer Staaten<br />
aufeinander trafen, unbeschadet seiner<br />
politischen Aufteilung wirtschaftlich<br />
als »Kongo-Freihandelszone« für<br />
alle Teilnehmer des Kongresses geöffnet.<br />
Deutschland hatte zu diesem Zeitpunkt<br />
bereits in West-, Südwest- und<br />
Ostafrika Fuß gefasst und ließ sich<br />
dort Schutzgebiete international garantieren.<br />
Es machte seine Interessen<br />
allerdings nur mäßig geltend, da Bismarck<br />
– zu Recht, wie sich zeigen sollte<br />
– den Verwaltungs- und Sicherungsaufwand<br />
als unverhältnismäßig hoch<br />
einschätzte. Mit dem freien Zugang in<br />
ein Gebiet, in dem überwiegend andere<br />
Mächte die Kosten für Erschließung<br />
und Landfrieden trugen, war er dagegen<br />
überzeugt, »etwas Bedeutendes<br />
und Haltbares gemacht zu haben«.<br />
Deutsche Kongoforscher<br />
<br />
<br />
Die deutsche Mitbestimmung am Kongo<br />
ließ Bismarck durch Expeditionen<br />
der DAG demonstrieren, die er kontrollierte<br />
und bei Eigenmächtigkeiten<br />
fallen ließ. Von 1884 bis 1886 erforschten<br />
die Leutnante Richard Kund und<br />
Hans Tappenbeck sowie der Botaniker<br />
Richard Büttner den Kongo flussaufwärts.<br />
Die wichtigsten Unternehmungen<br />
verbinden sich aber mit dem<br />
Namen Hermann von Wissmann, der,<br />
nach ersten Expeditionen 1881/82, in<br />
den Jahren 1884/85 für den Kongo-Freistaat<br />
den Bereich des Kasai erforschte,<br />
wo er die Stadt Luluabourg (heute<br />
Kananga) gründete. Die besondere<br />
Bedeutung dieser mit dem deutschen<br />
Kronprinzen und Bismarck abgesprochenen<br />
Mission lag darin, dass sie trotz<br />
Beauftragung durch König Leopold<br />
unter der deutschen statt der kongolesischen<br />
Flagge erfolgte, um die Internationalität<br />
der Kongo-Unternehmungen<br />
zu demonstrieren. Als letzter bedeutender<br />
deutscher Kongoforscher führte<br />
nach Wissmanns Erkrankung der<br />
Stabsarzt Ludwig Wolf den Auftrag zu<br />
Ende. 1886/87 durchquerte Wissmann<br />
das Kongobecken ein weiteres Mal,<br />
diesmal, um Erkundigungen über die<br />
arabischen Sklavenhändler einzuholen.<br />
Sie waren die eigentlichen Machthaber<br />
Innerafrikas. Der belgische Major<br />
Francis de Dhanis beseitigte später<br />
deren Herrschaft, wobei Wissmann im<br />
deutschen Tanganjika/Njassa-Seengebiet<br />
die Operationen des Belgiers flankierte<br />
(1893).<br />
Machtverlust des<br />
Deutschen Reiches im Kongo<br />
Bereits zwei Wochen nach Abschluss<br />
der Kongokonferenz setzte sich in<br />
Frankreich die populäre »Revanchepartei«<br />
wieder durch. Sie wollte sich durch<br />
eine Politik unter dem Motto »vom<br />
Rhein zum Kongo« nicht ablenken lassen.<br />
Die »Boulanger-Krise« – der neu<br />
ernannte französische Kriegsminister<br />
Georges Boulanger trat als Befürworter<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Militärgeschichte · <strong>Zeitschrift</strong> für historische Bildung · Ausgabe 3/<strong>2006</strong><br />
15