Zeitschrift Militärgeschichte [Heft 03/2006]
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Service<br />
Medien online/digital<br />
world wide web<br />
http://www.lebensgeschichten.net/<br />
Einzelschicksale<br />
Neben Museen und Sonderausstellungen<br />
sind es vor allen Dingen Gedenkstätten<br />
und Mahnmale, die den Zweiten<br />
Weltkrieg und den Holocaust in der<br />
öffentlichen Erinnerung in unserer Gesellschaft<br />
wach halten. Einen digitalen<br />
Einstieg in das Gedenken und Erinnern<br />
versucht ein Projekt des Arbeitskreises<br />
NS-Gedenkstätten NRW e.V. mit der<br />
Webseite »Das Lebensgeschichtliche<br />
Netz«. Die von Martin Rüther redaktionell<br />
bearbeitete Seite »ermöglicht aufschlussreiche<br />
Einblicke in die Geschichte<br />
der Jahre 1933 bis 1945« anhand von<br />
Einzelbiographien. Das »Netz« baut<br />
die Schicksale der vorgestellten Personen,<br />
die exemplarisch ausgewählt wurden,<br />
in die Geschichte des Nationalsozialismus<br />
ein, verknüpft die relevanten<br />
Themenbereiche und bietet dazu unterschiedliche<br />
Zugänge an.<br />
Momentan sind die Biographien<br />
von 28 Tätern und Opfern des Zweiten<br />
Weltkrieges auf der Seite zu finden.<br />
Die Lebensläufe einzelner Personen erleichtern<br />
den Zugang zur Zeit des Nationalsozialismus.<br />
Durch die Darstellung<br />
der Geschichte der Jüdin Käthe<br />
Stern, der einzigen Holocaust-Überlebenden<br />
von sieben Geschwistern, der<br />
1939 die Auswanderung gelungen war,<br />
oder des SS-Gruppenführers und Generalleutnants<br />
der Polizei Otto Schumann,<br />
des »Schreibtischtäters«, gelingt<br />
es, dem Betrachter ein vielseitiges Bild<br />
der Regimezeit zu vermitteln, wodurch<br />
diese für ihn »anschaulicher, nachvollziehbarer<br />
und verständlicher« wird.<br />
Über die vier Hauptmenüpunkte »Einstieg«,<br />
»Nachschlagen«, »Dialog« und<br />
»Die Idee«, welche die Unterkapitel<br />
enthalten, kann man durch die Seite<br />
navigieren. Durch einen Klick auf »Lebensgeschichten«<br />
öffnet sich eine Seite<br />
zur Vorauswahl. Hier lassen sich die<br />
gewünschten Personen nach alphabetischer<br />
Sortierung, nach den Geburtsjahrgängen<br />
und nach Orten aufrufen.<br />
Ist die gesuchte Person durch den entsprechenden<br />
Link ausgewählt, findet<br />
man im mittleren Fenster eine Kurzbiographie<br />
und unter dem Porträt im rechten<br />
Fenster kann man auf die jeweilige<br />
Lebensgeschichte zugreifen.<br />
In den einzelnen Biographien besteht<br />
nun die Möglichkeit, beliebig zwischen<br />
den Hauptinformationen, lexikalischen<br />
Begriffsdefinitionen, den zum chronologischen<br />
Zeitpunkt passenden Hintergrundinformationen<br />
und der Regionalgeschichte<br />
zu springen.<br />
Egal in welchem Kapitel man sich gerade<br />
auf der Seite befindet, man gelangt<br />
von überall durch einen Link in der oberen<br />
linken Ecke in die gewünschte Ebene<br />
und zurück auf die Hauptseite. Von<br />
»Geschichte« oder »Regionalgeschichte«<br />
aus bekommt man auch Zugriff auf<br />
chronologisch sortierte Informationen<br />
zur Welt- und Lokalgeschichte der Jahre<br />
1914 bis 1990. Besonderer Wert wird<br />
natürlich auf die NS-Zeit 1933 bis 1945<br />
gelegt. Jedoch hört die Geschichte der<br />
Opfer und Täter nicht immer und überall<br />
mit dem Kriegsende auf. Vielmehr<br />
zeigt auch hier das »Netz« in verknüpfender<br />
Art und Weise, wie politische<br />
oder wirtschaftliche Geschehnisse sich<br />
in den Einzelschicksalen niederschlagen.<br />
Besonders interessant sind die digitalisierten<br />
Originaldokumente, aus<br />
denen die biographischen Informationen<br />
zum Teil stammen. In diesen spiegelt<br />
sich dann nicht nur Authentizität<br />
der Aussagen wider, sondern dem Leser<br />
erscheinen die Personen realer und<br />
fassbarer. So ist die Notdienstverpflichtung,<br />
durch die der damals 15-jährige<br />
Henry Beissel im September 1944 zum<br />
Arbeitseinsatz am »Westwall« herangezogen<br />
wurde, in digitaler Form einsehbar;<br />
sie macht den Kriegsalltag anschaulicher.<br />
»Das Lebensgeschichtliche Netz« ist<br />
allerdings noch längst nicht fertig geknüpft.<br />
Interessenten sind aufgerufen,<br />
sich an dem Weiterbau und der Fortführung<br />
des Projektes zu beteiligen. Neben<br />
dem moderierten Forum, auf dem<br />
zur Kritik aufgerufen und um Beiträge<br />
gebeten wird, soll das Projekt eben<br />
auch um mehr Biographien erweitert<br />
und dadurch stärker vernetzt werden.<br />
Hierzu kann man sich direkt an die Redaktion<br />
wenden oder eine der beteiligten<br />
Einrichtungen kontaktieren.<br />
Vietnam<br />
Frühjahr 1968: Das militärische Engagement<br />
der USA dauerte bereits sieben<br />
Jahre an, 15 058 amerikanische Soldaten<br />
waren gefallen, weitere 109 527 verwundet<br />
worden. In den USA wurden<br />
die Stimmen derjenigen immer lauter,<br />
die die Beendigung des Krieges forderten.<br />
Am 25. April 1968 verließ der junge<br />
Gary Canant seine Frau Maxie, mit der<br />
er erst 18 Tage verheiratet war. Er wurde<br />
benötigt, um Kondolenzbriefe an<br />
die Angehörigen gefallener Soldaten<br />
zu schreiben. Mit seiner Frau hielt er<br />
die ganze Zeit bis zu seiner Rückkehr<br />
schriftlichen Kontakt. Der erste Brief an<br />
Maxie aus Vietnam stammt vom 7. Mai<br />
1968. Auf den Tag genau 38 Jahre später<br />
veröffentlichte Canant nun die Briefe<br />
an seine Frau im Internet. Jeden Tag einen,<br />
insgesamt über 200 Briefe.<br />
24 Militärgeschichte · <strong>Zeitschrift</strong> für historische Bildung · Ausgabe 3/<strong>2006</strong>