Erst der Anfang - IHK-AuÃenwirtschaftstag NRW
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Local-Heroes in Gelsenkirchen<br />
Unternehmer geben Berufsorientierung<br />
Bosse als Lehrer<br />
„Ich bin einmal pappen geblieben“, gesteht Parkettlegermeister<br />
Johannes Kortenbruck. Sein Zeugnis mit den drei<br />
Fünfen zum Abschluss <strong>der</strong> 10. Klasse lässt er herumgehen<br />
und sammelt Pluspunkte bei den Jungen und Mädchen:<br />
Ein Boss, <strong>der</strong> sitzen geblieben ist.<br />
Ort des Geständnisses ist an diesem Dienstagmorgen,<br />
dem 8. Juni, die Realschule an<br />
<strong>der</strong> Mühlenstraße. An diesem dritten Tag<br />
<strong>der</strong> „Local Heroes“-Woche in Gelsenkirchen<br />
besuchen unter dem Motto „Tag <strong>der</strong><br />
Wirtschaft. Bosse als Lehrer“ 158 Unternehmerinnen,<br />
Unternehmer und Führungskräfte<br />
zeitgleich alle 41 weiterführenden<br />
Schulen in Gelsenkirchen, um mit den<br />
Jugendlichen über Berufsorientierung,<br />
Arbeitswelt und Zukunftsperspektiven zu<br />
sprechen. 148 Klassen bzw. Gruppen mit<br />
mehr als 4000 Schülern nehmen daran teil.<br />
„Das ist eine <strong>der</strong> ganz wichtigen Aktionen<br />
<strong>der</strong> Gelsenkirchener Wirtschaft“, sagt Peter<br />
Schnepper, Leiten<strong>der</strong> Geschäftsführer <strong>der</strong><br />
<strong>IHK</strong> Nord Westfalen, die zusammen mit<br />
dem Einzelhandelsverband, dem Hotelund<br />
Gaststättenverband, <strong>der</strong> Kreishandwerkerschaft<br />
Emscher Lippe West, <strong>der</strong><br />
Wirtschaftsinitiative und <strong>der</strong> Stadt Gelsenkirchen<br />
diesen Beitrag <strong>der</strong> lokalen Wirtschaft<br />
zur RUHR.2010 organisiert hat. Die<br />
Aktion sollte den jungen Leuten Mut machen,<br />
die bald die Schulen verlassen und<br />
sich auf den oft steinigen Weg <strong>der</strong> Ausbildungssuche<br />
begeben. „Je<strong>der</strong> ist wichtig,<br />
wir wollen keinen verlieren. Wir brauchen<br />
euch“, lautet die Botschaft von Peter<br />
Schnepper, denn angesichts des demografischen<br />
Wandels wird bald ein Kampf um den<br />
Nachwuchs einsetzen.<br />
„Das Schönste ist die Rechnung“<br />
Einer <strong>der</strong> Bosse, die an diesem Morgen<br />
wie<strong>der</strong> in einer Schulklasse stehen, ist Johannes<br />
Kortenbruck, dessen Berufsweg<br />
nicht gradlinig verlief. Nach einer Tischlerlehre<br />
machte er sein Fachabitur, studierte<br />
Betriebswirtschaftslehre, ist Diplom-Betriebswirt,<br />
Tischler- und Parkettlegermeister.<br />
Das beweist mehr als deutlich, dass<br />
man auch als Sitzenbleiber seinen Berufweg<br />
machen kann. Er hat seinen Werkstoff<br />
Holz mitgebracht. Parkett auf den Knien zu<br />
verlegen, „das ist ein harter Job“, weiß Kortenbruck<br />
und fügt schmunzelnd hinzu:<br />
„Das Schönste ist, die Rechnung zu schreiben<br />
und das Geld für die geleistete Arbeit<br />
zu kassieren.“<br />
Nur wenige von den Neuntklässlern wissen<br />
schon, welchen Beruf sie einmal ergreifen<br />
wollen. Kortenbruck gibt ihnen den Rat,<br />
mehrere Praktika, auch in den Schulferien,<br />
zu absolvieren, um verschiedene Betriebe<br />
kennen zu lernen. Zum Beispiel den<br />
Raumausstattungsbetrieb von Brigitte<br />
Neukirchen, mit <strong>der</strong> Kortenbruck kooperiert.<br />
Sie wird künftig das über 100 Jahre<br />
alte Traditionsunternehmen als geschäftsführende<br />
Gesellschafterin führen. Dabei<br />
trauert sie immer noch ihrem Traumberuf<br />
nach: Hebamme wollte sie werden, brach<br />
die Ausbildung aber ab, weil sie die Desinfektionslösung<br />
nicht vertrug. Stattdessen<br />
wurde sie Industriekauffrau. „Eine Bewerbung<br />
brauchte ich gar nicht zu schreiben“,<br />
schil<strong>der</strong>t sie den staunenden Schülerinnen<br />
und Schülern, denn Lehrlinge wurden damals<br />
hän<strong>der</strong>ingend gesucht. Die Chefin<br />
hebt beson<strong>der</strong>s hervor, dass sie durch ihre<br />
Tätigkeit 17 Arbeitsplätze erhalten kann.<br />
Ihr Verdienst sei eher bescheiden: 2600<br />
Euro brutto, „denn mehr lässt die wirtschaftliche<br />
Lage nicht zu“.<br />
Auch die Aussage von Theodor Wolter in<br />
<strong>der</strong> Parallelklasse verblüfft die Schüler. „Ich<br />
Nur einige <strong>der</strong> 158 Unternehmer und Führungskräfte, die am 8. Juni in alle weiterführenden Schulen Gelsenkirchens gingen, um dort die Schüler zu<br />
informieren und zu motivieren.<br />
Foto: <strong>IHK</strong><br />
30 wirtschaftsspiegel 7–8 · 2010