Erst der Anfang - IHK-AuÃenwirtschaftstag NRW
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Local-Heroes in Gelsenkirchen<br />
Quasi ,Bosse als Schüler‘“, bilanziert<br />
Ralf Laskowski, Chefredakteur von Radio<br />
Emscher-Lippe, nach dem Besuch <strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>schule Rungenberg. „Ich habe den<br />
Eindruck gewonnen, dass die Schule eine<br />
hervorragende Arbeit leistet zur Integration<br />
<strong>der</strong> Schüler in die Gesellschaft und auch in<br />
das Arbeitsleben“, sagt Atilla Öner, Chef<br />
von wpt-online, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Hauptschule<br />
Schwalbenstraße „unterrichtete“.<br />
In <strong>der</strong> LOCAL HEROES WOCHE war am 8. Juni <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Wirtschaft. Bosse gingen in die Schulen und<br />
gaben eine Unterichtsstunde. Hier Achim Todeskino vom IT-Dienstleister Siemens. Foto: Cornelia Fischer<br />
habe schon gehungert“, sagt <strong>der</strong> Boss. Das<br />
war nach dem Studium, als sich <strong>der</strong> Diplom-Ingenieur<br />
mit schlecht bezahlten<br />
Jobs über Wasser halten musste und das<br />
Geld fürs Abendbrot fehlte. Heute ist er<br />
geschäftsführen<strong>der</strong> Gesellschafter des von<br />
seinem Vater gegründeten Unternehmens<br />
Wolter Sanitär Heizung Klima GmbH mit<br />
circa 50 Mitarbeitern. Bei Bewerbungen<br />
von Schülern guckt Theodor Wolter als<br />
erstes auf die Fehlzeiten: „Unentschuldigte<br />
Fehlstunden auf dem Zeugnis sind tödlich.“<br />
Maria Hoffmann-Herz, Inhaberin <strong>der</strong><br />
Friedhofsgärtnerei Herz, hat jede Menge<br />
Pflanzen mitgebracht. Die Schüler <strong>der</strong> 9.6<br />
<strong>der</strong> Gesamtschule Buer-Mitte sind mittags<br />
nach viel Theorie zuvor dankbar, dass sie<br />
nun praktische Arbeit leisten können.<br />
Schnell ziehen sie die Tomatenpflanzen aus<br />
dem Plastiktopf, greifen zur Blumenerde<br />
und topfen die Pflanzen um. Die Chefin hat<br />
aber auch ihre Auszubildenden Arne Lehrhove<br />
(Bürokaufmann) und Lena Stoffers<br />
(Friedhofsgärtnerin) mitgebracht, die die<br />
Fragen <strong>der</strong> Schüler beantworten. Und um<br />
die graue Theorie ein wenig bunter zu machen,<br />
hat sie ein Kreuzworträtsel gestaltet.<br />
„Welches Auto fahren Sie“<br />
Was fragt man den Boss aus dem Autohaus<br />
„Welchen Wagen fahren Sie privat“,<br />
wird Dirk Hein, Betriebsleiter des Autohauses<br />
Tiemeyer & Ossmann in <strong>der</strong> Realschule<br />
an <strong>der</strong> Mühlenstraße gefragt. „Gar keinen“,<br />
lautet die enttäuschende Antwort, denn <strong>der</strong><br />
Boss kann schließlich auf Firmenwagen<br />
zurückgreifen. Er zieht nach den Unterrichtsstunden<br />
eine positive Bilanz: „Wenn<br />
eine solche Aktion wie<strong>der</strong>holt wird, bin ich<br />
sofort dabei.“<br />
Auch bei den Pädagogen kam die Aktion<br />
gut an. „<strong>Erst</strong> dachten wir, das ist eine Luftblase.<br />
Doch dann merkten wir schnell, dass<br />
die Unternehmen uns ernst nehmen“, so die<br />
Lehrerin einer Hauptschule. Am Max-<br />
Planck-Gymnasium, wo sieben Bosse im<br />
Einsatz für 190 Schülerinnen und Schüler<br />
waren, machte man gleich Nägel mit Köpfen:<br />
Mit dem Reisedienst Nickel und <strong>der</strong><br />
Zoom Erlebniswelt wurden weitere intensive<br />
Kontakte vereinbart. Und die fünf<br />
Bosse, die am Ricarda-Huch-Gymnasium<br />
im Einsatz waren, versprachen spontan,<br />
wie<strong>der</strong> zu kommen.<br />
„Kein Potenzial verschenken“<br />
Überstunden musste Thomas Oexmann,<br />
Geschäftsführer <strong>der</strong> Waffelfabrik Oexmann,<br />
machen: Er wurde auch nach drei<br />
Unterrichtsstunden noch nicht entlassen<br />
und stand noch in Einzelgesprächen Rede<br />
und Antwort. Zu einer tollen Frisur kam<br />
unverhofft ein Lehrer <strong>der</strong> För<strong>der</strong>schule<br />
Uhlenbrockstraße: Angela Berger, Chefin<br />
des Friseursalons „Hairzblatt“, konnte so<br />
ihr Handwerk vorstellen. Sie hatte sich gezielt<br />
die För<strong>der</strong>schule ausgesucht, „weil<br />
diese Schulform in <strong>der</strong> öffentlichen Diskussion<br />
gerne übersehen wird“. Dabei sei gerade<br />
dort ein fairer Umgang notwendig,<br />
und er zahle sich aus. Aufgrund vorgefertigter<br />
Meinung Potenzial und Talent zu<br />
verschenken, das könne in <strong>der</strong> Praxis nicht<br />
funktionieren, so Angela Berger, die den<br />
Kontakt zur Schule aufrecht erhalten will.<br />
„Bosse als Schüler“<br />
Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen –<br />
das hat <strong>der</strong> „Tag <strong>der</strong> Wirtschaft“ mit Sicherheit<br />
bewirkt. „Ich habe viel dazu gelernt.<br />
Jetzt gilt es, die Kontakte weiter auszubauen.<br />
Die Klassen sind eingeladen, die<br />
Betriebe zu besuchen; die Lehrer erhielten<br />
das Angebot zur Kurzhospitanz in den Firmen,<br />
und Wünsche aus den besuchten<br />
Klassen nach Praktika in den Unternehmen<br />
sollen erfüllt werden. „Bosse als Lehrer“<br />
wird seine Fortsetzung finden“, ist sich<br />
Peter Schnepper, Leiten<strong>der</strong> <strong>IHK</strong>-Geschäftsführer,<br />
sicher.<br />
Karl-F. Augustin