Die Tempelanlage in Jerusalem von Salomo bis ... - Erwin Reidinger
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<strong>Die</strong> Herbstlösung am 11. September 515 v.Chr. (10. Tischri) bezieht sich auf den wiederhergestellten<br />
Tempel unter Serubbabel (Abb. 32). Das Jahr ist das historisch belegte<br />
Weihejahr. 45 Der Festtag am 10. Tischri (Versöhnungsfest) leitet sich vom Sonnenaufgang<br />
<strong>in</strong> der Tempelachse her, die als Zwangsbed<strong>in</strong>gung vorgegeben war.<br />
Das Datum konnte daher nicht mehr frei gewählt werden. Daraus schließe ich, dass dieser<br />
Festtag erst e<strong>in</strong>geführt oder auf diesen Tag verlegt wurde. <strong>Salomo</strong> schon soll die feierliche<br />
Tempelweihe mit dem Herbstfest verbunden haben. 46 So gesehen könnte der 10. Tischri<br />
515 v. Chr. als Ursprung des Versöhnungsfestes anzusehen se<strong>in</strong> bzw. als Wiederholung<br />
des Weihefestes des Tempel <strong>Salomo</strong>s (vgl. 1 Könige 8,1- 4, Übertragung der Bundeslade<br />
im siebten Monat). Als Besonderheit galt, dass der Hohepriester nur e<strong>in</strong>mal im Jahr, und<br />
zwar am Versöhnungsfest, das Allerheiligste betreten durfte. Im Jahr der Tempelweihe<br />
konnte außerdem die Sonne direkt <strong>bis</strong> <strong>in</strong> das Allerheiligste sche<strong>in</strong>en (vgl. Abb.30).<br />
4.3 Gesamtbewertung<br />
<strong>Die</strong> <strong>Tempelanlage</strong> <strong>in</strong> <strong>Jerusalem</strong> hat ihren Ursprung im Quadrat der Anlage des <strong>Salomo</strong>.<br />
Sie f<strong>in</strong>det ihren Abschluss durch die planmäßige Erweiterung des Herodes. In beiden<br />
Anlagen ist die Tempelachse die ursprüngliche geblieben und jeweils mit ihnen<br />
geometrisch verknüpft. Durch ihre Orientierung nach der aufgehenden Sonne steht sie<br />
mit dem Kosmos <strong>in</strong> Beziehung (Abb.33).<br />
Als absolute Zeitmarke konnte der 18. April 957 v.Chr. bestimmt werden, der dem<br />
Sonnenaufgang <strong>in</strong> der Tempelachse am Paschafest („Vollmondtag“) entspricht. In<br />
ihr sehe ich den Orientierungstag für den Baubeg<strong>in</strong>n des Ersten Tempels. Aufgrund<br />
dieser Zeitmarke lassen sich die relativen Zeitangaben der Bibel über den Regierungsantritt<br />
König <strong>Salomo</strong>s (1 Könige 6,1) und die Fertigstellung des Tempels (1 Könige 6,38)<br />
mit 960/961 bzw. 950/951 v.Chr. konkretisieren.<br />
In der exakten historischen Übere<strong>in</strong>stimmung mit dem Jahre 515 v.Chr. (Weihejahr<br />
des Zweiten Tempels) sehe ich den Beweis dafür, dass me<strong>in</strong> Lösungsansatz für die<br />
Bestimmung der Sonnenaufgänge <strong>in</strong> der Tempelachse an den gewählten Festtagen zutreffend<br />
ist. Daraus ziehe ich auch für die Richtigkeit der Frühjahrslösung 957 v. Chr.<br />
(Orientierung für den Neubau) den Analogieschluss. Gleichzeitig sehe ich <strong>in</strong> dieser<br />
Übere<strong>in</strong>stimmung e<strong>in</strong>e weitere Bestätigung der Zuverlässigkeit me<strong>in</strong>er Rekonstruktionen<br />
der Tempelachse bzw. der Anlage des <strong>Salomo</strong> und jener des Herodes.<br />
Das vorliegende Forschungsergebnis betrifft nicht nur die Bautechnische Archäologie,<br />
es soll auch als <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Beitrag verstanden werden, weil sich daraus für die<br />
Biblische Archäologie und Religionsgeschichte Israels Fragen und Antworten ergeben.<br />
45 J. F<strong>in</strong>egan (s. Anm. 40)<br />
46 A. Angerstorfer, <strong>in</strong>: Neues Bibel-Lexikon, Hg. M. Görg und B. Lang, Lieferung 9 (1994) Kapitel<br />
Laubhüttenfest, Spalte 591