AUTOStraßenverkehr Heft 12-2015

GAS-SPEZIAL
Erfahrungen mit einem Gas-Auto
Gib Gas, Kleiner!
Wie ist das eigentlich, wenn man mit AUTOGAS fährt? Ist die Technik wirklich so kompliziert, und
klappt das mit dem Tanken immer? Annette Napp erzählt aus ihrem Alltag mit einem LPG-Auto.
Hoppla – da stehen wir
plötzlich mitten auf
der Kreuzung, und der
Kleine fährt einfach nicht
mehr. Er ist aber noch an,
es geht also gleich weiter.
Manchmal ist das Motörchen
meines Mazda 2 einfach
etwas überfordert.
Der Umbau auf Autogas
ist daran aber nicht
schuld. Klar, seit er mit
LPG fährt, wirkt der Antrieb
etwas schlapper, obwohl
auf dem Papier nur
etwa drei Prozent Leistungsverlust
auftreten.
Autogas hat zwar eine geringere
Dichte und
braucht mehr Sauerstoff
für die Verbrennung,
kompensiert das aber mit
seinem höheren Brennwert.
Wenn allerdings just
beim Losfahren der Kompressor
der Klimaanlage
loslegt und sich von den
ohnehin nicht üppigen 75
PS Leistung bedient, dann
klappt das eben nicht immer
mit dem flotten Ampelstart.
Ob mich das nervt und
gegen Autogas spricht?
Nein, denn auch andere
Autos und Antriebe haben
ihre Eigenheiten. Die
Umstellung auf Gas ist da
in etwa so wie der Wech-
sel zwischen Automatik
und Schaltgetriebe – man
gewöhnt sich daran. Zugegeben,
manchmal wäre
ich gerne etwas flotter
unterwegs als mit Tempo
120, auf das ich mich –
freiwillig – beschränke.
Da Gas nicht so gut
schmiert und kühlt wie
Benzin, versuche ich, die
Drehzahl niedrig zu halten.
Denn häufiges Fahren
unter Volllast wirkt
sich nicht unbedingt positiv
auf die Zuverlässigkeit
aus. Außerdem verbraucht
mein Auto
jenseits der NEFZ-
Höchstgeschwindigkeit
deutlich
mehr,
„Tanken mit
Adapter oder
Additiv nachfüllen
ist nicht komplizierter,
als Ölstand
oder Reifendruck
zu kontrollieren“
wobei das nun wirklich
nicht am LPG liegt. Dass
der Gasverbrauch generell
bis zu 25 Prozent höher
liegt als im Benzinbetrieb,
ist völlig normal. Die
Spritkosten sind trotzdem
niedriger, da Benzin mehr
als doppelt so teuer ist.
80 000 Kilometer
ohne Probleme
Bis sich die Kosten für den
Umbau lohnen, hat das
Auto dennoch so einige
Kilometer auf dem Tacho.
Mir ist das egal, schließlich
hatte ich das große
Glück, meinen Wagen aus
dem Familienfuhrpark
übernehmen zu dürfen.
Außerdem hat er seine
mittlerweile 80 000 Kilometer
ohne einen einzigen
ungeplanten
Stillstand oder nennenswerten
Mehraufwand der
Werkstatt abgespult. Zu
den üblichen Inspektionen
überlasse ich ihn
den Mechanikern,
ansons ten kontrolliere ich
regelmäßig, ob in dem
Behälter neben dem Motor
noch genug Ventilflüssigkeit
ist. Falls nicht, einfach
nachgießen, klappt
genauso einfach wie beim
Öl. Ob das Additiv zum
Kühlen der Ventile nötig
ist, hängt von vielen Faktoren
ab. Geschadet hat
es bisher aber noch nicht.
Das Tanken ist auch ziemlich
easy: den Adapter
aufschrauben (der immer
im Auto bereitliegt), Zapfpistole
arretieren und auf
den Knopf an der Säule
drücken. Ja, das dauert
eine Minute länger, als
Benzin zu tanken. Na
und? Wichtiger: Uneingeweihte
Zuschauer warnen,
bevor man unter
lautem Zischen die Zapfpistole
wieder löst.
Das Tankstellennetz mit
weit mehr als 6000 LPG-
Stationen in Deutschland
ist völlig ausreichend. Fast
alle Autohöfe bieten Gas
an, und das Internet oder
Apps helfen bei der Suche.
Spannend wird es
nur, wenn die Zapfsäule
versteckt im Hinterhof
steht. Die Frage nach LPG
führt aber häufig zu netten
Gesprächen.
Die gibt es auf der Kreuzung
diesmal nicht. Mein
Kleiner berappelt sich
wieder und schnurrt weiter
– hoffentlich noch
viele Kilometer weit.
Fotos: Hans-Dieter Seufert
54 12/2015 www.autostrassenverkehr.de