experten für gute Nachbarschaft - Haufe.de
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tive Entwicklung. Nach<br />
Jahren unter <strong>de</strong>r hohen<br />
Last teilungs- und wie<strong>de</strong>rvereinigungsbedingter<br />
Problemlagen<br />
knüpft Berlin mehr<br />
und mehr an seine<br />
historische Rolle an –<br />
sowohl als wichtiger<br />
politisch-kultureller als<br />
auch als wirtschaftlichtechnologischerTaktgeber<br />
in Deutschland<br />
und Europa.<br />
Die Marktmonitor-<br />
Studie zeigt aber auch,<br />
dass bei allen positiven<br />
Aspekten zwei Faktoren<br />
weiterhin einer<br />
beson<strong>de</strong>ren stadtentwicklungspolitischen<br />
Aufmerksamkeit<br />
bedürfen. Erstens: Der<br />
Anteil von Bedarfsgemeinschafts-Haushalten<br />
bleibt hoch – beson<strong>de</strong>rs auch in<br />
Innenstadtlagen. Berlin muss sich also weiterhin<br />
beson<strong>de</strong>rs um günstige wirtschaftliche<br />
Rahmenbedingungen bemühen, um<br />
„Wachstum <strong>für</strong> alle“ dauerhaft in <strong>de</strong>r Stadt<br />
zu verankern. Zweitens: Einige Gebiete<br />
bedürfen dabei noch beson<strong>de</strong>rer stadtentwicklungspolitischer<br />
Aufmerksamkeit.<br />
So zeigt Abbildung 2, dass die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Bedarfsgemeinschafts-Haushalte in nordwestlichen<br />
Randlagen <strong>de</strong>r Innenstadt in<br />
<strong>de</strong>n letzten Jahren gegen <strong>de</strong>n Gesamtberliner<br />
Trend gewachsen ist. Noch <strong>de</strong>utlicher<br />
fällt hier <strong>de</strong>r Anstieg beim Anteil <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />
in Bedarfsgemeinschafts-Haushalten aus.<br />
Dazu passt auch, dass in <strong>de</strong>n Bezirken <strong>de</strong>r<br />
äußeren Innenstadt die Entwicklung <strong>de</strong>r<br />
Haushaltseinkommen eher stagniert.<br />
Daten zu inner- und intrabezirklichen Wan<strong>de</strong>rungen<br />
von Bedarfsgemeinschaften<br />
liegen zwar nicht vor. Dennoch könnten diese<br />
Fakten als Hinweise auf eine – wenngleich<br />
auch nicht massive, so aber doch signifikante<br />
– lebenslagenmotivierte Wan<strong>de</strong>rungsbewegung<br />
einkommensschwächerer Haushalte<br />
aus gefragteren Innenstadtbezirken hin zu<br />
Wohnlagen, die im Hinblick auf Mieten und<br />
Leerstand <strong>für</strong> sie eine günstigere Marktlage<br />
bieten, gewertet wer<strong>de</strong>n. Sollten sich<br />
solche Suchbewegungen in bestimmten<br />
Gebieten verstetigen und sogar verstärken,<br />
könnte dies Entstehung und Verfestigung<br />
sozialer Problemlagen begünstigen (siehe<br />
Abb. 3: Entwicklung <strong>de</strong>r Einkommen in Berlin nach Bezirken in Prozent (2006 zu 2010 in<br />
Prozent) Quelle: BBU<br />
hierzu auch unser Thema <strong>de</strong>s Monats in<br />
<strong>de</strong>r DW-Ausgabe Dezember 2011/Januar<br />
2012). Das ist die an<strong>de</strong>re Seite <strong>de</strong>r Realität<br />
einer prosperieren<strong>de</strong>n Metropole: Der Aufschwung<br />
<strong>de</strong>r Stadt entfaltet nicht immer<br />
in allen ihren Teilen die gleiche Dynamik.<br />
Diese Entwicklungsparallelität gilt es bei<br />
<strong>de</strong>r Stadtentwicklungspolitik beson<strong>de</strong>rs im<br />
Blick zu behalten.<br />
Die Stadt als Ganzes<br />
Die Studie ver<strong>de</strong>utlicht, wie wichtig eine<br />
differenzierte und nüchterne Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit solchen Entwicklungsprozessen<br />
ist. So dominiert in <strong>de</strong>r öffentlichen Berliner<br />
Debatte oft die Behauptung, diese Wan<strong>de</strong>rungsbewegungen<br />
fän<strong>de</strong>n vom Stadtzentrum<br />
an <strong>de</strong>n Stadtrand statt. Die aus<br />
dieser Pauschalierung resultieren<strong>de</strong> Polarisierung<br />
<strong>de</strong>r Diskussion kann <strong>de</strong>n klaren<br />
Blick auf die tatsächlichen Problemlagen<br />
beeinträchtigen – und darüber pragmatische<br />
Lösungen behin<strong>de</strong>rn. Die in diesem<br />
Zusammenhang immer wie<strong>de</strong>r ins Feld<br />
geführten Abwehrstrategien wie Milieuschutzsatzungen,Zweckentfremdungsverbote<br />
o<strong>de</strong>r weitere Einschränkungen <strong>de</strong>r<br />
Mietgestaltungsspielräume bieten aber<br />
keine wirkungsvolle Gegenstrategie zur<br />
Tatsache, dass das Wohnraumangebot in<br />
Innenstadtlagen schlicht nicht mit <strong>de</strong>r hier<br />
weiter wachsen<strong>de</strong>n Nachfrage Schritt halten<br />
kann. Tatsächlich wür<strong>de</strong>n sie Investitionen<br />
behin<strong>de</strong>rn und so nicht<br />
<strong>de</strong>m politisch <strong>de</strong>klarierten<br />
Ziel dienen, die<br />
Neubauaktivität in <strong>de</strong>r<br />
Stadt zu steigern.<br />
Wirkungsvoll gesteuert<br />
wer<strong>de</strong>n können solche<br />
komplexen Entwicklungen<br />
aber nur auf<br />
Grundlage einer<br />
sachlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit <strong>de</strong>n<br />
Fakten. Dazu gehört<br />
vor allem, dass beispielsweise<br />
in Berlin<br />
eben nicht primär<br />
Stadtrandlagen von<br />
potenziell nachteiligen<br />
Dynamiken betroffen<br />
sind. Gera<strong>de</strong> Stadtrandlagen,<br />
in <strong>de</strong>nen<br />
Stadt und auch Wohnungsunternehmen<br />
in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />
viel investiert haben,<br />
konnten vielmehr sogar <strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>r<br />
positiven gesamtstädtischen Entwicklung<br />
profitieren.<br />
Beson<strong>de</strong>res Augenmerk gelegt wer<strong>de</strong>n sollte<br />
hingegen eher auf Gebiete am Rand <strong>de</strong>r<br />
Innenstadt. Diese könnten zum einen durch<br />
die gezielte Vergrößerung <strong>de</strong>s Angebots<br />
preisgünstigen beziehungsweise belegungsgebun<strong>de</strong>nen<br />
Wohnraums <strong>für</strong> einkommensschwache<br />
Haushalte in <strong>de</strong>n benachbarten<br />
Innenstadtlagen entlastet wer<strong>de</strong>n. Auch<br />
Berlin mit seiner angespannten Haushaltslage<br />
verfügt hierzu über wirkungsvolle Instrumente<br />
– etwa die Liegenschaftspolitik<br />
o<strong>de</strong>r die Ausreichung von vergünstigten<br />
För<strong>de</strong>rkrediten. Ein dauerhaft entspannter<br />
Wohnungsmarkt verhin<strong>de</strong>rt soziale Segregation<br />
schließlich nach wie vor am wirkungsvollsten.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
ist auch die konsequente Fortführung von<br />
Städtebau- und Wohnraumför<strong>de</strong>rung durch<br />
<strong>de</strong>n Bund unverzichtbar (siehe hierzu auch<br />
<strong>de</strong>n Beitrag auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Seiten). Stets<br />
gilt es dabei, die Stadt langfristig und als<br />
Ganzes zu <strong>de</strong>nken. Dazu zählt auch, lebenslagenmotivierte<br />
Wan<strong>de</strong>rungsbewegungen<br />
als Teil <strong>de</strong>r Metropolenrealität zu begreifen,<br />
um sich auf dieser Grundlage effiziente<br />
und nachhaltige Gestaltungsspielräume<br />
erschließen zu können.<br />
Maren Kern<br />
Vorstandsmitglied <strong>de</strong>s Verband Berlin-<br />
Bran<strong>de</strong>nburgischer Wohnungsunternehmen e. V.<br />
Die Wohnungswirtschaft 2/2012 17