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GEBÄUDE UND TECHNIK ENERGIEEFFIZIENZ<br />
<strong>de</strong>na-Energieeffizienzkongress 2011<br />
„Die Energiewen<strong>de</strong> ist ein<br />
gesamtgesellschaftliches Projekt“<br />
Deutschlands Energiesystem än<strong>de</strong>rt sich grundlegend. Mit ihrer Kurskorrektur und <strong>de</strong>n Klimabeschlüssen vom Sommer hat die<br />
Bun<strong>de</strong>sregierung die Energiewen<strong>de</strong> eingeläutet. Der <strong>de</strong>na-Kongress am 21. und 22. November in Berlin war dann auch <strong>de</strong>m<br />
Ringen um innovative Strategien, politische und wirtschaftliche Lösungen zur Energieeffizienz gewidmet. System<strong>de</strong>nken im<br />
Kleinen und Großen, soziale Verantwortung und gesellschaftlicher Dialog sind beson<strong>de</strong>rs <strong>für</strong> die Wohnungswirtschaft gefragt.<br />
„Die Energiewen<strong>de</strong> ist ein gesamtgesellschaftliches<br />
Projekt, Energieeffizienz ihre<br />
wirtschaftlichste Ressource“, umriss Stephan<br />
Kohler, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Energie-Agentur GmbH<br />
(<strong>de</strong>na) das Anliegen. Viel, sehr viel ist zu<br />
tun, wenn bis 2020 zwanzig und bis 2050<br />
achtzig Prozent <strong>de</strong>s Energieverbrauchs eingespart<br />
und Gebäu<strong>de</strong> klimaneutral ausgerichtet<br />
sein sollen. Mit einer Neuausstattung<br />
von 1,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro pro Jahr wur<strong>de</strong> das<br />
bereits ad acta gelegte CO 2-Gebäu<strong>de</strong>sanierungsprogramm<br />
wie<strong>de</strong>rbelebt. Derzeit<br />
herrscht mit einer jährlichen Rate von 0,9<br />
bis 1,3 Prozent Sanierungsstau, wird die<br />
Hälfte aller Sanierungen ohne energetische<br />
Effekte vollzogen, sind nur zwölf Prozent<br />
<strong>de</strong>r Heizungsanlagen auf aktuellem Stand,<br />
verhin<strong>de</strong>rn unübersichtliche, unangepasste<br />
und abgespeckte För<strong>de</strong>rregelungen wirtschaftliche<br />
Entscheidungen. „Effizienz auch<br />
bei <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung“, versprach <strong>de</strong>nn auch<br />
Bun<strong>de</strong>swirtschaftsminister Philipp Rösler.<br />
Das sei politisch noch einmal zu diskutieren.<br />
Kritisch sei mit <strong>de</strong>n EU-Vorgaben zur Energieeffizienz<br />
umzugehen, er be<strong>für</strong>chte mit<br />
einem Sanierungszwang ein „starres Gerüst“.<br />
Der Weg, „Menschen aufzuklären und sie<br />
mitzunehmen“, sei schwieriger, aber erfolgversprechen<strong>de</strong>r.<br />
Die größten Potenziale sieht<br />
<strong>de</strong>r Minister „in vielen Einzelmaßnahmen,<br />
vor allem in <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong>sanierung“.<br />
Doch gera<strong>de</strong> die Energiewen<strong>de</strong> durch steuerliche<br />
Anreize <strong>für</strong> private Hausbesitzer<br />
mit 14,5 Millionen Wohnungen scheiterte<br />
– zumin<strong>de</strong>st vorerst. Der Vermittlungsausschuss<br />
konnte sich am 22. November nicht<br />
darauf einigen, dass Vermieter Aufwendungen<br />
<strong>für</strong> energetische Sanierungen über<br />
zehn Jahre zu zehn Prozent abschreiben<br />
können. Wird das Thema im Dezember im<br />
Bun<strong>de</strong>srat erneut aufgelegt, könnte es um<br />
eine <strong>de</strong>r letzten Chancen <strong>für</strong> die ambitionierten<br />
Klimaziele <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung<br />
gehen. Gering investive Maßnahmen<br />
spielen im Sanierungsgeschehen auch <strong>für</strong><br />
60<br />
GdW-Präsi<strong>de</strong>nt Axel Gedaschko eine wichtige<br />
Rolle, <strong>de</strong>nn technisch Machbares sei<br />
durch hohe Kosten energetischer Mo<strong>de</strong>rnisierung<br />
und die Mietzahlungsfähigkeit<br />
<strong>de</strong>r Haushalte meist noch nicht umsetzbar.<br />
„Unsere Unternehmen bewegt die Frage,<br />
<strong>für</strong> wen machen wir das? Wer bezahlt das<br />
angesichts von Altersarmut und sinken<strong>de</strong>n<br />
Renten?“ Soziale plus <strong>de</strong>mografische Faktoren<br />
wur<strong>de</strong>n bei einer Unternehmensbefragung<br />
als „Megathemen“ genannt.<br />
Motivation und Wirtschaftlichkeit<br />
statt Zwang<br />
Bei einem auszuarbeiten<strong>de</strong>n Sanierungsfahrplan<br />
2050 mit Gebäu<strong>de</strong>effizienz als Kernbestandteil<br />
sollten Eigentümer frei entschei<strong>de</strong>n<br />
können, was sie anpacken. „Maßstab ist die<br />
wirtschaftliche Vertretbarkeit, zu strenge<br />
Vorgaben halten Investoren ab“, so Staatssekretär<br />
Rainer Bomba vom Bun<strong>de</strong>sministerium<br />
<strong>für</strong> Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.<br />
„För<strong>de</strong>rung muss motivieren.“<br />
Zu strenge Vorgaben<br />
halten Investoren ab<br />
Dass die 3.000 Unternehmen ihres Verban<strong>de</strong>s<br />
mit sechs Millionen Wohnungen<br />
sehr genau auf die Wirtschaftlichkeit von<br />
Sanierungen achten müssen, unterstrich<br />
Ingrid Esser, GdW-Hauptgeschäftsführerin.<br />
„Energieeffizienz ist wesentlich, aber nicht<br />
bei allen Bestän<strong>de</strong>n gleichermaßen durchsetzbar.“<br />
Die Portfolioentwicklung müsse<br />
differenziertere Lebenskonzepte berücksichtigen,<br />
das Wohnen mit immer älteren<br />
Mietern, die Bedürfnisse nach mo<strong>de</strong>rnen<br />
Sanitäreinrichtungen, Balkonen, einem<br />
ansprechen<strong>de</strong>n Wohnumfeld. „Auch darin<br />
ist zu investieren.“ Die Mietbelastungsfähigkeit<br />
sei ein großes Problem. Dass Jüngere<br />
in gut sanierte Bestän<strong>de</strong> ziehen, Ältere<br />
und Ärmere in schlechter ausgestatteten<br />
Häusern verbleiben, führe zu einer „Segregation,<br />
wie sie Deutschland bislang nicht<br />
Das Darmstädter Mehrfamilienhaus von 1949<br />
– im <strong>de</strong>na-Mo<strong>de</strong>llvorhaben „Niedrigenergiehaus<br />
im Bestand“ hocheffizient saniert –<br />
überzeugt mit 97 Prozent Energieeinsparung.<br />
Quelle: <strong>de</strong>na<br />
kannte“. Das „Dilemma“ <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Wirtschaftlichkeit<br />
energetischer Sanierung <strong>für</strong><br />
Mieter und Vermieter sei nur durch För<strong>de</strong>rinstrumente<br />
auszugleichen. Esser erklärte es<br />
an <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llrechnung einer Sanierung, die<br />
eine Mieterhöhung um 2,20 Euro pro Quadratmeter<br />
nötig macht. Dieser steht trotz<br />
reduzierten Verbrauchs bei gegenwärtigen<br />
Preisen nur 73 Cent Energiekosteneinsparung<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Mieter gegenüber. „Es braucht<br />
25 Jahre, bis sich das <strong>für</strong> ihn rechnet. Das<br />
wird er nicht akzeptieren.“ Esser warnte<br />
vor einer erneuten Verschärfung <strong>de</strong>r EnEV<br />
mit unrealistischen Vorgaben <strong>für</strong> die Wohnungswirtschaft.<br />
„Wir brauchen von <strong>de</strong>r<br />
Politik vertrauensbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Maßnahmen.“<br />
Im Kleinen wie im Großen ist System<strong>de</strong>nken<br />
zu entwickeln, auch das war eine Grundaussage<br />
<strong>de</strong>r Tagung. Professor Klaus Töpfer,<br />
ehemaliger Bun<strong>de</strong>sbauminister und jetzt<br />
Exekutivdirektor <strong>de</strong>s Potsdamer IASS Institutes<br />
<strong>für</strong> Nachhaltigkeitsstudien, verfolgte<br />
dabei unter an<strong>de</strong>rem die I<strong>de</strong>e einer „Kreislaufstadt“,<br />
die von Gebäu<strong>de</strong>sanierung zu<br />
energetischer Stadtsanierung führt.<br />
Bettina Erdmann, Berlin<br />
Die Wohnungswirtschaft 2/2012