1886 - Berliner Baugenossenschaft eG
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86 Die<br />
52 1945 bis 2011<br />
„Schnecke“ und<br />
die Muskelhypothek<br />
Ein Pilotprojekt mit Selbsthilfeeinsatz<br />
In Vorbereitung auf ihr 100-jähriges Jubiläum 1986 geht die bbg neue Wege und hebt ein außergewöhnliches<br />
Pilotprojekt aus der Taufe. Im sozialen und steuerbegünstigten Wohnungsneubau wird erstmals<br />
ein genossenschaftliches Selbsthilfemodell initiiert, bei dem durch manuelle oder fi nanzielle Eigenleistungen<br />
der Mitglieder nicht nur die Baukosten gesenkt, sondern gleichzeitig auch die Mietbelastungen<br />
erheblich reduziert werden können. Die Anlage am Ortolanweg in Berlin-Buckow wird in zwei Bauetappen<br />
von 1986-88 mit insgesamt 93 Wohnungen errichtet.<br />
Zur „Ortolanburg“ kommt<br />
ein „Schneckenhaus“<br />
Die Wiederbelebung genossenschaftlicher Werte<br />
wie Pioniergeist, Selbsthilfe und Gemeinschaftssinn<br />
sind die Auslöser für das seit Anfang der<br />
80er Jahre viel diskutierte Modellvorhaben,<br />
welches gegenüber der 1974 errichteten<br />
„Ortolanburg“ entsteht. Der damalige Vorstand<br />
Fred-Raimund Winkler beschreibt die Grundidee:<br />
„Uns war von vornherein klar, dass wir zum<br />
100sten etwas Besonderes machen wollten. Eine<br />
Rückbesinnung auf genossenschaftliche Ursprünge<br />
lag dabei nahe. Der Architekt Axel<br />
Gutzeit brachte den Gedanken der baulichen<br />
Selbsthilfe aus seinen Erfahrungen mit früheren<br />
Projekten mit. Deshalb passten wir gut zusammen<br />
und haben die Konzepte intensiv diskutiert.“<br />
Das in Aussicht genommene Grundstück hat als<br />
Erblast einen Bunker und bedeutet daher keine<br />
leichte Entwurfsaufgabe für den Architekten Axel<br />
Gutzeit, der diese Herausforderung jedoch<br />
geschickt in Form einer sich darüber schneckenartig<br />
hoch treppenden Wohnbebauung löst. Die<br />
weitere Realisierung der „Schnecke“ ist zwar in<br />
standardmäßigen Grundrissen angedacht, der<br />
eigentliche Ausbau jedoch den zukünftigen<br />
Nutzern überlassen.<br />
Die Genossenschaft bietet technische Beratung<br />
an, die Bauleitung überwacht die korrekte<br />
Ausführung der Maßnahmen vor Ort. Anhand<br />
entsprechender Vergleichspreise von Bauhandwerkern<br />
wird der Wert der Eigenleistungen<br />
ermittelt. Dieser Betrag, den das Mitglied der<br />
Genossenschaft als „Muskelhypothek“ zur<br />
Verfügung stellt, geht als Darlehen in die<br />
Wirtschaftlichkeitsberechnung ein.<br />
„Ich würde das Gleiche<br />
wieder machen“ –<br />
Selbsthelfer erinnern sich.<br />
Die so genannte „Muskelhypothek“ bezieht sich<br />
beim Ausbau der eigenen Wohnung auf Selbsthilfeleistungen<br />
wie beispielsweise Maler- und Tischlerarbeiten,<br />
Verlegung von Fußböden, Einbau von<br />
Innenwänden und Türen oder die Installation<br />
eigener Sanitärobjekte und Kücheneinrichtungen.<br />
Schon im ersten Bauabschnitt fi ndet sich 1986<br />
schnell eine Gruppe von Eigenleistern zusammen.<br />
Die Berufe – bei Polizei, Post oder BVG – sind<br />
zwar nicht automatisch Garantie für praktische<br />
Bauerfahrung, dennoch zeichnet sich bei allen<br />
Beteiligten ein großes Interesse und Spaß am<br />
Handwerklichen ab.