Ihr regionales Familienmagazin Thema: Kunst tut Kindern gut ...
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KUNST FÜR KINDER<br />
<strong>Kunst</strong> ist Therapie gegen innere Leere und Öde<br />
Bilder und Gefühle gehören zusammen,<br />
die Gedanken kommen erst später<br />
dazu. Wegen dieses direkten Zusammenhangs<br />
wird <strong>Kunst</strong> immer mehr<br />
zur Therapie bei seelischen Schwierigkeiten<br />
eingesetzt. Andreas Jost,<br />
<strong>Kunst</strong>therapeut in Ulm, berichtet:<br />
Flurina geht nicht gern in die Schule,<br />
weil‘s dort immer so laut ist. In der<br />
Werkstatt im Therapeutikum ist es auch<br />
laut, aber da macht man wenigstens<br />
Sachen, die einem Spaß bereiten. Da<br />
kann man malen, tonen oder Specksteine<br />
schleifen. Oder, womit Flurina gerade<br />
beschäftigt ist, einen Nistkasten für die<br />
Vögel bauen...<br />
Auch Markus hat Probleme in der<br />
Schule, allerdings nicht mit dem Lärm. Er<br />
hat nur wenige Freunde, fühlt sich oft von<br />
den anderen übergangen oder gar gehänselt.<br />
Einmal haben sie ihm im Turnen<br />
sogar die Hose heruntergezogen und ihn<br />
damit ziemlich lächerlich gemacht. Das<br />
war schlimm für ihn, seither hat er Angst,<br />
dass ihm nochmal sowas passieren könnte.<br />
Jetzt baut er in der Werkstatt gerade an<br />
einer riesigen Arche aus Holz, für die er<br />
6<br />
Mit allen Sinnen dabei... Foto: pixelio/Dieter Schütz<br />
dann noch etliche Tiere aus Ton formen<br />
möchte. Am Ende sollen alle Tiere in der<br />
Arche ihren Platz haben und er darf als<br />
Kapitän bestimmen, wohin die Reise<br />
gehen soll. Markus ist stolz darauf, dass er<br />
so lange an einer Sache arbeiten kann –<br />
das gibt ihm Kraft und Zuversicht. Und<br />
außerdem glaubt er schon zu spüren, dass<br />
seine Muskeln anfangen zu wachsen,<br />
wenn er so schwere Handarbeit macht…<br />
Basti ist auch da, aber bei ihm ist die<br />
Sache etwas anders. Er hat eigentlich<br />
keine Schwierigkeiten in der Schule, jedenfalls<br />
nicht mit den Mitschülern – die finden<br />
ihn nämlich alle ziemlich cool. Das<br />
liegt auch ein wenig an seinen Ed Harris-<br />
Klamotten und an seinem Vier-GigabiteiPod<br />
MP-3-Player, den er von seinem Papa<br />
bekommen hatte, als er ihn das letzte<br />
Mal besuchen durfte. Basti findet, dass er<br />
seinen Vater etwas zu selten besuchen<br />
darf, seit der mit seiner neuen Familie in<br />
einer Stadt wohnt, wohin man vier Stunden<br />
mit dem Zug fahren muss, bis man<br />
nur am Bahnhof ankommt. Glücklicherweise<br />
ist er kein Angsthase und traut sich<br />
das zu. Auch sonst ist Basti ein ziemlicher<br />
Draufgänger, nur manchmal, in der Nacht,<br />
hat er richtig Angst und Schweißausbrüche,<br />
weil er plötzlich fürchtet, seine Mama<br />
könnte ihn auch noch verlassen und er<br />
müsste dann vielleicht in ein Heim gehen<br />
oder so. Diese Angst kommt vor allem<br />
dann, wenn sie wieder einmal für ein paar<br />
Tage zu einem Kongress muss oder wenn<br />
sie abends mit einer ihrer Freundinnen<br />
ausgeht… Allerdings redet Basti nicht<br />
gerne über diese Ängste, auch mit seiner<br />
Mutter nicht. Er malt lieber starke und<br />
gefährliche Tiere, und zwar echt reali-<br />
stisch mit Klauen und Zähnen dran. Bald<br />
hat er schon ein ganzes Tierbuch voll<br />
gemalt, darunter auch so gefährliche wie<br />
Königstiger, Stachelrochen und Komodo-<br />
Waran. Jetzt hat er sogar eine Staffelei mit<br />
einer richtigen Leinwand darauf vor sich<br />
stehen, und mit Acrylfarben malt er wie ein<br />
echter <strong>Kunst</strong>profi einen rot-grünen<br />
Piranhafisch, der deutlich seine scharfen<br />
Zähne zeigt…<br />
Basti, Markus und Flurina kommen<br />
einmal in der Woche ins Therapeutikum<br />
am Kuhberg, wo sie für eine bis zwei<br />
Stunden unter der Anleitung eines <strong>Kunst</strong>therapeuten<br />
künstlerisch arbeiten dürfen.<br />
Aber nicht nur Kinder, die aufgrund eines<br />
bestimmten Problems mit einem Rezept<br />
vom Arzt kommen (siehe Info-Kasten),<br />
werden im Therapeutikum angenommen,<br />
manche kommen einfach nur, weil sie<br />
Freude an der <strong>Kunst</strong> haben. <strong>Kunst</strong> <strong>tut</strong><br />
immer <strong>gut</strong>, auch wenn sie ohne jede<br />
Absicht gemacht wird – einfach nur so aus<br />
Spaß.<br />
Weil es sich bei der <strong>Kunst</strong>therapie<br />
nicht nur um eine allgemeine Förderung,<br />
sondern um eine richtige Therapie<br />
– durchgeführt von studierten<br />
Therapeuten – handelt, können manche<br />
Kinder, ebenso wie Erwachsene,<br />
diese Stunden auch auf Kosten der<br />
Krankenkasse erhalten. Voraussetzung<br />
ist allerdings, dass ein Arzt dafür<br />
ein Rezept ausstellt und die Therapie<br />
mitbegleitet und dass die Krankenkasse<br />
diese Therapieform speziell in<br />
ihrem Angebot hat.<br />
Okt/Nov 09