Ihr regionales Familienmagazin Thema: Kunst tut Kindern gut ...
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und unkontrollierbare Aggression<br />
„Kinder, deren Kreativität gefördert wird,<br />
gehen gestärkt durchs Leben“, sagt Eske<br />
Nannen, die Witwe des legendären<br />
„Stern“-Begründers und <strong>Kunst</strong>sammlers<br />
Henry Nannen. Sie hat vor etwa 25<br />
Jahren eine der ersten Malschulen<br />
Deutschlands gegründet. Und auch sie<br />
hat festgestellt, dass sich Kinder, die viel<br />
<strong>Kunst</strong> machen, besser entwickeln als<br />
andere. Dass sie dabei nicht nur lernen,<br />
ihr Innenleben, ihre Gefühle und Erlebnisse<br />
auszudrücken, sondern dass die<br />
<strong>Kunst</strong> überhaupt das Interesse an den<br />
Dingen der Welt weckt und ein vernetztes<br />
Lernen befördert. Wenn man beispielsweise<br />
einmal beim Schnitzen eines<br />
Holzschiffs aus Lindenholz gemerkt hat,<br />
wie weich dieses Holz ist und wie stark es<br />
duftet, dann fängt man sich vielleicht auch<br />
dafür an zu interessieren, wie dieser<br />
Baum aussieht, wo er wächst und wie<br />
man ihn von anderen unterscheiden kann.<br />
Die therapeutische Wirkung der <strong>Kunst</strong><br />
ist heute erforscht (evaluiert). Sie erweist<br />
sich als vielseitig. <strong>Ihr</strong>e nichtsprachliche<br />
Ausdrucksweise schafft in vielen Fällen<br />
einen <strong>gut</strong>en Ausgleich zu inneren Spannungen<br />
und Ängsten. <strong>Kunst</strong> wirkt Entwicklungsstörungen,Sinnesbeeinträchtigungen,<br />
Verhaltens- und emotionalen Störungen<br />
entgegen und fördert sowohl das<br />
Selbstbewußtsein als auch die soziale<br />
Integration. Motorik, Konzentration und<br />
Lernfähigkeit werden wie nebenbei verbessert.<br />
Über den spielerischen Einsatz<br />
künstlerischer Mittel und Prozesse werden<br />
nachhaltige Wirkungen auf körperliche,<br />
vitale, seelische und geistige Funktionen<br />
erzielt. Die natürlichen Wahrnehmungsund<br />
Erfahrungsfelder der Kinder, die heute<br />
oft durch einseitigen Medienkonsum eingeschränkt<br />
sind, werden erweitert und ihre<br />
selbständige Handlungskompetenz für<br />
den Alltag übend erarbeitet.<br />
Da sich das Leben vieler Kinder in der<br />
heutigen Zeit weitgehend von der Natur<br />
Okt/Nov 09<br />
Farbenpracht, die fröhlich macht. Repro: pixelio/Dieter Schütz<br />
draußen in die zivilisatorischen Räume<br />
nach drinnen verlagert hat, haben elektronische<br />
Spielzeuge und Medien das<br />
Höhlen- und Hüttenbauen in Feld, Wald<br />
und Wiesen, oder das Spielen am Bach,<br />
verdrängt. Eine Folge davon ist oft eine<br />
Verarmung von motorischen und taktilen<br />
Erfahrungen, eine passive Konsumhaltung<br />
statt einer aktiven Spiel- und Erlebnisgestaltung:<br />
der Mausklick als prägende<br />
haptische Tätigkeit, Gefühle von Öde und<br />
innerer Leere oder unkontrollierbarer Aggression<br />
nach stundenlangem Fernsehen.<br />
Dem wird mit einem Angebot von echten,<br />
natürlichen Materialien sowie einer<br />
selbstbestimmten und selbstgewollten<br />
Gestaltungsmöglichkeit entgegengewirkt.<br />
Durch die Aktivierung der Phantasie, die<br />
immer mit dem künstlerischen Schaffen<br />
verbunden ist, können auch für alle anderen<br />
Lebensfelder neue – und manchmal<br />
ganz überraschende- Problemlösungen<br />
gefunden werden.<br />
Ein Mädchen erzählt beispielsweise<br />
freudestrahlend, dass es jetzt keine Äng-<br />
ste mehr habe, weil es von einem starken<br />
Schutzengel, den es sich selber gemalt<br />
und übers Bett gehängt hat, beschützt<br />
werde. Überhaupt wird das ständige<br />
Zusammenspiel von Kopf, Herz und Hand<br />
gestärkt, das heißt, dass die künstlerische<br />
Aktivität ein gewisses Trainingsprogramm<br />
dafür ist, dass das Denken, die Gefühle<br />
und der Wille einheitlich zusammenwirken,<br />
wenn sie gefordert werden. Dies alles<br />
sind unterstützende Elemente dafür, dass<br />
der Grund für eine gesunde körperliche<br />
und emotionale Entwicklung gelegt wird.<br />
Doch der Ansatz der <strong>Kunst</strong> ist immer<br />
ein praktischer: <strong>Kunst</strong> muss man tun, nicht<br />
nur denken. Aber natürlich sollte man sich<br />
dabei auch immer etwas überlegen. Und<br />
weil das so ist, weil man <strong>Kunst</strong> machen<br />
muss, über sie nachdenken kann und<br />
immer etwas dabei fühlt wenn man sie<br />
macht oder anschaut, ist die <strong>Kunst</strong> etwas,<br />
das den ganzen Menschen anspricht. Und<br />
vor allem: das dem ganzen Menschen<br />
<strong>gut</strong><strong>tut</strong>!<br />
Andreas Jost, Dipl.-<strong>Kunst</strong>therapeut, Ulm<br />
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