D E U T S C H E R F IL M P R E IS 2 0 10 - Deutsche Filmakademie
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DER RÄUBER<br />
„Man kann sich entscheiden,<br />
daran glaube<br />
ich. Und wenn man es<br />
nicht tut, dann heißt<br />
das was.“ Mit diesen<br />
worten setzt Erika<br />
(Franziska weisz) ihren<br />
Freund Johann (andreas<br />
Lust) vor die Tür,<br />
als sie erfährt, dass<br />
er wiederholt Banken<br />
ausgeraubt hat. Regisseur<br />
Benjamin Heisenberg<br />
inszenierte seinen<br />
zweiten Spielfilm DER RÄUBER so, dass der Zuschauer<br />
das Gefühl hat, seine Hauptfigur Johann<br />
kann nichts entscheiden: Er tut, was er tun muss.<br />
animalisch getrieben, geht er jeden Tag mehrere<br />
Kilometer laufen und überfällt beinahe genauso<br />
selbstverständlich verschiedene Geldinstitute.<br />
wieder zu Hause protokolliert er zufrieden seine<br />
Pulsschlag-Kurve und legt das Geld routiniert in<br />
eine Tüte unter das Bett. Das Geld scheint ihn<br />
nicht zu interessieren, ihm geht es nur um den<br />
Endorphin-Kick.<br />
Seit Lola in Gestalt Franka Potentes ist niemand<br />
mehr so gerannt im Kino! Der Unterschied ist:<br />
Lola musste rennen, weil sie nur 20 Minuten Zeit<br />
hatte; Johann muss laufen, weil er nicht anders<br />
kann. Für Kameramann Reinhold Vorschneider<br />
(Beste Kamera/Bildgestaltung) war die Figur<br />
des besessenen Marathonmannes Johann eine<br />
besondere Herausforderung. Ihm mit einer Kamera<br />
immer das richtige Tempo zu geben, seine<br />
Schnelligkeit erfahrbar zu machen, so dass der<br />
Zuschauer beinahe selbst außer atem gerät, das<br />
sah Vorschneider als seine aufgabe an. Eine<br />
Steadycam macht es möglich mitzuhalten, wenn<br />
Johann im Park joggt. Und eine gehetzte Handkamera<br />
begleitet den Räuber, wenn er durch<br />
Kneipen, Keller, Treppenhäuser, über Höfe und<br />
Mauern auf der Flucht vor der Polizei ist. Man<br />
sieht, wie sich die Kamera für die Bewegung<br />
begeistert, und fliegt mit ihr in Parallelfahrten<br />
durch die Bäume ohne anzustoßen. was für ein<br />
Parcour! Vorschneiders Bilder sind kalt und<br />
schön. Durch sein Gefühl für Raum und Licht<br />
unterstreicht er das Gefühl von Einsamkeit und<br />
Verlorenheit.<br />
Vorschneider hat übrigens in gleich drei herausragenden<br />
Filmen der diesjährigen Berlinale die<br />
Kamera geführt: DER RÄUBER; oRLY (Regie:<br />
angela Schanelec) und IM SCHaTTEN (Regie:<br />
Thomas arslan). Ein Blick auf die stilistische<br />
Differenz etwa zwischen DER RÄUBER und<br />
oRLY macht noch einmal die Bandbreite der<br />
kinematografischen Begabung des Kameramannes<br />
deutlich.<br />
Foto: © Thomas Hedrich<br />
Beste Kamera –<br />
REINHoLD<br />
VoRSCHNEIDER<br />
– DER RÄUBER (20<strong>10</strong>)<br />
– MaDoNNEN (2006)<br />
– DER aRME<br />
VERSCHwENDER<br />
(2004)<br />
– MaRSE<strong>IL</strong>LE (2003)<br />
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