D E U T S C H E R F IL M P R E IS 2 0 10 - Deutsche Filmakademie
D E U T S C H E R F IL M P R E IS 2 0 10 - Deutsche Filmakademie
D E U T S C H E R F IL M P R E IS 2 0 10 - Deutsche Filmakademie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wer feine Ohren hatte, der vermochte schon aus<br />
des Stellvertreters gleichnishafter Rede zu entnehmen,<br />
was Schröders Pressereferent später<br />
unverschlüsselt kundtat: Der Bundesminister<br />
des Inneren „wollte sich mit der Preisverteilung<br />
nicht identifizieren“.<br />
Da es schwerlich die Dokumentarfilme „Andalusische<br />
Wallfahrt“ oder „Tanzende Hände“<br />
sein konnten, mit deren Belobigung übereinzustimmen<br />
Gerhard Schröder sich scheute, bestanden<br />
kaum Zweifel, worauf Dr. Anders mit<br />
seinem Hinweis auf das „fatale Pathos“ mancher<br />
Kriegsfilme hinaus wollte: auf Bernhard<br />
Wickis preisüberhäufte BRÜCKE. Und mit der<br />
„gefährlichen Vereinfachung von Geschehnissen<br />
aus der nationalsozialistischen Zeit“ und<br />
der „verallgemeinernden Weise“, in der „unerfreuliche<br />
Begleiterscheinungen unserer Lebensform“<br />
oftmals geschildert würden, konnte der<br />
Sendbote nur auf den Wolfgang-Staudte-Film<br />
ROSEN FÜR DEN STAATSANWALT angespielt<br />
haben.<br />
Besonders über des Staudte-Filmwerks Ehrung,<br />
erfuhr Telemann, sei der Minister so erzürnt<br />
gewesen, daß sein Filmreferent, der Ober-<br />
6<br />
regierungsrat Fuchs, mancherlei Mühsal ge-<br />
habt habe, dem Chef die Entlassung des unabhängigen<br />
Preisrichterkollegiums auszureden,<br />
obwohl solche Eigenmächtigkeit wider die<br />
Satzungen verstoßen hätte.<br />
Kurz und gut, im deutschen Bundes-Inneren<br />
wuchern Probleme heran, die sogar der Vorstellungswelt<br />
eines Volljuristen im Kabinettsrang<br />
nicht immer gemäß sind. Man denke: eine unabhängige<br />
Jury, Menschen, die ein Jahr vor den<br />
Bundestagswahlen nach freiem Gutdünken<br />
über etwas urteilen, das von ein paar hämischen,<br />
politisch höchst zweifelhaften Subjekten als<br />
„Satire“, „notwendige Zeitkritik“, „Auseinandersetzung<br />
mit der unbewältigten Vergangenheit“<br />
oder gar als Filmkunst ausgegeben wird – da<br />
muss man doch zu den Apothekern flüchten<br />
und seinen Vize-Filmpreisspender weisungsgemäß<br />
verkünden lassen: „Das Wesen der Politik ...<br />
erheischt, dass in dem künstlerischen Werk<br />
wirklich der Künstler spricht und nicht der<br />
auf der Woge des Opportunismus reitende<br />
Geschäftsmann.“<br />
Was auf gut Umgangsdeutsch heißen soll:<br />
Nicht, dass dergleichen Filme gedreht werden,<br />
ist die ministerielle Misslichkeit, sondern<br />
dass die Leute sich so etwas anschauen.<br />
Immerhin hat der Minister in seiner Sorge,<br />
man könnte ihn mit linksgekehrten Filmbelichtern<br />
für identisch halten, ein wahrhaft<br />
drakonisches Druckmittel gefunden: die Gefahr<br />
seines Nichterscheinens. Welcher Preisrichter,<br />
und sei er noch so ein freier und unabhängiger<br />
Schöngeist, möchte wohl riskieren,<br />
daß der Schirmherr des Festivals schier gar<br />
nicht mehr für den deutschen Film, sondern<br />
nur noch für den Notstand oder das Zweite<br />
Fernsehprogramm Interesse hätte?“<br />
(aus „Der Spiegel“ Nr. 28/1960)<br />
Heute freut sich die Bundeskanzlerin, die Gala<br />
zu besuchen. Und ihr Beauftragter für Kultur<br />
und Medien kennt fast jeden aktuellen deutschen<br />
Filmjahrgang aus eigener anschauung<br />
und ist ein ansprechbarer advokat sowohl<br />
links- wie rechtsgekehrter „Filmbelichter“.<br />
Den Mitgliedern der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Filmakademie</strong><br />
vertraut er (und auch schon seine Vorgängerin)<br />
die fast drei Millionen Euro Preisgeld an.<br />
Und diese versuchen damit verantwortungsvoll<br />
und mit dem für Kreative typischen Mut<br />
DEUTSCHER F<strong>IL</strong>MPRE<strong>IS</strong> 20<strong>10</strong>