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BN_Version_Times.qxp 07.02.2011 14:44 Seite 12<br />
<strong>Biokreis</strong><br />
Fachberatung<br />
Die Tiergesundheit im Blick<br />
Nachlese zum <strong>Biokreis</strong>-<br />
Milchviehtag 2010<br />
Von Christa Zeitlmann<br />
Beim <strong>Biokreis</strong>-Milchviehtag Ende<br />
2010 in Betzigau (Oberallgäu)<br />
und Innerthann (Lkr. Rosenheim)<br />
drehte sich alles um die<br />
Tiergesundheit. Auf dem Programm<br />
standen die Themen Fütterung, Eutergesundheit<br />
und Klauengesundheit.<br />
Den Anfang machte Referentin Petra Rauch<br />
vom Institut für Tierernährung der<br />
Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in<br />
Grub/Poing (Lkr. Ebersberg). Die LfL ist an<br />
einem bundesweiten Forschungsprojekt zur<br />
Tiergesundheit und Leistungsfähigkeit von<br />
Öko-Milchkühen beteiligt, in das die Daten<br />
von 100 Betrieben einfließen. Vorläufige<br />
Ergebnisse zeigen, dass Öko-Milchkühe<br />
ähnliche gesundheitliche Probleme wie ihre<br />
konventionellen Kolleginnen haben, entscheidend<br />
ist hier weniger die Produktionsweise<br />
als das Management. Petra Rauch<br />
beleuchtete die Stoffwechselerkrankungen<br />
Ketose, Azidose und das Milchfieber. Alle<br />
drei Krankheiten treten in der kritischen<br />
Phase zu Beginn des Laktationszyklus auf,<br />
wenn die Kuh „an vielen Fronten“ zu<br />
kämpfen hat: Die Gebärmutter ist noch<br />
nicht zurückgebildet, die Laktation beginnt,<br />
der Zyklus beginnt und unter Umständen<br />
muss die Kuh sich wieder in die Herde und<br />
an eine neue Futterration gewöhnen.<br />
Ketose: Bedarfsgerecht füttern<br />
In den ersten acht Wochen nach der<br />
Kalbung schmilzt die Kuh verstärkt<br />
Körperfett ein, die dabei entstehenden<br />
Ketokörper werden in der Leber angereichert<br />
und führen zu einer Vergiftung des<br />
Stoffwechsels. Erkennbar ist die Ketose an<br />
einem erhöhten Fett-Eiweiß-Quotienten in<br />
der Milch von mehr als 1,5 bei niedrigen<br />
Eiweißgehalten, an Appetitlosigkeit, Abmagern<br />
und manchmal an dem apfelartigem<br />
Geruch des Atems. „JoJo-Kühe“, die während<br />
der Laktation starke Schwankungen<br />
der Kondition haben, sind besonders ketosegefährdet,<br />
ebenso Kühe in Anbindehaltung.<br />
12 BioNachrichten 1 | Februar/März 2011<br />
Petra Rauch nennt als wichtigsten Punkt zur<br />
Vorbeugung von Ketose-Erkrankungen die<br />
bedarfsgerechte Fütterung während der<br />
Laktation. Fehler in der Fütterung können<br />
nicht in der Trockenstehphase wieder gut<br />
gemacht werden, hier sollten die Kühe<br />
weder zu- noch abnehmen. Die<br />
Kraftfutterration der laktierenden Kühe<br />
sollte nach ihrer Milchleistung bemessen<br />
werden. Plötzliche Rationsumstellungen<br />
sollten vermieden werden, eine langsame<br />
Gewöhnung 14 Tage vor der Kalbung auf<br />
die Ration der Laktierenden hilft dabei, die<br />
Pansenflora am Leben zu erhalten.<br />
Azidose: Strukturversorgung<br />
muss stimmen<br />
Azidosen entstehen durch die Fütterung von<br />
zu vielen leicht löslichen Kohlenhydraten.<br />
Stärke und Zucker werden im Pansen zu<br />
Fettsäuren abgebaut, wenn diese sich anreichern,<br />
senken sie den pH-Wert im Pansen<br />
und es kommt zur Übersäuerung. Die<br />
Pansenbakterien sterben ab und die<br />
Verdauung funktioniert nicht mehr optimal.<br />
Häufig schließen sich an die Azidose<br />
Folgeerkrankungen wie Fruchtbarkeitsstörungen<br />
oder Klauenrehe an, da nicht nur die<br />
Magenschleimhaut, sondern alle anderen<br />
Schleimhäute des Organismus angesäuert<br />
werden.<br />
Azidosen erkennt man an einem niedrigen<br />
Fett-Eiweiß-Quotienten in der Milch von<br />
weniger eins bei niedrigen Fettgehalten,<br />
Appetitlosigkeit, dünnflüssigem Kot und<br />
einem niedrigen Wiederkauindex (weniger<br />
als 50 Wiederkauschläge je Bissen).<br />
Eigentlich könnte man denken, dass eine<br />
Öko-Kuh keine Probleme mit Azidosen<br />
haben sollte, bekommt sie doch niemals die<br />
in der Fachliteratur angegebene Höchstmenge<br />
an Kraftfutter (max. 55% der TM-<br />
Aufnahme). Doch weit gefehlt, Azidosen<br />
werden durch verschiedene Faktoren<br />
begünstigt:<br />
� Die Grundfutteraufnahme ist zu<br />
niedrig. Auch Öko-Kühe sollten 12 bis<br />
14 kg TM pro Tag fressen. Hier sieht<br />
Bild: pixelio.de<br />
Petra Rauch noch viele Optimierungsmöglichkeiten.<br />
� Die Kuh bekommt zu viel pansenverfügbare<br />
Stärke. Futtermittel mit viel<br />
pansenverfügbarer Stärke sind Weizen,<br />
Roggen oder Triticale. Reich an pansenstabiler<br />
Stärke ist vor allem der Körnermais.<br />
� Die Kuh bekommt zu viel Kraftfutter<br />
auf einmal. Jungkühe sollten pro<br />
Kraftfuttergabe maximal 2 kg bekommen,<br />
Mehrkalbskühe maximal 2,5 kg.<br />
Hier liegen die entscheidenden Vorteile<br />
der Kraftfutterautomaten.<br />
� Die Kuh wurde zu schnell angefüttert.<br />
Nach der Kalbung sollte die Kraftfuttergabe<br />
um maximal 2 kg pro Woche<br />
gesteigert werden.<br />
� Die Kuh wurde nicht an die stärkereichen<br />
Kraftfutter gewöhnt. 14 Tage vor<br />
der Kalbung sollte mit der Vorbereitungsfütterung<br />
begonnen werden.<br />
Die Strukturversorgung in der Ration muss<br />
stimmen. Kühe, die genügend Rohfaser<br />
bekommen, kauen viel wieder und bilden<br />
viel Speichel, der den Pansen-pH puffert.<br />
Milchfieber: Kalium und<br />
Calcium reduzieren<br />
Milchfieberfälle treten unmittelbar nach der<br />
Kalbung auf, wenn der hohe Calcium-<br />
Bedarf durch die Milch nicht mehr aus den<br />
Knochen mobilisiert werden kann. Dabei<br />
muss die Kuh nicht immer festliegen, 30<br />
Prozent der Milchfieberfälle sind subklinisch<br />
und nur schwer zu erkennen. Manche<br />
Kühe haben einen unsicheren Gang oder<br />
wechselwarme Ohren und tun sich mit dem<br />
Aufstehen schwer. Andere kommen einfach<br />
nicht richtig „in Fahrt“, sie rindern nicht<br />
mehr, nehmen nicht auf und ihre<br />
Milchleistung lässt zu wünschen übrig.<br />
Kühe mit Milchfieber leiden unter einem<br />
schlechten Muskeltonus im gesamten Körper,<br />
so ist unter anderem auch die<br />
Gebärmuttermuskulatur oder der Ringmuskel<br />
der Euterzitze betroffen. Das Risiko für<br />
Nachgeburtsverhalten steigt um das